Stand: 02.12.2025 18:15 Uhr
Im NATO-Hauptquartier herrscht Nervosität: Man kann nur abwarten, wie die USA und Russland über Europas Zukunft verhandeln. Beim morgigen NATO-Außenministertreffen wird zudem eine Schlüsselfigur fehlen.
Einmal im Jahr lädt die europäische Rüstungsindustrie Kunden, Hersteller und EU-Prominenz zu einem Austausch ein. Im 26. Stock über den Dächern von Brüssel versuchte man heute, Signale aus der Zukunft zu empfangen. Die Antennen wurden in Richtung Moskau ausgefahren, dort verhandeln Amerikaner und Russen gerade über die Zukunft der Ukraine.
Dass bei einem möglichen Kriegsende die Aufträge ausbleiben könnten, darüber macht sich Rüstungsindustrie-Präsident Micael Johansson keine Gedanken, zu groß sei der Nachholbedarf: „Wir haben nicht die Fähigkeiten, die wir brauchen, um als Europäer ein starker Pfeiler in der NATO zu sein, und ein fähiger Kontinent der seine eigene Verteidigung und Abschreckung leisten kann.“
Mit anderen Worten: Die Rüstungsindustrie erwartet weiter eine gute Auftragslage. Außerdem haben sich die NATO-Staaten zum sogenannten Fünf-Prozent-Ziel verpflichtet. Das heißt, sie müssen in den nächsten Jahren mehr für ihre Verteidigung ausgeben. NATO-Generalsekretär Mark Rutte listet auf, was alles gebraucht wird: „Flugzeuge, Panzer, Schiffe, Drohnen, Cyber- und Weltraumkapazitäten.“
NATO-Chef lobt Initiative der USA
Rutte äußerte sich vor dem Treffen der NATO-Außenminister morgen in Brüssel. Auch dabei wird es vor allem um die Nachrichten aus Moskau gehen. Der NATO-Chef lobte die Initiative des US-amerikanischen Präsidenten: „Er hat die Blockade durchbrochen und jetzt sind die Verhandlungen im Gange. Wir wissen nicht, ob sie erfolgreich sein werden – aber wir tun alles, um sie zu unterstützen.“
Der US-amerikanische Außenminister Marco Rubio hat seine Teilnahme an dem NATO-Treffen allerdings abgesagt. Es ist das erste Mal seit mehr als 20 Jahren, dass ein US-Außenminister dieses Treffen verpasst.
Rutte hält an NATO-Beitritt der Ukraine fest
Eigentlich soll die NATO bei den Gesprächen gar keine große Rolle spielen, so sieht es der europäische Entwurf des Ukraine-Plans vor. Ob die Ukraine beispielsweise jemals Mitglied der NATO wird, soll nicht in Moskau entschieden werden. Rutte erinnert an den Satz, der immer noch Gültigkeit habe: „Der Weg der Ukraine zu einer NATO-Mitgliedschaft ist unumkehrbar.“ Allerdings seien auch nicht alle Bündnispartner für einen Beitritt.
Neben der NATO-Mitgliedschaft sind auch Sicherheitsgarantien ein heikler Punkt. Wie soll sichergestellt werden, dass die Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand nicht wieder angegriffen wird? Auch bei diesem Punkt wird es ohne die Amerikaner nicht gehen.
Nervöses Abwarten der Gespräche in Moskau
Rutte sagte, es sei von Europäern und Amerikanern viel erreicht worden, um sicherzustellen, dass die Ukraine nach einem Kriegsende sicher sei. Über Einzelheiten will man sich erst Gedanken machen, wenn bekannt ist, welche Gebiete überhaupt gesichert werden müssen. Die größte Abschreckung soll aber die ukrainische Armee selbst darstellen. Dazu soll sie von den westlichen Partnern weiter unterstützt werden.
Es herrscht also im NATO-Hauptquartier gerade eine ziemliche Nervosität. Nahezu tatenlos muss man abwarten, wie der amerikanische Unterhändler Steve Witkoff und der russische Präsident Wladimir Putin über die Zukunft Europas feilschen.
Ob die weiße Fahne geschwenkt wird, ob Witkoff wie so oft mit leeren Händen zurückfliegen muss, dies haben die Europäer gerade nicht in der Hand. Sie wissen nur, dass die Ukraine einen Preis für den Frieden zahlen muss und viele – wie die Außenbeauftragte der EU Kaja Kallas – finden das ungerecht. Andererseits, so nahe war man einem Waffenstillstand wahrscheinlich seit drei Jahren nicht.








