marktbericht
DAX schließt etwas höher US-Märkte nach Zinsentscheid unentschlossen
Stand: 17.09.2025 22:15 Uhr
Der Zinsentscheid und die neue Zinsprojektion der Fed haben die Märkte gründlich durchgeschüttelt. Wenn sich der Staub legt, könnten dem deutschen Aktienmarkt schwierige Tage bevorstehen.
Seit Wochen, ja Monaten war dieser Abend an den Finanzmärkten mit Spannung erwartet worden. Und tatsächlich erfüllte die US-Notenbank Fed die Erwartungen eines ersten Zinsschritts in diesem Jahr. Die Währungshüter senkten den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf die Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent.
Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im Januar hatte sich der Konflikt mit der Zentralbank um eine lockerere Zinspolitik verschärft. Allerdings stand der von Trump in den geldpolitischen Ausschuss entsandte bisherige Wirtschaftsberater Stephen Miran mit seiner Forderung nach einer deutlicheren Senkung um einen halben Prozentpunkt in dem Gremium alleine da.
Fed signalisiert weitere Schritte
Wichtiger als der weithin erwartete Zinsschritt war die Projektion der Fed für mögliche weitere Zinssenkungen. Tatsächlich zeigte sich die Notenbank dabei etwas lockerer als von vielen Experten erwartet. „Die Risiken für die Beschäftigung haben sich verschlechtert“, betonte Fed-Chef Jerome Powell. Die Notenbank deutete daher zwei weitere mögliche Leitzinssenkungen um je 0,25 Punkte noch in diesem Jahr an. Dies sei aber nur eine Möglichkeit und keine „Gewissheit“, unterstrich Powell unter Anspielung auf Trumps Forderungen.
Gegen eine allzu lockere Gangart spricht auch die angehobene Wachstumsprognose der Zentralbank. In diesem Jahr soll die US-Wirtschaft um 1,6 Prozent wachsen, 0,2 Prozentpunkte stärker als noch im Juni erwartet.
Erst Dow-Rekord, dann Gewinnmitnahmen
Die Reaktion an der Wall Street fiel fast idealtypisch aus: Direkt nach dem Entscheid sprang der Dow Jones auf ein Rekordhoch bei knapp 46.262 Punkten. Kurz darauf setzten aber Gewinnmitnahmen ein, die den Leitindex kurz ins Minus drückten. Zum Handelsende verzeichnete der Dow Jones ein Plus von 0,57 Prozent auf 46.018 Punkte.
Die Technologietitel tendierten dagegen angesichts neuer Sorgen um Nvidias China-Geschäft schwächer. Der Nasdaq 100 ging 0,21 Prozent tiefer bei 24.223 Punkten aus dem Handel.
DAX nur leicht erholt
Am deutschen Aktienmarkt war die Nervosität im Vorfeld des Zinsentscheids in den USA mit Händen zu greifen. Nach seinem Kursrutsch am Dienstag von 1,8 Prozent war der DAX erneut ins Trudeln geraten, konnte sich im Verlauf aber wieder deutlich erholen. Der deutsche Leitindex schloss 0,13 Prozent höher bei 23.359 Punkten.
Ungünstige technische Lage
Mit dem US-Zinsentscheid ist ein wichtiges Datum abgehakt, und die wesentliche Frage bleibt, ob die etwas günstigere Zinsprojektion der Fed den Markt weiter stützen kann.
Aus technischer Sicht ist der DAX nach seinem jüngsten Kursrutsch jedenfalls massiv angeschlagen. Sollte die Zone bei 23.400 Punkten nachhaltig unterschritten werden, dann ergebe sich daraus ein weiteres Abschlagspotenzial von 1.200 Punkten, betonten die Experten von HSBC Trinkaus. Der September als „saisonaler Schreckensmonat“ könne dann seinem Ruf doch noch gerecht werden.
Daten vom US-Wohnungsmarkt stützen Zinserwartungen
Die aktuellen Daten vom Wohnungsmarkt hatten die Zinssenkungserwartungen gestützt. Wie das US-Handelsministerium mitteilte, sank die Zahl der neu begonnenen Wohnungen im August zum Vormonat um 8,5 Prozent hochgerechnet auf das Gesamtjahr auf 1,307 Millionen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten mit 1,365 Millionen gerechnet. Die Zahl der Baugenehmigungen sank um 3,7 Prozent auf annualisiert 1,312 Millionen. Volkswirte hatten hier mit 1,370 Millionen gerechnet.
Euro fällt zurück
Der Euro reagierte zunächst mit Gewinnen auf die US-Zinssenkungen, fiel dann aber um 0,2 Prozent auf 1,1845 Dollar zurück. Tags zuvor hatte die europäische Gemeinschaftswährung bei 1,1877 Dollar den höchsten Stand seit vier Jahren markiert.
In einem durch hohe US-Zölle ohnehin schon angespannten Umfeld ist der teure Euro eine Belastung für die im DAX schwer gewichtete deutsche Exportindustrie.
Gold-Anleger machen Kasse
Auch der Goldpreis sprang kurzzeitig auf ein Rekordhoch von 3.707 Dollar. Bis zum späten Abend verbilligte sich das Edelmetall aber um 0,9 Prozent auf 3.660 Dollar je Feinunze.
Öl deutlich im Minus
Die Ölpreise konnten nicht von der neuen Konjunkturprognose der Fed profitieren. Am späten Abend notierte die Rohölsorte Brent aus der Nordsee bei 67,88 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit 0,87 Prozent tiefer.
