Abkehr vom Verbrenner-Aus Würde das der kriselnden Autoindustrie helfen?
Stand: 02.12.2025 19:24 Uhr
Die EU-Kommission deutet Gesprächsbereitschaft über ein Aufweichen des Verbrenner-Aus ab 2035 an. Über die Frage, ob das der Industrie helfen könnte, gibt es verschiedene Ansichten.
Europaabgeordnete von CDU und CSU raunen dieser Tage, dass die Kommission noch ein Weihnachtsgeschenk unter den Baum legen könnte. Nämlich die Abkehr vom Verbrenner-Aus. Ursprünglich wollte die Kommission am 10. Dezember ein Paket vorstellen. Aber die Lieferung könnte sich verzögern, deutet Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas an:
„Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es nächste Woche so weit ist. Wir werden es spätestens am Mittwoch wissen. Aber das Paket wird ganz sicher in den kommenden Wochen geliefert“, sagt der Grieche im Verkehrsausschuss des Europaparlaments.
Erst am Freitag ist in Brüssel ein Brief von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eingegangen. Darin fordert er eine teilweise Rücknahme des sogenannten Verbrennerverbots.
Bundesregierung will effiziente Verbrenner weiter zulassen
Eigentlich sollen in der EU ab dem Jahr 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die CO2 ausstoßen. Die Bundesregierung will, dass auch Hybridfahrzeuge, sogenannte Range-Extender, und hocheffiziente Verbrenner weiterhin verkauft werden dürfen. Ein, wie der Kanzler sagt, technologieoffener Ansatz.
Für den hat auch Verkehrskommissar Tzitzikostas Sympathien: „Sie kennen meine Meinung zur Technologieoffenheit. Und wir arbeiten in diese Richtung, immer in der Überzeugung, dass wir unsere Ziele haben, aber auch, dass wir unseren Unternehmen Möglichkeiten einräumen müssen, sich anzupassen.“
VDA mahnt Ausbau von Ladeinfrastruktur an
Europa dürfe nicht weiterhin Zehntausende Jobs in der Automobilbranche verlieren und müsse führend in diesem Sektor bleiben, sagt der Grieche. Solche Sätze hört die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, gerne: „Jede Technologie wird ihren Beitrag leisten. Dabei ist und bleibt die Elektromobilität die zentrale Säule“, sagt sie. Das zeigten auch die Investitionen in der Branche. Nun müsse aber mit Blick auf den europaweiten Ausbau der Ladeinfrastruktur nachgebessert werden.
Grüne: Es gibt keine effizienten Verbrenner
Ganz anders sieht das der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Er erwartet von der Kommission einen Plan, wie die europäische Autoindustrie im Wettbewerb um das E-Auto zurückschlägt: „Stattdessen fabuliert der Verkehrskommissar vom effizienten Verbrenner. Den gibt es nicht“, sagt Bloss. Der Kommissar wolle nur, dass Verbrenner bis in alle Ewigkeit weiterfahren. „Das ist ungefähr so ähnlich erfolgreich, wenn man auf die Pferdekutsche setzt, als gerade das Auto erfolgreich wurde.“
Bloß ist nicht der Einzige, der bezweifelt, dass ein Aufweichen der 2035-Ziele den europäischen Autobauern wirklich helfen würde. Die Befürchtung der Kritiker: Die europäische Autoindustrie liegt beim Elektroauto mindestens fünf Jahre hinter der chinesischen zurück und schiebt notwendige Veränderungen auf. Anstatt diejenigen zu fördern, die sich neu aufstellen, möchten Bundesregierung und weitere Anhänger des Verbrenners der Autoindustrie nur Zeit kaufen. So der Vorwurf.
Nils Redeker ist Co-Direktor des Jacques Delors Centres, einer europäischen Denkfabrik. Er sagt: Das wahre Problem sei ein anderes. Früher war China ein Riesengeschäft für deutsche Marken. In den vergangenen drei Jahren ist die Nachfrage aber um 70 Prozent eingebrochen. Auch weil die Kommunistische Partei die eigenen Autobauer massiv subventioniert. Da helfe es kaum, Regeln aufzuweichen, die erst in zehn Jahren gelten, sagt Redeker.
Kaufprämien für heimische E-Autos?
„Man muss ein Stück weit den unfairen Wettbewerbsvorteil, den chinesische Hersteller auf dem Weltmarkt haben durch eine massive Unterstützung und Subvention zu Hause, ausgleichen“, fordert Redeker. Das könne man zum Beispiel teilweise über Zölle machen.
Auch in Europa werden ein Fünftel weniger Neuwagen verkauft als vor der Pandemie. Deshalb sollte unbedingt die heimische Nachfrage angekurbelt werden, fordert Redeker. Zum Beispiel durch Kaufförderprogramme für E-Autos. Und das koordiniert in ganz Europa. Es gibt auch schon ein Modell, das der Wirtschaftswissenschaftler empfiehlt: das französische. Paris subventioniert E-Autos, aber nur, wenn diese vor allem in Europa hergestellt werden. Die Bundesregierung hat diesen Gedanken aufgegriffen.
„Wenn man das als Ansatz nimmt und versucht, gemeinsam diese Strategie durchzubringen“, sagt Redeker, „dann kann es der Start sein für eine glückliche, europäische Industriestrategie in dem Sektor, die nicht das Vergangene schützt, sondern den Weg in die Zukunft weist.“








