Ergebnisse des Koalitionsausschusses Ticketsteuer soll sinken, Industriestrom günstiger werden
Stand: 13.11.2025 22:02 Uhr
Wirtschaft und Energie waren zentrale Themen des Koalitionsausschusses. Ein Ergebnis: Der deutschen Industrie soll per eigenem Strompreis geholfen werden. Ein anderes: Die Ticketsteuer im Luftverkehr soll sinken.
Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat Einigungen zu mehreren Maßnahmen getroffen, die den Wirtschaftsstandort Deutschland und seine Energieversorgung stärken sollen. Eingeführt werden soll so etwa ein sogenannter Industriestrompreis. Das staatlich subventionierte Instrument soll in den Jahren 2026 bis 2028 kommen, wie Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach dem Koalitionsausschuss in Berlin mitteilte. Er sprach von einem Zielpreis von fünf Cent pro Kilowattstunde.
Sie sei froh über die Vielzahl der Ergebnisse, so die SPD-Co-Vorsitzende Bärbel Bas angesichts der „großen Unsicherheit“ insbesondere in der Industrie. „Wir standen im Wort“, so Bas. Die Koalition habe das Versprechen an die – besonders etwa von hohen Strompreisen betroffenen – Branchen gehalten, dass schnell gehandelt werde.
An die Unternehmen richtete Bas, die auch Arbeitsministerin ist, ausdrücklich die Aufforderung, jetzt auch diese Entscheidungen dafür zu nutzen, Standortsicherheit und Beschäftigungssicherheit zu geben.
CSU-Chef Markus Söder nannte den vorgesehenen vergünstigten Industriestrompreis eine Antwort insbesondere für Branchen wie Chemie, Glas, Keramik, aber auch den Maschinenbau. „Die deutsche Wirtschaft steht nach wie vor extrem unter Druck“, sagte der bayerische Ministerpräsident.
350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie
Neben dem Industriestrompreis soll den schwarz-roten Beschlüssen nach eine Strategie zum Bau neuer Gaskraftwerke kommen: Im nächsten Jahr sollten Leistungen im Umfang von acht Gigawatt ausgeschrieben werden, die bis 2031 in Betrieb gehen sollten. Die Vorhaben waren bereits grundsätzlich bekannt. Merz sprach von wichtigen Bausteinen der Energiepolitik. „Alle Signale deuten darauf hin, dass wir mit Zustimmung der EU-Kommission rechnen können“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Merz.
Die Koalition sorge dafür, „dass der Strombedarf in Deutschland auch dann gedeckt wird, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen“, sagte Merz.
Merz teilte auch mit, zum 1. Juli solle die Ticketsteuer im Luftverkehr sinken. Er sprach von einer Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro zugunsten der Luftverkehrsindustrie in Deutschland. Wenn es damit Steuerausfälle geben sollte, würden diese im Verkehrsetat verbucht. Zudem soll bei den Flugsicherungskosten dafür gesorgt werden, dass es 2026 zu keinem weiteren Anstieg der Gebühren, sondern einer ersten Reduzierung kommt. Die Steuer für Starts von deutschen Flughäfen war 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung zur Etatsanierung eingeführt worden.
BUND kritisiert Stoßrichtung
Vertreter der Luftfahrtindustrie begrüßten die Pläne. „Mit der Rücknahme der jüngsten Luftverkehrsteuer-Erhöhung zum 1. Juli 2026 sowie einem umfassenden Maßnahmenpaket zur Senkung von Gebühren und staatlich verursachten Kosten adressiert die Bundesregierung zentrale Wettbewerbsnachteile“, teilte der Flughafenverband ADV mit. Bei der Lufthansa hieß es, die Bundesregierung zeige, dass sie den Ernst der Lage im Luftverkehr erkannt habe. CSU-Chef Söder nannte die geplante Senkung der Ticketsteuer „ein klares Signal, dass Fliegen in Deutschland wettbewerbsfähig ist.“
Der Verkehrsexperte des Umweltschutzverbands BUND, Jens Hilgenberg, kritisierte: „Die Senkung der Luftverkehrsabgabe zeigt, dass Klimaschutz im Verkehr bei der Koalition keinen hohen Stellenwert hat. Das Ziel der Bundesregierung sollte es sein, Flugverkehr zu vermeiden und auf die Schiene zu verlagern.“ Fliegen sei die klimaschädlichste Art zu reisen. Auch von Luisa Neubauer kam Kritik. Die Fridays-for-Future-Aktivistin sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Mal wieder beweist der Kanzler sein feines Gespür für explosive Rückwärtspolitik. Den Preis dafür zahlen wir alle.“
Im Mai 2024 wurde die Luftverkehrsteuer deutlich erhöht. Das verteuert potenziell Passagierflüge von deutschen Flughäfen. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD angekündigt, die Erhöhung zurückzunehmen. Dies war bisher unter Hinweis auf knappe Kassen nicht passiert.
Auch neuer Fonds geplant
Der Koalitionsausschuss kam auch bei einem sogenannten Deutschlandfonds zu einem Ergebnis. Dabei soll es ebenfalls um Investitionen in die Wirtschaft gehen.
Der Fonds solle als „Andockstelle für privates Kapital“ dienen, um neben den bereits auf den Weg gebrachten öffentlichen Investitionen private Gelder zu mobilisieren, teilte Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) mit. „Das ist ein wichtiges Instrument, um Deutschland in ökonomischer Hinsicht zu stärken.“ Zahlen nannte Klingbeil nicht.
Klingbeil sprach von einem klaren Signal an private Investitionen. Es solle eine „Andock-Stelle“ für privates Kapital geschaffen werden, etwa in den Bereichen Energie, Resilienz oder für Start-ups im Bereich der Sicherheitspolitik. Bei der Finanzierung von jungen, innovativen Firmen hinkt Deutschland international hinterher.
Grünen-Co-Chef wirft Regierung Vermessenheit vor
Die Koalition kündigte zudem an, die sogenannte Strompreiskompensation solle ausgeweitet und verlängert werden. Dabei werden Firmen indirekt von Kosten des CO2-Emissionshandels entlastet. Die Stahlindustrie forderte eine Kombinationsmöglichkeit des Industriestrompreises mit der Strompreiskompensation. Bisher verbietet die EU eine Doppelförderung.
Grünen-Co-Chef Felix Banaszak nannte die Entscheidungen der Koalition mutlos. „Zu glauben, die Wirtschaftskrise mit dem Rasieren der Luftverkehrsabgabe und einem Deutschlandfonds zu beenden, ist schon stark vermessen“, sagte Banaszak.
Verbrenner-Aus bleibt offenes Thema
Zunächst keine Einigung gab es bei einer gemeinsamen Position der Koalition zum strittigen geplanten Aus für neue Verbrenner-Autos in der EU ab 2035.
Merz weckte Erwartungen, dass der Koalitionsausschuss noch am Donnerstag zu einer Einigung im Streit um das Verbrenner-Aus kommen könnte. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD beantwortete er die Frage, ob er mit einer Einigung am Abend rechne, mit Ja. Aus seinem Umfeld hieß es anschließend, eine Verständigung werde „nicht zwingend“ erwartet. Merz sagte, dass dabei neben dem Verbrenner-Aus auch das Streit-Thema Rentenpaket auf den Tisch komme. Der Kanzler will sich in der EU für Änderungen bei dem für 2035 geplanten Ende der Zulassung von Verbrennungsmotoren einsetzen.










