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Stand: 09.12.2025 05:14 Uhr
Der Streit um das Rentenpaket ist erstmal entschärft – hier geht es jetzt um die Details. Weitere Projekte drängen – etwa die Krankenkassenbeiträge. Was steht für die Bundesregierung bis Ende 2025 noch an?
Krankenkassenbeiträge
Kanzler Friedrich Merz hat in Aussicht gestellt, dass die Krankenkassenbeiträge für Millionen Versicherte zum 1. Januar 2026 nicht schon wieder steigen. Den Druck dafür mindern soll ein von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) eingebrachtes Sparpaket. Ziel ist es, zwei Milliarden Euro einzusparen, vor allem bei den Klinikvergütungen. Doch das bereits vom Bundestag beschlossene Gesetz steckt fest: Der Bundesrat schickte es in den Vermittlungsausschuss. Die Länder sehen die Krankenhäuser durch das Gesetz übermäßig belastet.
Die Zeit, hier noch Kompromisse zu finden, ist äußerst knapp. Warken mahnte schon, die Verzögerungen führten möglicherweise zu höheren Zusatzbeiträgen im kommenden Jahr. Auch die Krankenkassen stimmen ihre Mitglieder bereits auf höhere Beiträge ein – selbst wenn das Spargesetz noch durchkommt. Denn viele Kassen müssen ihre Reserven auf vorgeschriebene Mindestwerte auffüllen.
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, sagte im Bericht aus Berlin, selbst wenn das Sparpaket bis Ende Dezember noch durch den Bundesrat komme, sei dies „eigentlich für uns zu spät“, denn die Kassen müssten jetzt ihre Haushalte aufstellen. Im kommenden Jahr fehlten bereits rund zehn Milliarden Euro. Realistisch sei es daher, schon im nächsten Jahr mit einer Beitragssatzerhöhung zu rechnen, so Baas. „Im übernächsten Jahr werde es dann „noch schlimmer weitergehen“.
Derzeit liegt der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung, der zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern geteilt wird, bei 14,6 Prozent. Hinzu kommt ein Zusatzbeitrag, der von jeder Kasse individuell festgelegt wird. Warken wollte diesen mit ihrem Sparpaket im Schnitt im kommenden Jahr 2,9 Prozent begrenzen.
Heizungsgesetz
Es ist keine Reform, die sehr dringend ist – doch die Koalition kommt bei dem von der Ampel-Regierung geerbten Gebäudeenergiegesetz, dem sogenannten Heizungsgesetz, zunehmend unter Druck: Branchenverbände wollen Planungssicherheit und warnen vor Unsicherheiten für Verbraucher.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) solle technologieoffener, flexibler und einfacher werden. Doch wie hart soll der Schnitt werden? Differenzen scheint es in der Bundesregierung vor allem bei der zentralen Vorgabe zu geben, dass neue Heizungen nur eingebaut werden dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sowie bei den Übergangsfristen für Gasheizungen.
Beim Koalitionsausschuss am Mittwoch soll das Heizungsgesetz erneut auf der Tagesordnung stehen. Nach dem letzten Treffen dieser Runde Ende November blieb unklar, ob es hier Fortschritte gegeben hat.
Sparpaket für 2027
Zwar nicht bis Weihnachten, aber „um den Jahreswechsel“ wollen Merz, SPD-Chef und Finanzminister Lars Klingbeil sowie CSU-Chef Markus Söder eine Lösung für die Milliardenlücke in den Haushaltsplänen vorlegen. Zwar dürfte das Loch für 2027 inzwischen auf unter 20 Milliarden geschrumpft sein, doch das für die Folgejahre ist enorm. Gefragt ist ein Sparpaket, möglicherweise werden Förderprogramme und Subventionen gestrichen, Steuern erhöht. Das klingt nach Nachtsitzungen und heftigem Zoff – daher wird es Ergebnisse wohl frühestens im Februar/März geben.
