Stand: 08.12.2025 18:01 Uhr
Die Dauerkrise hat die Zahl der Pleiten auf den höchsten Stand seit 2014 getrieben. 23.900 Unternehmen werden nach Hochrechnungen von Creditreform bis zum Ende des Jahres Insolvenz angemeldet haben.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeichnet ein düsteres Bild der Lage – sowohl, was Privatleute, als auch, was Unternehmen angeht. Die Zahl der Unternehmenspleiten sei dieses Jahr auf einem Zehn-Jahres-Hoch. „Wir haben den Höhepunkt noch nicht erreicht“, sagte Bernd Bütow, Hauptgeschäftsführer von Creditreform in Frankfurt am Main.
Creditreform schätzt die Zahlungsfähigkeit in zahlreichen Branchen („Bonität“) immer schlechter ein. Auch immer mehr Privatleute sehen sich zu einem förmlichen Insolvenzverfahren genötigt. „Wir rechnen definitiv mit steigenden Zahlen der Verbraucherinsolvenzen“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform.
Dramatische Lage
Die Datenanalysten von Creditreform sagen, die schlechte Wirtschaftslage komme einerseits von wegbrechenden Auslandsmärkten. Teure Energie mache deutsche Industrieprodukte schwerer verkäuflich. Dazu kämen amerikanische Zölle und chinesische Konkurrenz. „Nichts ist für die Wertschöpfung so bedeutend wie die Industrie,“ analysiert Hantzsch. „Der Maschinenraum Deutschlands steht unter hohem Druck.“
Zudem mangele es an Nachfrage im Inland. Die Arbeitslosigkeit steigt, Menschen halten ihr Geld zusammen. „In der gesamten Breite der deutschen Wirtschaft hakt es gewaltig“, sagt Hantzsch. Er sieht ein „dynamisierendes Insolvenzgeschehen“.
Krankenhäuser gehen pleite
Verblüffend ist, dass unter den größten Pleiten des Jahres Unternehmen einer Branche breit vertreten sind, die keine Sorgen um Nachfrage haben muss: Viele große Gesundheits- und Pflegeunternehmen sind 2025 insolvent geworden. Creditreform nennt die rheinland-pfälzische Krankenhaus-Gesellschaft des Roten Kreuzes, das Erzgebirgsklinikum, die Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg, die Argentum Pflegegruppe und die Arbeiterwohlfahrt des Kreises Wesel.
Gesundheitsunternehmen haben mit steigenden Kosten und schwieriger Finanzierung zu kämpfen. Sie sind oft betriebswirtschaftlich nicht gut organisiert. Wenn Krankenhäuser und Pflegeketten Pleite machen, können ihre Dienste meist erhalten werden, berichtet Creditreform. Es finden sich Konkurrenten und Auffanggesellschaften, die auch das rare Personal übernehmen.
Fluch und Segen von Insolvenzen
Durch Insolvenzen verschwinden marode Unternehmen vom Markt. Das sei, analysierte Hantzsch, grundsätzlich eine gute Sache. Gerade heutzutage sollten knappe Fachkräfte nicht in schlechten Unternehmen eingesetzt werden.
Andererseits gebe es auch Insolvenzen von Unternehmen mit im Kern funktionierenden Geschäftsmodellen. Es könne etwa Produzenten von Spezialfahrzeugen treffen, die gute Kunden haben. Wenn sie langfristige Verkaufsverträge abgeschlossen haben, können ihnen steigende Energie- oder Stahlpreise das Rückgrat brechen.
Auch hochqualifizierte Unternehmen kämen unter Druck. „Die todsicheren Geschäftsmodelle erodieren“, sagte Hantzsch mit Blick auf Automobilzulieferer. Er sieht die Gefahr, dass in manchen Branchen nachhaltig Lücken an Fachkunde gerissen werden: „Die kann man auch mit Willen und Geld nicht mehr füllen.“
Die Datenlage
Creditreform sammelt Meldungen zu Unternehmen und Privaten aus der Wirtschaft und von Behörden, etwa Insolvenzgerichten. Vergleiche mit den vollständig erfassten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Creditreform-Werte die Lage sehr genau abbilden. Die amtlichen Zahlen sind aber stets mindestens ein Vierteljahr alt, während Creditreform einen aktuellen Blick aufs Jahr wirft. Die Dezember-Werte werden geschätzt.
Dieses Jahr dürften knapp 130.000 Pleiten registriert werden. Davon sind knapp 24.000 Unternehmensinsolvenzen und gut 76.000 Privatinsolvenzen. Die knapp 30.000 „sonstigen Insolvenzen“ betreffen im Grunde auch Privatleute. Es sind pleite gegangene Selbständige und es sind Menschen, die an Pleiteunternehmen beteiligt waren und nun selbst nicht mehr zahlungsfähig sind. Dazu kommen überschuldete Erbschaften. Das sind im Kern aufgeschobene Privatinsolvenzen von Erblassern.








