Wohlfühlspiele gegen den Stress Entspannt zocken – warum „Cozy Games“ so beliebt sind
Stand: 03.12.2025 15:51 Uhr
Wohlfühlspiele ohne Zeitdruck: „Cozy Games“ liegen voll im Trend – so auch das Spiel „Tiny Bookshop“. Es wurde jetzt beim Deutschen Entwicklerpreis mehrfach ausgezeichnet. Warum sind „Cozy Games“ so erfolgreich?
Einfach alles hinter sich lassen, in ein abgelegenes Küstenstädtchen fahren und dort Bücher verkaufen – ganz entspannt, ohne Stress und in einer heimeligen Wohlfühlatmosphäre: Das ist die Spielidee von „Tiny Bookshop“.
Im Videospiel des Kölner Studios „neoludic games“ hält man mit einem Bauwagen an alten Burgruinen oder Strandpromenaden, öffnet für Touristen und andere Besucher. Kein Zeitdruck, keine Kämpfe, keine Hektik. Stattdessen helfen die Spielenden beispielsweise einem schüchternen Musiker dabei, seinen Traum zu verwirklichen.
Entspannung und Entschleunigung
Mit „Tiny Bookshop“ haben die beiden Entwickler David Zapfe-Wildemann und Raven Rusch auf Entspannung und Entschleunigung gesetzt – und damit einen Volltreffer gelandet: Inzwischen haben rund eine halbe Million Menschen das Spiel für sich entdeckt, beim Deutschen Entwicklerpreis gewann das Spiel in drei Kategorien, unter anderem als „Bestes deutsches Spiel“.
Flucht aus dem Alltag liegt im Trend
Und „Tiny Bookshop“ ist kein Einzelfall: Das Spiel-Genre „Cozy Games“ liegt voll im Trend. Hier geht es nicht um höher, schneller, weiter – sondern um Entspannung und Flucht aus dem stressigen Alltag. Mit „Cozy Games“ werden Menschen angesprochen, die es sich gemütlich machen wollen.
Die Spielwelt von „Tiny Bookshop“ erinnert in ihrer Pastell-Optik an ein Kinderbuch. Solch eine ruhige Grafik, die das langsame Spieltempo unterstützt und auf Spektakel verzichtet, ist typisch für „Cozy Games“, in denen Hektik tabu ist.
„Cozy Games“ seit der Corona-Pandemie erfolgreich
„Vor allem seit der Corona-Pandemie sind ‚Cozy Games‘ erfolgreich“, sagt Felix Falk vom Verband der deutschen Games-Branche. In dem Genre müssen die Spielenden weder kämpfen noch ein Ziel verfolgen oder sich mit anderen messen. „Gerade in der Coronazeit haben wir gesehen, dass viele Menschen solche digitalen Wohlfühlräume aufsuchen, um vom Tag abzuschalten“, so Falk weiter. „Cozy Games“ würden mit allen Vorstellungen brechen, die man gemeinhin mit Computerspielen verbinde.
Vom Büchershop auf die einsame Insel
Das Setting von „Cozy Games“ kann dabei sehr unterschiedlich sein: In „Tiny Bookshop“ verkaufen die Spielenden gebrauchte Bücher, bei „Stardew Valley“ übernehmen die sie den verfallenen Hof des Großvaters und bauen ihn durch Ackerbau und Viehzucht wieder auf, in „Animal Crossing: New Horizons“ ziehen die Gamer auf eine einsame Insel, sammeln Insekten, Fische und Fossilien und gestalten das Eiland nach eigenen Wünschen.
Auf den verschiedenen Gaming-Plattformen sind derzeit mehr als 1.000 „Cozy Games“ gelistet, alle mit unterschiedlichen utopischen Welten. Die Wohlfühlspiele wollen die stressige Wirklichkeit nicht verändern, aber sie helfen dabei, für eine gewisse Zeit Abstand davon zu bekommen. Zugleich transportieren die Utopien von einem besseren, entspannteren Leben indirekt auch Kritik an der gesellschaftlichen Gegenwart, die vor allem auf Gewinnmaximierung und Leistungssteigerung abzielt.
Auch „The Darkest Files“ holt zwei Auszeichnungen
Neben dem „Cozy Game“ „Tiny Bookshop“ hat auch das Spiel „The Darkest Files“ der Entwickler „Paintbucket Games“ aus Berlin zwei Preise beim Deutschen Entwicklerpreis gewonnen – in den Kategorien „Bestes Gamedesign“ und „Bestes Game Beyond Entertainment“.
In dem Spiel geht es um den Kampf um Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Zeit und die schwierige Aufgabe, die Täterinnen und Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Die Spielenden schlüpfen in den frühen Jahren der Bundesrepublik in die Rolle der fiktiven Staatsanwältin Esther Katz, die an der Seite von Fritz Bauer die juristische Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen vorantreibt. Laut Jury ein tiefgreifendes narratives Erlebnis, das die Spielenden zu eigener historischer Reflexion anregt.
Preise auch für Detektivspiel und Feuerwehr-Simulation
Studio des Jahres wurde „Toukana Interactive“ aus Berlin. Bestes Audiodesign gewann das Detektivspiel “Duck Detective: The Ghost of Glamping“, „Beste Story“ das Horror-Adventure “Mindlock – The Apartment“, die „Beste technische Leistung“ holte die Feuerwehr-Simulation “Firefighting Simulator: Ignite“. Gründerin Serenad Yilmaz wurde mit dem NRW-Förderpreis ausgezeichnet. Den „Ubisoft Newcomer Award“ erhielten die Entwickler von “Stuntboost“, einem Finger-Skateboard-Computerspiel.
Den Sonderpreis der Jury bekam das Networking-Event „FemDevsMeetup“. Das Spiel “Dungeon Clawler“ vom Schweizer „Stray Fawn Studio“ gewann den „Innovationspreis“ und den Preis als „Bestes Casual Game“.
Entwicklerpreis feiert Kreativität und die Branche
Der Deutsche Entwicklerpreis wird seit 2004 von der digitalen Spieleindustrie in Nordrhein-Westfalen verliehen und ist nach eigenen Angaben die älteste und wichtigste Auszeichnung für herausragende Games im deutschsprachigen Raum. Für die Spieleindustrie sei der Preis wichtig, um für Deutschland als Games-Standort international zu werben, sagt Falk.
Denn der Deutsche Entwicklerpreis zeige, dass Deutschland mitspielen könne, wenn es darum geht, die besten Games zu produzieren, egal ob Simulations-, Aufbau- oder Actionspiel – oder eben „Cozy Games“ wie „Tiny Bookshop“, mit dem inzwischen auf der ganzen Welt Bücherwürmer in einem verträumten Küstenort in Pastellfarben chillen.








