Stand: 15.11.2025 14:31 Uhr
Kaum Applaus für den Parteichef, viel für Kritiker: Kanzler Merz hat auf dem „Deutschlandtag“ für das Rentenpaket der Regierung geworben – aber die Junge Union bleibt beim Nein. Ist die Mehrheit im Bundestag in Gefahr?
Im Streit um das Rentenpaket der Bundesregierung hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) den Parteinachwuchs der Union aufgefordert, sich konstruktiv an der Debatte zu beteiligen: „Aber nicht, indem ihr sagt, was nicht geht“, sagte er beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union im südbadischen Rust.
Merz mahnte, er wolle keinen „Unterbietungswettbewerb“ um das niedrigste Rentenniveau. Damit gewinne man keine Wahlen. Er müsse als Parteivorsitzender „dafür sorgen, dass wir strukturell in der Bundesrepublik Deutschland mehrheitsfähig bleiben“.
Die Forderung der Jungen Union nach einer Überarbeitung des Rentenpakets aus dem SPD-geführten Bundessozialministerium wies Merz zurück. Er werde der Vorlage im Bundestag „mit gutem Gewissen“ zustimmen.
Zweifel an Berechnungen der Jungen Union
Der Kanzler äußerte zudem Zweifel an den Berechnungen der Jungen Union, denen zufolge die von der SPD gewünschte Festschreibung des Rentenniveaus über 2031 hinaus rund 120 Milliarden Euro kosten werden. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die Koalition noch eine umfassende Rentenreform erarbeiten werde, die die Kosten dämpfen wird.
Merz versicherte, die jetzige Bezugsgröße eines Rentenniveaus von 48 Prozent des Nettoeinkommens gelte nur bis 2031, wie dies im Koalitionsvertrag vereinbart sei. Für die Zeit danach müsse ein neues System unter Einbeziehung der drei Säulen gesetzliche Altersversorgung, private Altersversorgung und betriebliche Altersversorgung geschaffen werden.
Für seine Positionierungen im Rentenstreit erhielt Merz auf dem „Deutschlandtag“ der Jungen Union wenig, zum Teil auch gar keinen Applaus. Mit großem Beifall bedachten die Delegierten hingegen all jene Wortmeldungen, die das Rentenpaket kritisierten und eine Umkehr forderten.
Unionsnachwuchs sagt einhellig Nein zum Rentenpaket
Die Junge Union und auch die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag wollen das Rentenpaket nicht mittragen. Letztere hat im Bundestag 18 Mitglieder, die schwarze-rote Koalition aber nur einen Zwölf-Mandate-Vorsprung. Damit ist die Mehrheit ungewiss.
Die Junge Gruppe stößt sich an einer Formulierung in dem vom Kabinett und damit auch von Merz beschlossenen Rentengesetzentwurf, nach dem auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Sie moniert, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei und 118 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde.
„Dieses Rentenpaket ist so nicht zustimmungsfähig und wird keine Zustimmung bekommen können“, sagte ihr Vorsitzender Pascal Reddig auf dem „Deutschlandtag“. Alle JU-Landesverbände stellten sich auf dem „Deutschlandtag“ in einer Abstimmung hinter diese Position.
Zuvor hatte Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) vergeblich argumentiert, dass das mit der SPD ausgehandelte Rentenpaket insgesamt beschlossen werden sollte. Die Fraktionsspitzen hatten in den vergangenen Tagen bereits klargemacht, dass sie keine Änderungen wollen. Frei verwies auf die kommende Rentenkommission, in der eine von der JU geforderte grundlegende Reform des Systems beraten werden soll.
„Ohne Junge Union nicht Kanzlerkandidat“
Schon zum Auftakt des Treffens hatte JU-Chef Johannes Winkel gesagt, das beschlossene Rentenpaket dürfe auf keinen Fall kommen. Man müsse die SPD daran erinnern, wer die Bundestagswahl gewonnen habe. Der JU-Vorsitzende nahm dabei Merz in die Pflicht. Die Junge Union habe seit 2018 Merz‘ mehrfache Versuche unterstützt, CDU-Chef zu werden: „Ohne die Junge Union wäre Friedrich Merz nicht Parteivorsitzender und ohne Parteivorsitz ganz bestimmt nicht Kanzlerkandidat geworden.“
Unterstützung bekam die JU von CDU-Vize Michael Kretschmer. Die Kritik sei berechtigt, sagte Sachsens Regierungschef der Funke Mediengruppe. „Die derzeitige Rentenpolitik vergrößert das Problem.“ Auf die Frage, wie es dazu gekommen sei, verwies Kretschmer auf CSU und SPD: „Die CSU hat die höhere Mütterrente in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, und ein Ende der Rente mit 63 war mit der SPD nicht möglich.“
Klingbeil: „An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert“
Vize-Kanzler und Bundesfinanzminister Lars Kingbeil sprach sich unterdessen deutlich gegen erneute Änderungen am Rentenpaket aus: „Ich sage Euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert“, sagte der SPD-Bundesvorsitzende beim Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg in Ulm. „Wir stehen beim Thema Rente. Das werden wir im Bundestag verabschieden.“
Seine Partei habe in langen Debatten Kompromisse geschlossen, um die Rentengarantie durchsetzen zu können. Das Gesetz sei ohne jegliche Debatte im Kabinett beschlossen worden. „Was nicht geht, ist dann, dass danach egal wer aus den Fraktionen kommt und sagt: ‚Das passt mir aber nicht'“, so Klingbeil.









