Stand: 02.12.2025 13:52 Uhr
In Bulgariens Hauptstadt Sofia haben Zehntausende Menschen gegen Korruption protestiert und den Rücktritt der Regierung gefordert. Es gab Zusammenstöße mit der Polizei. Einen umstrittenen Haushaltsentwurf zog die Regierung nun zurück.
In Bulgarien sind Zehntausende Menschen bei regierungskritischen Protesten gegen Korruption auf die Straßen gegangen. Die Demonstration auf dem Parlamentsplatz in der Hauptstadt Sofia war die größte Kundgebung seit Jahren, die Menschen forderten mit Rufen wie „Mafia“ und „Rücktritt“ einen Regierungswechsel.
Im Zentrum von Sofia hatten sich Zehntausende Menschen zum Protest gegen die Regierung versammelt.
Zusammenstoße mit der Polizei
Nach der Kundgebung kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Einige Demonstranten, die ihre Gesichter verdeckten, attackierten die Zentrale der DPS-Partei, welche die Regierung unterstützt, mit Steinen und Flaschen.
ARD-Korrespondent Oliver Soos berichtete über Demonstranten, die Wasserflaschen und Knallkörper warfen, Müllcontainer anzündeten und ein Schaufenster zerstörten. Ein Büro der Regierungspartei Gerb wurde verwüstet, mehrere Polizeiautos wurden demoliert. Die Beamten setzten Tränengas und Schlagstöcke ein. Es gab mindestens zehn Festnahmen und mindestens drei Verletzte. Auch ein AFP-Reporter beobachtete mehrere Festnahmen.
Haushaltsentwurf zurückgezogen
Seit Tagen protestieren Menschen in Sofia gegen den Haushaltsentwurf für 2026, der ihrer Ansicht nach die im Land grassierende Korruption verschleiert. Auch eine geplante Steuer- und Abgabenerhöhung kritisieren die Menschen.
Inzwischen hat die bulgarische Regierung bekannt gegeben, den Entwurf zurückzuziehen. Kritiker des Haushaltsentwurfs gaben zu bedenken, dass die vorgesehenen Ausgabenerhöhungen vor allem durch höhere Steuern für Unternehmen und Arbeiter finanziert worden und die Staatsverschuldung dadurch gestiegen wäre. Das würde die Inflation erhöhen, sagten sie.
Das EU-Mitgliedsland plant, zum 1. Januar 2026 als 21. Staat den Euro einzuführen. Die Regierung argumentierte, der Haushalt sei notwendig, um die Bedingung der Eurozone zu erfüllen, wonach das Haushaltsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen muss. Die Regierung hatte nach Protesten in der vergangenen Woche versprochen, den Haushaltsentwurf zu überarbeiten, weigerte sich dann aber, dem nachzukommen. Daraufhin kam es am Montagabend zu den Protesten.
Umfragen zufolge lehnt etwa die Hälfte der Bulgaren die Gemeinschaftswährung aus Sorge vor Preissteigerungen ab. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, bezeichnete diese Befürchtung kürzlich als durchaus berechtigt, verwies jedoch auf Gegenmaßnahmen wie eine doppelte Preisauszeichnung. Als größtes Risiko nannte Lagarde jedoch, dass die Reformbereitschaft des Landes nach dem Beitritt nachlassen könnte.
Nach massiven Anti-Korruptions-Protesten im Jahr 2020 gegen die damalige Regierung unter Ministerpräsident Bojko Borissow hat das Land bereits sieben vorgezogene Neuwahlen erlebt. Im Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation Transparency International landete Bulgarien neben Ungarn und Rumänien auf dem letzten Platz unter den EU-Mitgliedstaaten.
Mit Informationen von Oliver Soos, ARD-Studio Südosteuropa