Die nächsten Schritte beim Thema Rente
Auch nach der Verabschiedung ihres Rentenpakets im Bundestag stehen Union und SPD bei der Rente wohl schwierige Debatten bevor. Zunächst soll noch vor Weihnachten geklärt werden, wer genau in der Rentenkommission sitzt, die Vorschläge für eine Großreform der Alterssicherung ausbrüten soll.
Schon in der Besetzung liegt Konfliktstoff, sollen doch die streitanfälligen Koalitionsparteien dort repräsentiert sein – wohl inklusive der Jungen in der Union, die ihren Frust über die zuständige Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) nicht mehr verbergen können. Bas zumindest geht davon aus, dass die Junge Gruppe in der Kommission vertreten sein wird, wie sie in den tagesthemen sagte.
In der Kabinettssitzung am 17. Dezember könnte die Kommission eingesetzt werden. Dort kämen dann „alle Themen auf den Tisch“, sagte die Ministerin. „Da geht es um das Renteneintrittsalter. Da geht es um die Verbreiterung – wer soll einzahlen. Da geht es um Einkünfte. Und insofern wollen wir da keine Denkverbote vorgeben.“ Im Bericht aus Berlin deutete Bas an, dass sie sich vorstellen könne, den Renteneintritt mit der Zahl der geleisteten Beitragsjahre zu verbinden. „Ich finde die Idee grundsätzlich ganz gut“, sagte sie zu einer Empfehlung des Ökonomen Jens Südekum. Der Berater von Finanzminister Lars Klingbeil hält eine Koppelung des Renteneintritts an die Beitragsjahre für gerechter als eine Verbindung mit der Lebenserwartung.
Die bereits im Raum stehende Erwägung, etwa Rentenbeitrag auch auf Kapitalerträge zu erheben, dürfte in der Union aber auf Widerstand stoßen.
Bürgergeld
Eifrig gesprochen wird hinter den Kulissen derzeit auch noch über ein anderes, als große Reform angekündigtes Gesetzesvorhaben: die Reform oder – geht es nach der Union – Abschaffung des Bürgergelds. Die geplante neue Grundsicherung soll unter anderem durch schärfere Sanktionen Beziehende der staatlichen Leistung zum Handeln, zum Arbeiten, zur Befolgung der Regeln drängen.
Noch gibt es zwei reguläre Sitzungen des Bundeskabinetts, bei denen vor Weihnachten der Reformentwurf von Bas auf den weiteren Weg ins parlamentarische Verfahren gegeben werden könnte. Das ist geplant. Sicher scheint es noch nicht, dass es dieses Jahr klappt.
Eingefrorenes russisches Vermögen
Auch in der Außenpolitik gibt es noch größere Baustellen für den Kanzler. Am 18. Dezember will er beim EU-Gipfel in Brüssel eine Einigung über die Verwendung des in der EU eingefrorenen russischen Vermögens für die Unterstützung der Ukraine erzielen. Belgien, wo mit etwa 185 Milliarden Euro ein Großteil der Vermögenswerte vom Brüsseler Finanzinstitut Euroclear verwaltet werden, wehrt sich gegen die Pläne wegen finanzieller Risiken.
Ein Treffen des Kanzlers mit dem belgischen Ministerpräsidenten Bart De Wever und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangene Woche brachte noch keinen Durchbruch.
Europas größtes Rüstungsprojekt
Noch in diesem Jahr soll auch eine Entscheidung über Europas größtes Rüstungsprojekt fallen, das unter vier Buchstaben bekannt ist: FCAS. Sie stehen für „Future Combat Air System“. Das Luftkampfsystem soll von 2040 an einsatzfähig sein und den Kampfjet Eurofighter ablösen. Es ist vor allem ein Projekt von Deutschland und Frankreich, aber auch Spanien ist beteiligt. Es gibt aber seit Monaten massiven Ärger, vor allem weil das französische Unternehmen Dassault eine stärkere Rolle beansprucht, als es die Partner vertragen können.
Ein Scheitern würde nicht nur den deutsch-französischen Beziehungen massiv schaden, sondern auch der Idee, bei der Verteidigung des europäischen NATO-Gebiets stärker an einem Strang zu ziehen.










