Stand: 01.12.2025 16:51 Uhr
Es wird verhandelt – morgen auch in Moskau. Dann soll Präsident Putin den US-Gesandten Witkoff treffen. Die EU-Außenbeauftragte warnt: Druck müsse auf den Aggressor Russland ausgeübt werden, nicht auf das Opfer Ukraine.
Es könnte „eine entscheidende Woche für die Diplomatie werden“. So formulierte es die EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas vor Beginn eines Treffens der EU-Verteidigungsminister am Montag. Tatsächlich wird derzeit an verschiedenen Orten über eine mögliche Lösung zur Beendigung des Ukraine-Kriegs gesprochen – mit Vertretern der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten, Russlands, der USA und der NATO.
Das Treffen, auf das viele mit besonderer Spannung schauen, soll am Dienstag in Moskau stattfinden. Nach Angaben des Kreml wird der russische Präsident Wladimir Putin dann den US-Gesandten Steve Witkoff treffen. Das Gespräch werde in der zweiten Tageshälfte stattfinden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.
Witkoff übernahm oft russische Narrative
Witkoff reist im Auftrag von US-Präsident Donald Trump nach Moskau. Er gilt allerdings als umstritten. Zum einen hat der Geschäftsmann Witkoff kaum Erfahrung als Diplomat – und trifft auf einen Präsidenten, der bereits seit mehr als 25 Jahren der starke Mann der russischen Politik ist. Zum anderen war Witkoff mehrfach dadurch aufgefallen, dass er kritiklos russische Narrative übernommen hatte.
In der vergangenen Woche sorgte dann die Meldung für Aufsehen, dass Witkoff dem außenpolitischen Berater von Kremlchef Putin, Juri Uschakow, Tipps gegeben hatte, wie Putin Trump umgarnen könnte, um ihm einen Plan für die Ukraine schmackhaft zu machen. Sowohl Russland als auch die USA haben versucht, die Bedeutung der Enthüllungen herunterzuspielen.
Rubio: „Realistisch, aber optimistisch“
Für die Ukraine dürfte daher von besonderer Bedeutung sein, ihre Position den USA noch einmal deutlich zu machen. Gespräche zwischen Vertretern der USA und der Ukraine gab es bereits am Sonntag in Florida.
Von US-Seite nahm daran neben Witkoff auch der Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Trump, Jared Kushner, teil – und US-Außenminister Marco Rubio, der die Gespräche in der Nähe von Miami leitete. Er steht, anders als Witkoff, nicht im Verdacht, russlandfreundlich zu sein. Rubio sagte nach den Gesprächen, die US-Regierung sei „realistisch, wie schwierig das ist, aber optimistisch“. Es gebe jedoch noch mehr zu tun.
Der ukrainische Delegationsleiter Rustem Umjerow teilte auf Telegram mit: „Wir haben erhebliche Fortschritte bei der Förderung eines würdigen Friedens und der Annäherung unserer Positionen an die amerikanische Seite erzielt. Unsere wichtigsten Ziele – Sicherheit, Souveränität und verlässlicher Frieden – bleiben unverändert und werden von der amerikanischen Seite geteilt.“
Umjerow schloss sich der Einschätzung Rubios an, dass noch viel Arbeit zu leisten sei. Bei welchen inhaltlichen Aspekten in Florida Fortschritte erzielt wurden und wo es noch hakt, führten weder Rubio noch Umjerow aus.
Selenskyj: „Der Frieden muss wirklich dauerhaft sein“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist derweil in Europa unterwegs, um mit Verbündeten den Stand der Gespräche zu erörtern. Zunächst traf er Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in Paris. Im Anschluss teilte der Élysée-Palast mit, in einer Telefonschalte sei mit europäischen Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, über die von den USA angestoßenen diplomatischen Bemühungen beraten worden. Eingebunden gewesen seien auch der US-Sondergesandte Witkoff, der Chef des ukrainischen Verhandlungsteams, Umjerow, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte.
„Der Frieden muss wirklich dauerhaft sein. Der Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden. Vieles hängt nun vom Engagement aller Staats- und Regierungschefs ab“, schrieb Selenskyj auf X. Der ukrainische Präsident reist von Paris nach Irland weiter – zu seinem ersten offiziellen Besuch dort.
Kallas: Der Druck muss auf den Aggressor ausgeübt werden
Die Verhandlungen finden zu einem für die Ukraine schwierigen Zeitpunkt statt. Die ukrainischen Truppen verlieren an der Front im Osten des Landes an Boden. Laut Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP auf Basis von Zahlen des in Washington ansässigen Instituts für Kriegsstudien machten die russischen Truppen im November in der Ukraine so große Geländegewinne wie in keinem anderen Monat in diesem Jahr.
Zudem ist die Ukraine mit dem größten Korruptionsskandal des Krieges konfrontiert. Der Stabschef von Selenskyj, der auch die ukrainische Delegation bei den Friedensgesprächen geleitet hatte, trat am Freitag zurück, zwei Minister wurden entlassen. Trump sagte mit Blick auf den Skandal, die Ukraine habe „einige schwierige kleine Probleme“.
Die EU-Außenbeauftragte Kallas warnte vor einseitigen Verhandlungen. „Ich befürchte, dass der gesamte Druck auf die Opfer ausgeübt wird“ und „dass die Ukraine Zugeständnisse machen und Verpflichtungen eingehen muss“, sagte Kallas nach dem Treffen der EU-Verteidigungsminister. „Wenn wir wollen, dass dieser Krieg aufhört, damit er nicht in ein paar Jahren weitergeht, wenn wir wollen, dass dieser Krieg sich nicht ausweitet, dann sollten wir den gesamten Druck auf denjenigen ausüben, der die Aggression betreibt, nämlich Russland.“








