analyse
Streit über das Rentenpaket Bitte nur ein blaues Auge
Stand: 02.12.2025 22:43 Uhr
Die Probeabstimmung über das Rentenpaket in der Unionsfraktion ist ein erster Punktsieg für die Fraktionsführung. Doch viele Fragen bleiben offen, der Druck groß – und das Risiko hoch.
Die Sitzung sollte Klarheit bringen, aber danach gibt es zwei Wahrheiten. Mehr als eine Stunde sprach die Unionsfraktion über das Thema Rente. Dann hieß es: Aufzeigen zur Probeabstimmung, steht die Mehrheit? Darauf gibt es nach der Abstimmung verschiedene Antworten. Die einen sagen: Ja, wenige Nein-Stimmen, alles unter Kontrolle. Die anderen sagen: Bis zu 20 Nein-Stimmen plus ein paar Enthaltungen. Damit hätte das Rentenpaket keine Mehrheit. Selbst bei den einfachen Fragen wird die Union sich nicht mehr einig.
Zwei Stunden vorher tritt der Fraktionschef vor die wartende Presse. Es könne hart debattiert und hart miteinander gerungen werden, stellt er fest. Die Junge Gruppe habe ihr Ziel erreicht und deutlich gemacht, dass weitere Rentenreformen kommen müssten. „Der Punkt ist gesetzt und dieser Punkt bleibt“, sagt Jens Spahn. Nun aber sei der Moment für eine Entscheidung: „Jetzt geht es um mehr als um diese Sachfrage.“ In der aktuellen Weltlage brauche es eine stabile Koalition in Deutschland. Die Botschaft zwischen den Zeilen: Die Regierung dürfe nicht wackeln, deswegen müssten die Kritiker dem Rentenpaket zustimmen.
Neue Zweifel an der SPD
Druck ausüben, das scheint die Strategie. Gekoppelt mit der Bitte um Vertrauen und dem Versprechen auf weitere Reformen in der Zukunft. Ein durchaus riskantes Manöver. Denn aus der Jungen Gruppe wurden am Wochenende neue Zweifel an der SPD laut. Sie halten den Koalitionspartner für reformunwillig – weit über die Rente hinaus.
Die SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas hatte auf dem Bundeskongress der Jusos unter anderem über soziale Sicherheit und ihren Besuch auf dem Arbeitgebertag gesprochen. Das sei für sie ein Schlüsselerlebnis gewesen, so Bas, „weil da besonders deutlich geworden ist, gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“. Abgeordnete aus der Jungen Gruppe der Union zogen daraus das Fazit, mit der SPD seien die „notwendigen Reformen mindestens unwahrscheinlich“.
Das Ergebnis: unübersichtlich
Auch Jens Spahn greift das Thema vor der Fraktionssitzung auf. Die Arbeitsministerin solle mal mit den Arbeitgebern reden, so seine Empfehlung. Zu den Jusos schiebt er nach, dass die Union „Gottseidank nicht solche Debatten auf dem Niveau“ führe, sondern sich in Stil, Inhalt und Ton „angenehm davon abhebt“. Aussagen, die weder bei der Jungen Gruppe noch bei der SPD das Vertrauen in diese Koalition stärken dürfen.
Die Ausgangslage also schwierig. Die Probeabstimmung danach in der Fraktion verläuft schnell, das Ergebnis ist unübersichtlich. Die ersten Meldungen sprechen von einer „großen Mehrheit in der Union für das Rentenpaket“. Ein erster Punktsieg für die Fraktionsführung, die vermutlich zudem vermeiden möchte, dass alle einen genauen Eindruck von der Größe des Widerstands bekommen.
Meldeschluss für Widerspruch
Der parlamentarische Brauch bei der Union sieht vor, dass nun erstmal die Annahme gilt, dass sich alle Abgeordneten nach der Mehrheitsentscheidung richten. Wer dennoch mit „Nein“ stimmen will, muss dies anmelden – laut Geschäftsordnung bis Donnerstagabend. Allerdings hat Jens Spahn in diesem Fall die Frist verschärft und den Meldeschluss auf Mittwochmittag 12 Uhr vorverlegt.
Damit bleiben nach Fristablauf rund 48 Stunden, um potentielle Nein-Sager zum persönlichen Gespräch zu bitten. Das Rentenpaket steht inzwischen auf der Tagesordnung: Am Freitagmorgen um 11:20 Uhr als namentliche Abstimmung. Es wird also festgehalten, wer wie abstimmt. Der Druck bei der Union ist also groß, das Ziel: Die Zahl der Kritiker unter 13 zu drücken und mit einem blauen Auge durch die Abstimmung zu kommen. Eine riskante Strategie – erst bei der Abstimmung wird sich zeigen, ob sie aufgeht.








