Finanzen und Social Media Wie sicher sind Finanzratschläge auf TikTok & Co.?
Stand: 14.12.2025 13:44 Uhr
Sie erklären komplexe Geldthemen in wenigen Sekunden und versprechen finanzielle Freiheit: Finanz-Influencer, auch genannt Finfluencer. Aber wie verlässlich sind Finanztipps, die auf Social Media viral gehen?
Von Lena Leun, ARD-Finanzredaktion
„Finfluencer holen junge Menschen da ab, wo sie sind, nämlich in den sozialen Medien. Sie machen Finanzthemen niedrigschwellig und erklären schwierige Themen verständlich“, sagt Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen.
Sie hat sich ausführlich mit dem Thema Finfluencer und Verbraucherschutz beschäftigt und weiß, welche Chancen und Risiken im Finanzcontent liegen.
Social Media und Vertrauen
Warum vertrauen junge Menschen Finanzinhalten auf TikTok, Instagram oder YouTube? Eine Erklärung liefert Johannes Treu von der Internationalen Hochschule (IU) „Privatpersonen auf Social Media, sogenannte Finfluencer, wirken wesentlich authentischer. Sie treten auf wie Personen wie du und ich.“ Er hat an der Studie „Finanzielles Wohlbefinden: Stimmungslage in Deutschland“ der IU als fachlicher Experte mitgewirkt.
In der Studie gibt jede fünfte Person der 16- bis 30-Jährigen an, dass Social Media ihre finanziellen Entscheidungen beeinflusst. Danach wirken kurze Finanztutorials oder Lifestyle- und Trend-Empfehlungen auf die Gen Z mehr als doppelt so stark wie auf ältere Generationen.
Vertrauen entsteht durch Nähe
Aber auch das persönliche Umfeld spielt eine große Rolle bei Finanzentscheidungen: Über die Hälfte der 16- bis 30-Jährigen geben an, dass Vorbilder aus Familie oder Freundeskreis sie beim verantwortungsvollen Umgang mit Geld unterstützen. „Menschen vertrauen immer Personen und nicht Institutionen“, erklärt Experte Treu.
Neben Privatpersonen seien auch Finfluencer für junge Menschen solche Vertrauenspersonen, „während Bankberater eher Institutionen darstellen.“ Dieses Vertrauen entstehe, so Treu, durch ein Gefühl sozialer Nähe: „Und das schafft für den Follower das Gefühl von: Ja, ich kenne die Person und sie versteht meine Lebensqualität, sie ist wie ich.“
Wenn Likes in die Irre führen
Doch diese Attraktivität kann auch Gefahren mit sich bringen. Treu warnt: „Social Media ist sehr kurzfristig, sehr emotional in der Aufmachung und dabei nie korrekt differenziert oder hat einen langfristigen Charakter. Und das kann zu sehr vereinfachten oder übervereinfachten Ratschlägen führen.“
Treu betont, es gebe unvollständige Risikohinweise und irreführende Darstellungen von Vermögen und Renditen, die dazu führen können, dass junge Menschen Entscheidungen auf Basis falscher oder unvollständiger Informationen treffen. Ohne die Risiken und Konsequenzen wirklich zu verstehen.
Zudem erzeugt Social Media psychologischen Druck: „Da kommt schnelle ein Gefühl auf wie: Alle investieren in Krypto – und wenn ich nicht mitmache, verpasse ich etwas. Oder sogar: Wenn ich jetzt nicht investiere, bin ich selbst schuld.“ Solche Gedanken würden impulsive Entscheidungen verstärken und oft dazu führen, dass man eine deutlich höhere Risikobereitschaft zeige, als man eigentlich tragen könnte.
Warnsignale und Regulierungen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weist darauf hin, dass Anlagetipps auf sozialen Plattformen oft unzuverlässig sind. Viele Tippgeberinnen und Tippgeber würden sich nicht ausreichen auskennen. Hohe Likes, Followerzahlen oder positive Kommentare seien kein Gütesiegel. Wer auf private Messenger-Dienste geleitet werde, riskiere zudem, persönliche Daten preiszugeben. Manipulationen von Kursen, irreführende Werbung und Betrug seien häufig, besonders bei Kryptowerten und CFDs.
Expertin Peters nennt ein paar Indizien, an denen seriöse Finfluencer erkannt werden können: „Man sieht ein Impressum, man weiß wer dahintersteht und es wird offen gesagt, wenn Geld fließt. Zum Beispiel durch Werbung oder Affiliate Links. Inhalte sind dann in der Regel auch ausgewogen.“ Warnzeichen seien übertriebene Versprechen oder stark emotionalisierte Inhalte. „Also wenn Finfluencer hohe Renditen bei wenig Risiko versprechen. Auch wenn jemand sehr stark emotionalisiert, statt einfach zu erklären ist Vorsicht geboten.“
Für die Zukunft wünscht Peters sich mehr Regulierung: „Nötig sind klare Transparenzregeln. Also Kooperationen und finanzielle Interessen müssen klar sichtbar sein. Wer regelmäßig zu Themen wie Anlage spricht, sollte etwa Mindestkenntnisse nachweisen müssen. Plattformen sollten stärker darauf achten, riskante oder irreführende Finanzwerbung zu begrenzen.“
Chancen für mehr Finanzwissen
Trotz aller Risiken können die Inhalte von Finfluencern auch positive Seiten haben. Peters betont: „Der Content von Finfluencern kann auf jeden Fall ein guter Einstieg sein, um überhaupt erst mal Interesse fürs Thema Geld oder damit einhergehende Themen zu wecken.“
Auch weil Finanzbildung in vielen Schulen kaum verankert ist, bleibt der Weg zu solider Finanzkompetenz für viele junge Menschen verschlossen. Laut einer Befragung des Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV) halten 76 Prozent der Grundschullehrkräfte das Finanzwissen ihrer Schülerinnen und Schüler für unzureichend.
Vor diesem Hintergrund können Finfluencer eine wichtige – wenn auch komplementäre – Funktion übernehmen: Sie öffnen Finanzwissen für diejenigen, die im Unterricht leer ausgehen, und senken dadurch die Einstiegshürde.








