Stand: 05.12.2025 17:45 Uhr
Die Bundesregierung kann künftig ohne Zustimmung des Bundesrates entscheiden, welche Staaten sie als „sichere Herkunftsländer“ einstuft. Es ist nicht die einzige Verschärfung der Migrationspolitik, die heute im Bundestag beschlossen wurde.
Die Bundesregierung kann Staaten künftig einfacher als sogenannte sichere Herkunftsländer einstufen – und damit Abschiebungen dorthin erleichtern. Das hat der Bundestag beschlossen. Die Bundesregierung kann dazu künftig auf das Mittel der Rechtsverordnung zurückgreifen, der Bundesrat muss dann – anders als bisher – nicht mehr zustimmen.
Ziel ist nach Angaben der Bundesregierung, Deutschland für Asylsuchende ohne Schutzgrund weniger attraktiv zu machen und die Verfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zu beschleunigen. Der Anspruch auf eine Prüfung des Einzelfalls bleibt den Angaben zufolge jedoch unberührt.
Asylanträge von Menschen aus „sicheren Herkunftsstaaten“ werden häufiger als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Dies schließt die Anerkennung eines Schutzstatus im Einzelfall aber nicht aus. Abgelehnte Antragsteller können jedoch leichter und schneller abgeschoben werden.
Kritik aus Opposition
Rechtlich möglich wird das, indem die relativ kleine Gruppe von Schutzsuchenden, die als politisch Verfolgte Asyl erhalten, hier ausgeklammert wird. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler, versicherte: „Jede und jeder der begründen kann, dass Verfolgung droht, erhält Schutz.“
Neben den Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD stimmte auch die AfD für das Gesetz. Die Grünen und die Linke lehnten es ab.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, sprach von „Asylverfahren zweiter Klasse“: „Wenn ein Staat als sicher gilt, wird der Asylvertrag zur Formsache.“ Filiz Polat von den Grünen nannte das Gesetz verfassungswidrig. Christian Wirth von der AfD forderte hingegen weiterreichende Schritte. Das EU-Asylrecht sei dysfunktional, so Wirth.
Weitere Verschärfungen geplant
Daneben sind weitere Verschärfungen geplant. Menschen, denen Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam droht, sollen dem Gesetzentwurf zufolge künftig keinen Anspruch mehr auf einen staatlich finanzierten Pflichtanwalt haben, der sie bei der Wahrung ihrer Rechte unterstützt. Dieser Anspruch war erst im vergangenen Jahr eingeführt worden.
Kritik kam vom Deutschen Anwaltverein und der Bundesrechtsanwaltskammer. „Freiheitsentziehung ist eine der schärfsten Grundrechtseinschränkungen“, erklärte der Anwaltverein. „Noch immer sind über die Hälfte aller Inhaftierungen rechtswidrig. Der Staat muss sich hier eine besonders genaue Prüfung gefallen lassen.“ SPD-Politiker Fiedler sagte, in schwierigen Fällen werde es auch künftig einen Rechtsbeistand geben.
Zehn-Jahres-Sperre geplant
Außerdem soll es künftig eine Zehn-Jahres-Sperre für die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft für Menschen geben, die im Einbürgerungsverfahren täuschen oder vorsätzlich unvollständige Angaben machen. Damit reagiert die schwarz-rote Koalition auf Ermittlungen wegen des Handels mit gefälschten Sprachzertifikaten in mehreren Bundesländern.
Die Zehn-Jahres-Sperre soll gelten, wenn die Einbürgerung unanfechtbar zurückgenommen worden ist oder die zuständige Behörde im Einbürgerungsverfahren festgestellt hat, dass ein Antragsteller „arglistig getäuscht, gedroht oder bestochen hat“. Die Sperre solle auch gelten, wenn vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung gemacht wurden.
Abstimmungsverhalten noch unbekannt
Das genaue Ergebnis der ausschlaggebenden namentlichen Abstimmung in dritter Lesung sollte erst später öffentlich werden. Bei der vorausgegangen zweiten Lesung hatte die Regierungsfraktionen von Union und SPD sowie die AfD zugestimmt. Grüne und Linke votierten dagegen.
Parallel dazu wurde bei der Innenministerkonferenz in Bremen die Finanzierung der neuen Asylzentren an den Außengrenzen durch den Bund beschlossen. Damit konnte eine der offenen Fragen mit Blick auf die Asylreformen auf EU-Ebene geklärt werden. Sechs Bundesländer haben zugesagt, sich um den Aufbau entsprechender Kapazitäten zu kümmern.
Umsetzung der EU-Reform
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) war 2024 beschlossen worden und wird Mitte kommenden Jahres anwendbar. Die darin vorgesehenen Regelungen zu Außengrenzverfahren betreffen Deutschland als Staat mitten in Europa nur, was Einreisen über Flughäfen und Seehäfen angeht.
Diese Verfahren an der Außengrenze durchlaufen unter anderem Menschen, die aus Ländern kommen, deren Staatsbürger nur geringe Aussicht auf Flüchtlingsschutz in der EU haben. Wird kein Schutzstatus zuerkannt, ist das Ziel eine Rückführung direkt aus dem Außengrenzzentrum.










