Pistorius über die Bundeswehr „Wir sind viel besser als der Ruf“
Stand: 12.11.2025 10:38 Uhr
Ein feierliches Gelöbnis in Berlin bildet den Auftakt zum 70. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr. Verteidigungsminister Pistorius hält es für falsch, wie über die Truppe gesprochen wird – das sei in keinem anderen Land so.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) findet das öffentliche Bild vom Zustand der Bundeswehr zu negativ. „In keinem Land werden die eigenen Streitkräfte so schlechtgeredet wie in Deutschland“, sagte Pistorius im ZDF-Morgenmagazin. „Wir sind viel besser als der Ruf.“ Die Truppe sei „richtig gut aufgestellt, wir wachsen auf“.
Die Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkrieg gegen Russland habe zunächst dazu geführt, dass die Bestände sinken, bis die Industrie aufgrund deutscher Bestellungen neu liefern könne. Dennoch steht Pistorius hinter der Entscheidung, Kiew bei der Verteidigung gegen Moskau beizustehen.
Sondervermögen bewirke „eine ganze Menge“
Das Sondervermögen für die Bundeswehr bewirke „eine ganze Menge“, betonte der Minister. „Aber wenn Sie sehr viel Geld haben und es ausgeben können, müssen Sie auch erstmal entscheiden, wofür geben Sie es aus, wo bestellen Sie es.“ Die Industrie müsse dann produzieren und liefern. Das brauche seine Zeit. „Das ist nichts, was im Regal steht und darauf wartet, von uns bestellt zu werden.“ Die Prozesse seien bereits schneller geworden und das Beschaffungsamt werde weiter modernisiert, fügte Pistorius hinzu.
Wehrdienstgesetz: Entscheidung bis Ende der Woche
In Berlin finden heute offizielle Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr statt. Den Auftakt bildet ein feierliches Gelöbnis mit 280 Soldatinnen und Soldaten auf dem Platz zwischen Kanzleramt und Bundestag. Am späteren Nachmittag folgt eine halbstündige Debatte im Bundestag. Dabei dürfte es auch um die aktuelle Diskussion um einen neuen Wehrdienst gehen. Mit Blick auf das neue Wehrdienstgesetz bekräftigte Pistorius, dass er bis „spätestens Ende der Woche“ mit einer Einigung rechne.
Ich bin sehr optimistisch, dass wir fertig werden und dass es ein guter Kompromiss wird.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius
Es werde keinen Automatismus geben, der eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht im Gesetz festschreibt, wenn der angestrebte Aufwuchs der Truppe auf freiwilliger Basis nicht gelingen sollte, sagte der SPD-Politiker. In dem Fall müsste der Bundestag entscheiden – dieser habe die Wehrpflicht vor 14 Jahren ausgesetzt. „Das kann er auch nur per Gesetz wieder rückgängig machen“, sagte der Minister. Pistorius sagte, er verstehe die Sorge nicht, dass Freiwilligkeit nicht zum Ziel führe. In anderen Ländern gelinge das auch.
Das Gesetz über einen neuen Wehrdienst war nach langem Streit in der schwarz-roten Koalition Mitte Oktober zunächst in der vom Kabinett beschlossenen Fassung in den Bundestag eingebracht worden. Inhaltlich blieb der Entwurf zwischen Union und SPD umstritten. Das neue Wehrdienstgesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten.
Gründungsjahr 1955 – 70 Jahre Bundeswehr
Auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) lobte die Bundeswehr anlässlich des Jahrestags. „Unsere Soldatinnen und Soldaten schützen uns alle, unseren Frieden und unsere Freiheit – jeden Tag seit 70 Jahren“ schrieb er bei X. „Sie ermöglichen, dass wir frei und sicher leben können.“
Die Bundeswehr war zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Kapitulation von Nazi-Deutschland gegründet worden. Hintergrund war der Kalte Krieg mit der zunehmenden Konfrontation von Ost und West. Am 12. November 1955 überreichte der damalige Verteidigungsminister Theodor Blank den ersten 101 Freiwilligen der Bundeswehr in Bonn ihre Ernennungsurkunden.










