Stand: 08.12.2025 16:47 Uhr
Mehrere Niederlagen in Folge – das ist für Fußballtrainer in der Bundesliga fast immer gefährlich. Doch wann wird der Trainer entlassen? Ein Karlsruher Forschungsteam kann mit einem neuen System berechnen, wann es so weit ist.
Wann entscheiden sich Vereine gegen den Trainer? Diese Frage hat ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit einem mathematischen Modell genau untersucht. Das Ziel: Sie wollen berechnen können, wann ein Verein wegen einer sportlichen Krise den eigenen Trainer entlässt. Das Ergebnis des Experiments hat das Forschungsteam in der Fachzeitschrift German Journal of Exercise and Sport Research veröffentlicht.
Das Forschungsteam hat sich zunächst die Bundesliga-Saison 2023/2024 genau angeschaut. Acht Trainer hatten ihren Job mitten in der Saison verloren. Und hier hat das Forschungsteam Muster gefunden. Dabei waren vor allem kurzfristige Leistungsschwankungen und das Momentum eines Teams für die Trainer-Entlassung entscheidend, also die aktuelle Energie und Dynamik im Team.
Modell berechnet Trainer-Entlassung
Das Forschungsteam hat versucht, dieses oft zitierte Momentum einer Mannschaft in einem mathematischen Modell abzubilden. Dabei geht es vor allem um den Punkt, wann eine sportliche Krise für den Verein zu bedrohlich wird und vor allem nicht zu den eigenen Ansprüchen und Erwartungen passt: „Es sind nicht die Niederlagen an sich, sondern es sind die enttäuschten Erwartungen. Unsere Idee war, das mathematisch zu beschreiben“, sagt der Sportpsychologe Darko Jekauc vom KIT.
Die Erwartungen an einen Verein hat das Forschungsteam aus dem Marktwert des Mannschaftskaders, Wettquoten und den Tabellenplatzierungen vergangener Saisons berechnet. Jekauc spricht von objektiven Erwartungswerten. Momentan habe man sehr viel mit subjektiven Meinungen zu tun. „Das, was wir jetzt entwickelt haben, sind objektive Indikatoren“, sagt er. Diese lieferten Hinweise, wie tief eine Mannschaft in der Krise steckt. Das Forschungsteam arbeitet schon länger mit dem Research Lab der TSG Hoffenheim zusammen und hatte dabei die Idee, sportliche Krisen möglichst messbar zu machen.
Berechnung mithilfe von Phi
Die aktuellen Ergebnisse des Teams sind wenig überraschend eine weitere wichtige Variable. Dabei hat das Forschungsteam darauf geachtet, dass das Ergebnis des letzten Spiels am stärksten bewertet wird, das vorherige Spiel dann nur noch etwa zur Hälfte, das Spiel zuvor nochmal deutlich geringer.
Für diese Gewichtung verwenden die Mathematiker eine Zahl, welche die meisten in der Schule kennenlernen. Die Zahl Phi, aus der sich auch der goldene Schnitt ergibt. Die Zahl spielt in Mathematik, Kunst und Architektur eine wichtige Rolle. Genau diese Zahl ist zufällig auch ein wichtiger Faktor, um sportliche Krisen von Fußballvereinen und die damit verknüpften Trainer-Entlassungen berechnen zu können.
In Zukunft sind auch Prognosen möglich
Das Forschungsteam hat das Modell bereits für die weitere Top-Fußballligen in Europa getestet: „Wir haben die Daten der letzten 20 Jahre, der fünf größten Ligen in Europa, angeschaut“, sagt Jekauc. Die Ergebnisse seien aber noch nicht alle veröffentlicht. Fast alle Trainer-Entlassungen konnte das Mathematik-Modell abbilden und berechnen.
In Zukunft lässt sich daraus ein Frühwarnsystem bauen, wann Fußballvereine wahrscheinlich den Trainer oder die Trainerin entlassen. Das klappt natürlich nur, wenn die Vereine weiter so handeln wie bisher. In den vergangenen fünf Bundesliga-Saisons haben aber immer im Schnitt zwischen fünf bis zwölf Trainer während der Saison ihren Job verloren.
Ergänzung zu Daten der Vereine
Die meisten Bundesliga-Vereine haben laut dem Karlsruher Forschungsteam bereits selbst eigenen Datenanalyse-Tools entwickelt, um den eigenen Leistungsstand zu erfassen: „Sie haben auch noch mal deutlich bessere Daten“, sagt Jekauc. Sie nutzen zum Beispiel einzelne Leistungsdaten der Spiele aus dem Training.
Das neue Mathemodell ist daher vor allem eine Ergänzung. „Vor allem viele Spielanalysten sind an diesem Thema sehr interessiert“, sagt Sportpsychologe Jekauc. Das neue Modell der Mathematiker zeigt auf jeden Fall, dass sich die Vereine bei den Trainer-Entlassungen sehr berechenbar verhalten. Der Fußball ist an dieser Stelle ein Stück weit vorhersehbar.










