Schutz vor Abhängigkeiten EU plant Zentrum für kritische Rohstoffe
Stand: 03.12.2025 19:15 Uhr
Die Abhängigkeit der EU von der Lieferung kritischer Rohstoffe ist ihr in der Vergangenheit immer wieder zum Verhängnis geworden. Nun will sie sich davor besser schützen – und dafür die Zusammenarbeit untereinander verbessern.
Dass die Lieferung von Rohstoffen zunehmend als geopolitisches Druckmittel eingesetzt wird, mussten die Europäer in der jüngeren Vergangenheit mehrfach schmerzhaft erfahren. Nun möchte sich die EU besser vor ihren eigenen Abhängigkeiten schützen.
„Wir müssen dringend etwas tun“, sagt EU-Handelskommissar Maros Sefcovic. Denn die Welt ändere sich rasant: Die gerade einmal vor zwei Jahren entworfene Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit muss schon wieder fortgeschrieben werden. „Manche Zulieferer teilen nicht unsere Werte oder unsere Interessen“, stellt Sefcovic fest, „andere sind bereit, unsere Abhängigkeit gegen uns zu verwenden“.
So schränkte China zuletzt seinen Export von seltenen Erden ein – und knüpfte diesen an Bedingungen. Auch die sich über Jahre ziehende Ablösung von russischem Gas zeigt, wie lange so ein Prozess dauern kann. Die heutigen Vorschläge zeigten, dass die EU „nun einen Gang höher“ schalte, erklärt Sefcovic.
Kritische Rohstoffe besser aufteilen
Unter anderem mit einem neuen Europäischen Zentrum für Kritische Rohstoffe wollen sich die Europäer unabhängiger machen. Dort sollen Informationen gesammelt und gebündelt werden: Wer welche Rohstoffe in welchen Mengen und wann braucht, was auf dem Weltmarkt zur Verfügung steht und was man auch gemeinsam beschaffen kann. Schon im kommenden Jahr soll das neue Zentrum seine Arbeit aufnehmen.
„Dieses neue Zentrum wird gewissermaßen das Kontrollzentrum für die europäische Versorgung mit wichtigen Rohstoffen“, verspricht Industriekommissar Stéphane Séjourné. „Dort wird auf den Bedarf geschaut, gemeinsam für die Mitgliedsstaaten eingekauft und je nach den Notwendigkeiten der Unternehmen auch gelagert und geliefert.“ So, wie man es schon beim russischen Gas oder bei Corona-Impfstoffen gemacht habe, müsse es auch mit kritischen Rohstoffen gehen, so Séjourné.
Eine ähnliche Agentur gibt es bereits in Japan, einem Land mit nur wenigen eigenen Bodenschätzen, das auf entsprechende Importe aus aller Welt angewiesen ist. Seit dem Aufbau von „Jogmec“, der 2010 begann, konnte Medienberichten zufolge zum Beispiel die Abhängigkeit von China bei seltenen Erden von 90 auf 60 bis 70 Prozent heruntergefahren werden.
Kreislaufwirtschaft ankurbeln
Darüber hinaus will die Kommission die Kreislaufwirtschaft mit Blick auf kritische Rohstoffe mehr ankurbeln. 20 Prozent der Batterien, die aus China importiert werden, könnten nach Einschätzung der Kommission durch Wiederverwertung innerhalb Europas hier gewonnen werden.
Mehr Recycling sei ein wesentlicher Bestandteil des ganzen Plans, betont Séjourné: „Ab nächstem Frühjahr wollen wir da eine echte europäische Kreislaufwirtschaft schaffen. Dazu gehören auch Exportbeschränkungen, um wertvolle Rohstoffe in der EU zu halten und wiederzuverwerten.“
EU behält sich restriktive Instrumente vor
Darüber hinaus verspricht die EU, ihre Genehmigungsverfahren für Minen und Fabriken zu vereinfachen, Batterie- und Rohstoffproduktion finanziell zu fördern sowie mehr in Forschung und Entwicklung für Recycling zu investieren. Allerdings nimmt Industriekommissar Séjourné auch die Unternehmen in die Pflicht: Das ginge alles nur, wenn diese mitmachen und eben nicht mehr zu Hundert Prozent in China einkaufen – auch wenn ihnen dadurch Mehrkosten entstünden.
Zugleich schließt die Kommission nicht aus, auch zu Instrumenten wie Anti-Dumping-Zöllen, Maßnahmen gegen die Übernahme europäischer Firmen aus dem Ausland oder den Ausschluss von Firmen aus Drittstaaten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu greifen. Solche restriktiven Instrumente könnten bei Bedarf „proaktiver“ angewendet werden, heißt es. Eins ist Handelskommissar Sefcovic, der auch die Zollverhandlungen mit den USA führt, dann am Ende aber doch noch wichtig: „Europa wird immer ein Freund von offenem Handel und globalen Investitionen sein.“ Und fügt hinzu: „Aber unsere Offenheit muss auf sicheren Füßen stehen.“








