Rentenpaket im Parlament Ende eines wochenlangen Streits?
Stand: 05.12.2025 04:57 Uhr
Das Rentenpaket kommt in den Bundestag – der Streit zieht sich seit Wochen. Die Junge Union widerspricht dem eigenen Kanzler. Die SPD pocht auf den Koalitionsvertrag und Merz steht ihr bei. Wie konnte es soweit kommen?
Wer verstehen will, was schiefgelaufen ist, fängt am besten Ende Oktober 2024 an. Friedrich Merz besucht die Junge Union – es ist „Deutschlandtag“. Aus den Boxen dröhnt Herbert Grönemeyer: „Zeit, dass sich was dreht“. Dieser Friedrich Merz ist damals Oppositionsführer und in Berlin regiert die Ampel. Dass diese wenige Tage später zerbricht, ahnt keiner. Aber dass bald Wahlkampf sein könnte, spürt auch Merz.
Damals, im Oktober 2024, spricht der CDU-Vorsitzende auch über die Rente. Darüber, dass es Streit geben könnte und die SPD mit einer Neiddebatte Wahlkampf machen könnte. Dann gibt er ein Versprechen ab. Wenn es so komme, werde er sich „ohne Wenn und Aber an die Seite der Jungen Generation stellen.“ Er sage das nicht, weil die Junge Union im Saal sitze, sondern weil er Kinder und Enkelkinder habe. „Weil ich es nicht verantworten kann, dass wir in unserer Zeit das Kapital verfrühstücken, was die nachfolgenden Generationen in Deutschland noch brauchen.“
Ein gutes Jahr später ist Friedrich Merz erneut zu Gast bei der Jungen Union. Er ist jetzt Bundeskanzler und regiert mit der SPD. Der Empfang ist deutlich kühler. Der Song, der diesmal läuft, heißt „High Hopes“. Aber die großen Hoffnungen hat dieser Kanzler enttäuscht. Es ist etwas zerbrochen, das spürt jeder, der den Chef der Jungen Union, Johannes Winkel, hört. „Friedrich Merz konnte sich immer auf die Junge Union verlassen. Und jetzt in dieser Frage verlässt sich die Junge Union Deutschlands auf Friedrich Merz.“
„Bauchschmerzen“ mit dem Rentenpaket
Der Kanzler weiß schon länger, dass die Junge Gruppe Bauchschmerzen mit dem Rentenpaket hat. Das Versprechen, ohne Wenn und Aber an ihrer Seite zu stehen, kann er aber nicht einhalten. „Das kann doch wohl nicht euer Ernst sein“, ruft er jetzt von der Bühne. Spätestens da ist es vorbei mit dem Beifall. Ein belehrender Merz kommt weniger gut an.
Es geht um das Rentenniveau. Das beschreibt – vereinfacht erklärt – das Verhältnis zwischen einer Standardrente und dem durchschnittlichen Einkommen. Bis 2031 soll es bei 48 Prozent bleiben. Heißt übersetzt, die Renten bleiben bis dahin an die Löhne gekoppelt. Steigen die, steigen auch die Renten. So weit, so unstrittig. Denn das haben Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart und daran will auch die Junge Gruppe nichts ändern.
Aber was aber passiert nach 2031? Darum geht der Streit. Die Renten lassen sich längst nicht mehr aus den Beiträgen finanzieren. Schon jetzt fließt etwa jeder vierte Euro des Bundeshaushalts in die Rentenkasse. Die Junge Union rechnet mit Mehrkosten von 120 Milliarden Euro in den 30er-Jahren – sollte sich die Arbeitsministerin durchsetzen – also sollte das Rentenniveau höher liegen als nach geltendem Recht.
So hat es das Kabinett beschlossen und so verteidigt es der Bundeskanzler. „Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettbewerb gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau?“, fragt Merz den Nachwuchs seiner Partei.
Doch der gibt nicht nach: Warum soll er sich dafür rechtfertigen, fragt der Junge Union-Chef Johannes Winkel im tagesthemen-Interview. Es sei doch ein ganz normales parlamentarisches Verfahren. Es gehe nicht „um eine Blockade, sondern wir machen ja den Weg frei für den Koalitionsvertrag.“
Mehr als im Koalitionsvertrag steht?
Heißt: Bis hierhin und nicht weiter. Denn die jungen Abgeordneten sind der Meinung, das vorgelegte Gesetz gehe über den Koalitionsvertrag hinaus. Anders sieht es Friedrich Merz. Als Bundeskanzler sei er nicht nur einer Gruppe gegenüber verantwortlich, sagt er im Bericht aus Berlin der ARD. „Ich bin gegenüber dem gesamten Land in der Verantwortung und ich bin auch gegenüber der gesamten Bundestagsfraktion und vor allem gegenüber der gesamten Bundesregierung in der Verantwortung.“
Und in dieser Bundesregierung sitzt die SPD. Die Rente ist sozialdemokratische DNA. Die Chefs Lars Klingbeil und Bärbel Bas bleiben hart. „An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert“, legt sich Lars Klingbeil fest. Die Co-Parteichefin Bärbel Bas wird ebenfalls deutlich: „Wer gerade die Koalition gefährdet, sitzt in der Union.“
Der Kanzler – getrieben von der Jungen Union – schlägt sich trotzdem erneut auf die Seite der SPD. Denn er weiß, wenn das Rentenpaket scheitert, wird es schwer in dieser Koalition noch andere Reformen zu beschließen.
Das Problem: Die jungen Abgeordneten bleiben skeptisch. Und nun schauen alle auf sie, denn die Koalition hat nur zwölf Stimmen Mehrheit im Parlament. Und dass die steht, darum muss sich der Fraktionschef kümmern – Jens Spahn. „Es ist ganz einfach. Wenn wir ein Gesetz zu Abstimmung stellen, dann muss und wird es eine Mehrheit bekommen.“ Doch ganz einfach ist es eben nicht. Das weiß Jens Spahn wohl selbst. Und alle anderen in der Koalition auch.










