Stand: 01.12.2025 18:47 Uhr
Von seinen Fans als Genie gefeiert, von Teilen der Kunstwelt verachtet: Leon Löwentraut versteht wie kaum ein anderer, seine Kunst durch Selbstinszenierung zu vermarkten. Ist er der Prototyp einer neuen Künstlergeneration?
Von Von Susann de Luca, ARD Kultur
Leon Löwentraut ist mit sozialen Medien aufgewachsen. Die weiß er clever für sich zu nutzen. Seine scheinbar unbändige Leidenschaft für Kunst möchte er unbeirrt der Welt präsentieren. Der 27-Jährige liebt den großen Auftritt. Er trägt gerne teure Anzüge, kam zur Vernissage schon mit dem Helikopter, im roten Porsche, weißen Bentley oder in der Pferdekutsche.
Für seine Inszenierungen beschäftigt er einen eigenen Kameramann. Für seine Fans und Follower im Millionenbereich schafft er immer wieder medienwirksame Ereignisse, in deren Mittelpunkt vor allem er selbst steht. Für viele gilt er damit als Vorreiter einer jungen Künstlergeneration. Doch der vermeintlich frische Wind, den er so in die Kunstszene bringt, gefällt nicht jedem.
Jobs, Picasso, Warhol und Matisse als Vorbilder
Früh hat Löwentraut seine Leidenschaft für Kunst entdeckt: Bereits im Alter von sieben Jahren hat er angefangen, zu malen. Schon mit elf Jahren sei ihm klar gewesen, dass er nur noch Kunst machen wolle, mit 14, dass er seinen eigenen Weg gehen müsse.
Seine erste eigene Vernissage hat er mit 17 Jahren eröffnet, bereits fünf Jahre zuvor hatte er seine ersten Werke verkauft. Seine Vorbilder? An Steve Jobs habe ihn die Innovationskraft beeindruckt, sagt er in Interviews. Pablo Picasso, Henri Matisse und Andy Warhol hätten ihn dagegen mit ihrer Leidenschaft inspiriert.
Seine Vision wirkt kaum minder groß, als es die Fußstapfen sind, in die er treten will: „Mein Ziel ist, dass ich mit diesem einzigartigen Stil auf der ganzen Welt ausgestellt bin, dass am Abend meines Lebens die ganze Menschheit meine Werke kennt und dass ich es schaffe, mit meiner Art von Kunst über Galerien und Museen in die Kunstgeschichte einzugehen“, äußert er selbstgewiss.
Seine Eltern unterstützen Löwentraut in seiner Selbstvermarktung.
„Plakativ, aber auch ein bisschen einfältig“
Seine Werke sind abstrakt, strotzen aber vor expressiver Farbgewalt und kraftvoller Symbolik. Die Vermarktung seiner Kunst wirkt auf viele noch lauter und gewaltiger, als wollte sie jene übertönen. Nicht wenige Kunstsachverständige befürchten, Leon Löwentraut sei ein bloßes PR-Produkt beziehungsweise ein Künstler, der einzig zu polarisieren versteht.
„In dem, was er tut, ist er ziemlich gut. Nur ist das völlig überflüssig, was er macht. Es ist Unterhaltung“, sagt der Kunstkritiker Hajo Schiff in der ARD-Dokumentation Leon Löwentraut – Genie oder Einbildung. Hanno Rauterberg, Leiter des Feuilletons der Wochenzeitung „Die Zeit“, sieht es ähnlich: „Ich finde, seine Kunstwerke sind sehr plakativ, aber in dieser Plakativität auch ein bisschen einfältig.“
Dennoch werden Löwentrauts Kunst und sein selbsterklärter „einzigartiger Strich“ auf Ausstellungen weltweit ebenso gefeiert wie der Künstler selbst. Löwentraut ist ein Popstar der Kunstszene. Seine Werke erzielen teils sechsstellige Summen. Das Kunstmagazin Monopol sah Leon Löwentraut im Google-Ranking der meistgesuchten Künstlerinnen und Künstler im Jahr 2023 auf dem fünften Platz, direkt hinter Gerhard Richter, Yoko Ono, Marina Abramović und Anselm Kiefer.
Goldgelber Zwirn, Cabriolet und Models
Ein Blick in Löwentrauts Instagram-Feed zeigt den Künstler mal im edlen, goldgelben Zwirn oder zartrosafarbenen Doppelreiher auf einer seiner Vernissagen, mit nach hinten gegeltem Haar, dicker Sonnenbrille und ganz in Weiß im Cabriolet. Oder er posiert mit Stars und Models, als gehöre er selbst dazu.
Unterbrochen wird diese Bilderflut durch Ausflüge ins Kreative. Ablichtungen zeigen Löwentraut in legeren und alltagstauglichen Outfits beim Arbeiten. Dazwischen immer wieder Bilder seiner Kunst. Löwentraut bietet die perfekte Form der Selbstinszenierung.
Kann Löwentrauts Kunst überzeugen?
Kunstkritiker rümpfen die Nase, weil sie diese schrille Selbstbewerbung als deplatziert empfinden. Kann Löwentrauts Kunst als solche überzeugen? Spurlos ist die harte Kritik am Künstler nicht vorbeigegangen. Sehr jung war er in sozialen Medien mit verächtlichen Kommentaren konfrontiert. Rückhalt findet Löwentraut dagegen bei seinen Eltern. Sie sind Teil seiner Selbstvermarktung, stehen uneingeschränkt hinter ihrem Sohn und dessen Kunst.
Kritiker, Gönner, Profiteure und Kunstsammler, Familie Löwentraut und ihre spektakulären Auftritte: Zwischen alldem sucht man nach einer Antwort darauf, ob die Kunst von Löwentraut ein perfekt inszeniertes Marketingereignis ist, oder Löwentraut selbst das Genie einer neuen Künstlergeneration.








