Stand: 05.12.2025 19:13 Uhr
Aus Protest gegen das neue Wehrdienstgesetz sind bundesweit Tausende Jugendliche in den Streik getreten. In teils eisiger Kälte machten sie auf Demos ihrem Frust Luft. Ob das zulässig ist, ist aber fraglich.
In zahlreichen Städten und Regionen haben Schülerinnen und Schüler heute gegen die vom Bundestag beschlossene Wehrdienstreform demonstriert – anstatt am Unterricht teilzunehmen. Parallel zur abschließenden Debatte und Abstimmung im Parlament gingen Tausende junge Menschen trotz mitunter frostiger Temperaturen gegen das Vorhaben auf die Straße.
„Sondervermögen für Bildung, nicht für Waffen“
In teils emotionalen Reden kritisierten die Jugendlichen beispielsweise in Magdeburg das erklärte Ziel „Kriegstüchtigkeit“. „Ich will einen Staat, der ein Sondervermögen für Bildung schafft, nicht für Waffen“, forderte ein Schüler in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt.
Andere Redner kritisierten, dass junge Menschen bei den Überlegungen zum neuen Gesetz nicht eingebunden worden seien. Viele der Schulstreiks fanden nach dem Vorbild der Klimaproteste von „Fridays for Future“ während der Unterrichtszeit am Vormittag statt.
3.000 Demonstrierende in Berlin
Vor allem in den großen Städten beteiligten sich viele Menschen an den Demonstrationen. In Berlin versammelten sich ab Mittag nach Polizeiangaben etwa 3.000 Demonstrierende und zogen durch den Stadtteil Kreuzberg. Die Organisatoren sprachen von bis zu 7.000 Schülerinnen und Schüler. Viele hatten Transparente dabei, auch Sprechchöre richteten sich gegen einen Wehrdienst bei der Bundeswehr. An der Demonstration nahmen auch Eltern mit kleineren Kindern und Grundschulklassen mit selbstgebastelten Plakaten teil.
In Hamburg gingen nach Polizeiangaben 1.700 Menschen auf die Straße, die Organisatoren sprachen von bis zu 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auch in zahlreichen Städten Nordrhein-Westfalens gab es Demonstrationen, in Dortmund mit 1.000 Teilnehmern, in Köln, Düsseldorf, Essen und Bochum jeweils mit mehreren Hundert.
Gut 2.000 Menschen beteiligten sich in Sachsen am „Schulstreik“, etwa in Dresden, Leipzig und Chemnitz. Im Süden Deutschlands gab es Demonstrationen in München, Stuttgart, Freiburg, und Heidelberg. In Frankfurt versammelten sich laut Polizei rund 600 Schülerinnen und Schüler.
Die Initiative „Schulstreik gegen Wehrpflicht“ listet auf einer Projekt-Webseite fast 90 Städte und Regionen auf, in denen Demonstrationen stattfinden sollten.
Viele Schulen lehnen Freistellung ab
Die Bundesschülerkonferenz hatte die Schulen im Vorfeld dazu aufgerufen, Schülerinnen und Schüler für die geplanten Proteste gegen die Wehrpflicht vom Unterricht freizustellen.
Die evangelischen Schulen in Berlin und Brandenburg etwa lehnten eine Freistellung für den Schulstreik ab. „Wer während der Unterrichtszeit zur Demonstration geht, fehlt unentschuldigt“, sagte die Sprecherin der Evangelischen Schulstiftung, Christina Reiche, dem Evangelischen Pressedienst.
Pistorius nennt Streiks „großartig“
Das heute vom Bundestag beschlossene Wehrdienstgesetz sieht ab nächstem Jahr eine Musterungspflicht für junge Männer von 18 Jahren und das verpflichtende Ausfüllen eines Fragebogens vor. Obwohl der Wehrdienst selbst freiwillig und die Möglichkeit zur Kriegsdienstverweigerung bestehen bleibt, standen die Protestaktionen unter dem Motto „Schulstreik gegen Wehrpflicht“.
Verteidigungsminister Boris Pistorius selber nahm in seiner Bundestagsrede keinen Anstoß an den Streiks. Er bezeichnete diese als „großartig“. Sie zeigten das Interesse und Engagement der Schülerinnen und Schüler – und dass sie „wissen, worum es geht“.








