Ministerpräsidentenkonferenz „Der Bund beschließt, doch die Kommunen zahlen“
Stand: 04.12.2025 07:12 Uhr
Klamme Kasse und steigende Kosten: Die Länder wollen bei der Ministerpräsidentenkonferenz heute mehr Geld vom Bund einfordern. Wer Gesetze bestellt, soll bezahlen – das gelte auch für die Änderungen bei den Leistungen für Ukrainer.
Künftig erhalten Menschen aus der Ukraine, die erst nach April 2025 in Deutschland angekommen sind, kein Bürgergeld mehr. Stattdessen werden sie über das Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Für Städte und Gemeinden macht das einen großen Unterschied.
Zwar trägt der Bund das Bürgergeld zu einem großen Teil, aber die Asylbewerberleistung und insbesondere die Sozialarbeit drumherum müssen weitestgehend von den Kommunen geleistet werden, sagt Christian Schuchardt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. Der Bund beschließe, doch die Kommunen müssten bezahlen, kritisiert er.
Schuchardts Forderung Richtung Bund ist klar: Man erwarte vom Bund, dass er den Kommunen die Mehrbelastung „komplett und dauerhaft ersetzt“.
Mehrkosten landen bei den Kommunen
Nach der Rechnung der Bundesregierung könnte der Bund im kommenden Jahr rund 280 Millionen Euro einsparen Das klingt nach viel, doch die Kalkulation hinkt, meint Frank Düvell, leitender Wissenschaftler am Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien der Universität Osnabrück.
Die Kommunen müssten auch die Gesundheitskosten tragen, den Verwaltungsaufwand und das neue Personal, das eingearbeitet werden muss. „Und das bedeutet, dass so getan wird, als gebe es eine Einsparung“, sagt Düvell. , „Aber die ist entweder minimal oder schlägt sogar ins Gegenteil um, so dass man am Ende Mehrkosten hat, auf denen dann die Kommunen sitzen bleiben.“
Immerhin kann der Wissenschaftler Entwarnung geben bei einer anderen Sorge der Kommunen. Seit August dürfen junge ukrainische Männer zwischen 18 und 22 Jahren das Land verlassen, das war seit Kriegsbeginn verboten. Die Kommunen hatten also Sorge vor einer erneuten Überlastung ihrer Systeme.
Die Befürchtung sei auf den ersten Blick plausibel gewesen, sagt Düvell. „Aber wenn man hinter die Kulissen schaut, stellt man fest: Wir reden von maximal 10.000 Männern in drei Monaten.“ Das seien viel weniger als zunächst angenommen.
Integration könnte erschwert werden
Der sogenannte Rechtskreiswechsel – also der Übergang vom Bürgergeld zu Asylleistungen – macht aber nicht nur für die Kommunen einen großen Unterschied, sondern auch für die Ukrainerinnen und Ukrainer selbst. Durch ihre Zuordnung zum Bürgergeld hatten sie auch Zugriff auf eine umfassende Unterstützung bei der Arbeits- und Ausbildungssuche durch die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter.
Fallen sie aber in Zukunft unter das Asylbewerberleistungsgesetz, geht das nicht mehr. Und das könnte auch ukrainische Erfolgsgeschichten im deutschen Arbeitsmarkt zunichtemachen.
Aus der Ukraine sind in erster Linie Frauen nach Deutschland gekommen. Ihre Erwerbsquote liegt nach drei Jahren bei 51 Prozent „Das ist für diese drei Jahre ganz erstaunlich hoch und schnell“, sagt Migrationsforscher Düvell.
Große Verbundenheit mit Ukrainern
Zu denen, die gut angekommen sind, gehört die Familie Martseniuk. Seit fast vier Jahren lebt sie in Sachsen-Anhalt. Geflohen sind die Martseniuks aus einer Industriestadt rund 300 Kilometer von Kiew entfernt. „Mit der Zeit fühlen wir uns hier besser, wir können uns besser integrieren“; sagt Viktoria Martseniuk. „Mein Mann hat einen guten Job gefunden“, sagt die Mutter von fünf Kindern. Zwei ihrer Töchter studieren mittlerweile in Deutschland.
In den Städten und Kommunen ist die Solidarität mit den Ukrainern groß, sagt Schuchardt vom Deutschen Städtetag. „Es sind mittlerweile über 200 Städtepartnerschaften geknüpft worden, da läuft viel zwischenmenschlich, da läuft viel an Hilfe.“ Ob der Bund das auch finanziell wertschätzt, wird sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin zeigen.