In den USA sind die Ölreserven in der vergangenen Woche unerwartet gefallen. Die Rohölvorräte sanken um 9,3 Millionen auf 415,4 Millionen Barrel. Analysten hatten im Schnitt dagegen mit einem Anstieg um 1,8 Millionen Barrel gerechnet.
Sorge um Nvidias China-Geschäft
Im US-Technologiesektor lastete eine Nachricht zu Nvidia auf der Stimmung. Die „Financial Times“ hatte berichtet, dass Chinas Cybersicherheitsbehörde CAC die größten Technologiekonzerne des Landes angewiesen habe, Käufe bestimmter KI-Chips bei dem Chipriesen zu unterlassen. Damit würde sich der Streit um Hightech-Chips zwischen China und den USA weiter zuspitzen.
SAP nach zweimonatiger Talfahrt auf Erholungskurs
Im DAX war die SAP-Aktie der größte Gewinner. Mit einem Anstieg um 3,2 Prozent waren die Titel des Softwarekonzerns auch eine Stütze für den deutschen Leitindex, den sie in den vergangenen Monaten gebremst hatten. Seit ihrem Rekordhoch im Februar hat die SAP-Aktie rund 25 Prozent verloren.
UniCredit kontrolliert 29 Prozent der Commerzbank-Aktien
Die italienische UniCredit kontrolliert nach eigenen Angaben 29 Prozent der Commerzbank-Aktien. Man habe nun die volle Kontrolle über die physischen Anteile, sagte UniCredit-Chef Andrea Orcel. Die Bank stehe bei ihrer Beteiligung nicht unter Druck. „Wir können einfach dasitzen und abwarten, wie sie sich entwickeln“, erklärte Orcel. Die Commerzbank lehnte eine Stellungnahme ab.
Thyssenkrupp zeitweise auf Vier-Jahres-Hoch
Die überraschende Übernahmeofferte von Jindal Steel für die Stahltochter von Thyssenkrupp verhalf dem deutschen Traditionskonzern zu einem Kursschub. Die im MDAX notierte Aktie von Thyssenkrupp stieg im frühen Handel um bis zu 3,9 Prozent auf 11,89 Euro, den höchsten Stand seit über vier Jahren – bevor sie wieder zurückfiel.
Teyssen soll Lufthansa-Aufsichtsrat leiten
Die Lufthansa hat einen neuen Vorsitzenden für ihren Aufsichtsrat gefunden: Der langjährige Chef des Energiekonzerns E.ON, Johannes Teyssen, soll künftig das Kontrollgremium leiten, wie die Airline mitteilte. Teyssen soll die Nachfolge von Karl-Ludwig Kley antreten, der seit 2017 Chefkontrolleur von Europas größtem Airline-Konzern ist.
Übernahmespekulationen um Puma
Im MDAX machte die Puma-Aktie mit einem Kurssprung von über 16 Prozent Furore. Auslöser war ein Artikel des „Manager Magazins“, demzufolge es mehrere Interessenten für den 29-prozentigen Anteil der Milliardärsfamilie Pinault an Puma gibt. Als mögliche Bieter kämen der kanadische Investor Jamie Salter und seine Authentic Brands Group (ABG) sowie Alexander Dibelius, CO-Chef der Beteiligungsgesellschaft CVC, in Frage, hieß es in dem Bericht. Puma äußerte sich dem Magazin gegenüber nicht dazu. Pinaults Holding Artemis erklärte dem Magazin gegenüber, dass sie zum. Die Familie Pinault hatte die Puma-Beteiligung 2018 von Kering übernommen.
Kursrutsch bei ProSiebenSat.1 geht weiter
Als Reaktion auf gesenkte Jahresziele zogen sich weitere Anleger bei ProSiebenSat.1 zurück. Die im SDAX notierte Aktie der TV-Senderkette fiel zeitweise um 6,7 Prozent auf ein Fünf-Monats-Tief von 5,74 Euro. Seit dem Zwei-Jahres-Hoch Ende August ist der Kurs mittlerweile um mehr als 30 Prozent eingebrochen.
Formycon nach neuer Vertriebsvereinbarung gefragt
Die Formycon-Aktie profitierte dagegen von einer weiteren Vertriebsvereinbarung zu seinem Biosimilar zu Bayers Augenmedikament Eylea. Ein Händler wertete den Deal am Morgen positiv, da Formycon nochmals Anteile an Meilensteinzahlungen und Lizenzumsätzen zuflössen. Formycon könnte weitere Kurstreiber gut gebrauchen: Die Aktie hat seit Jahresbeginn fast 60 Prozent an Wert eingebüßt.
Eli Lillys Abnehmpille vor beschleunigter US-Zulassung?
Die experimentelle Abnehmpille vom US-Pharmakonzern Eli Lilly könnte nach Einschätzung von Wall-Street-Analysten ein beschleunigtes Zulassungsverfahren der US-Arzneimittelbehörde FDA durchlaufen. Sie argumentieren, die Pille mit dem Namen Orforglipron sei ein aussichtsreicher Kandidat, da sie die Kosten durch teure Abnehmspritzen verringern und in den USA hergestellt werden könne.
Microsoft sagt Milliardeninvestitionen in britische KI-Branche zu
Anlässlich des Besuchs von US-Präsident Donald Trump in Großbritannien hat Microsoft Milliardeninvestitionen in die britische KI-Infrastruktur angekündigt. In einem Zeitraum von vier Jahren werde Microsoft 30 Milliarden Dollar im Vereinigten Königreich investieren, erklärte das Unternehmen. Rund die Hälfte der 30 Milliarden Dollar soll in Cloud Computing und KI-Infrastruktur fließen.