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Stand: 05.10.2025 16:39 Uhr
Ein hochrangiger Vertreter des Bundesinnenministeriums war nach ARD-Informationen vergangenen Mittwoch in Kabul. Dort soll unter anderem über die Rückführung von Straftätern aus Deutschland gesprochen worden sein.
Es sollen Gespräche in angenehmer Atmosphäre gewesen sein. Gut und positiv seien sie verlaufen, sagte der Sprecher des Innenministeriums der Taliban, Abdul Mateen Qani, dem ARD–Studio Neu-Delhi. Wichtigstes Thema: Wie können künftig in Deutschland straffällig gewordene Afghanen zurückgenommen werden?
Dabei sei es auch um praktische Fragen gegangen wie den Transport, also die Flüge. Bisher waren abgeschobene Straftäter mit Charterflügen nach Kabul gebracht worden, zuletzt im Juli – was vergleichsweise teuer und aufwändig war. Als Alternative böten sich wohl Linienflüge mit Zwischenlandung an. Direkte Flüge zwischen Deutschland und Afghanistan gibt es derzeit nicht, dafür Verbindungen beispielsweise über Istanbul oder Dubai.
„Umgang nach den Regeln der Scharia“
An dem Treffen vergangenen Mittwoch nahm nach ARD-Informationen für die Taliban Mohammad Nabi Omari teil – ein hochrangiger Gesprächspartner mit einer bemerkenswerten Biografie. Omari ist Erster Stellvertreter von Sirajuddin Haqqani, dem Innenminister der Taliban.
Dieses Amt hat Omari seit Ende 2022 inne. Zuvor, von 2002 bis 2014, hatte er zwölf Jahre im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay verbracht, bevor er in einem Deal mit den USA zusammen mit vier weiteren Talibanführern gegen einen als Geisel gehaltenen US-Soldaten ausgetauscht wurde. Die deutsche Seite war bei dem Gespräch vertreten durch einen Referatsleiter aus dem Bundesinnenministerium, der für die Bundespolizei zuständig ist.
Die Rücknahme von afghanischen Straftätern aus Ländern wie Deutschland sei für die Taliban jedenfalls ein wichtiges Thema, hatte Taliban-Sprecher Qani bereits vor dem Treffen dem ARD-Studio Neu-Delhi gesagt.
„Afghanische Staatsbürger, die in anderen Ländern Straftaten begehen, sind dafür natürlich zunächst persönlich verantwortlich. Aber sie repräsentieren auch die die afghanische Nation“, so Qani. Deshalb schade das dem Ruf Afghanistans. „Wenn sie abgeschoben werden, werden wir von dem Land, das sie abschiebt, benachrichtigt. Sie werden dann dem afghanischen Innenministerium übergeben, und der Umgang erfolgt nach den Regeln der Scharia.“ Sie würden biometrisch erfasst und überwacht. „Wir nehmen diese Angelegenheit sehr ernst.“
Es gehe um die Würde der Abgeschobenen
Ein Umgang nach den Regeln der Scharia – das klingt zunächst so, als drohe den Abgeschobenen noch eine weitere Bestrafung in Afghanistan. Ein hoher Ministerialbeamter des afghanischen Außenministeriums hatte jedoch in einem Gespräch mit dem ARD-Studio Neu-Delhi Ende September in Kabul betont, die in Deutschland straffällig Gewordenen gälten in Afghanistan als unschuldig.
„Eine Verurteilung in eurem Rechtssystem hat für uns in Afghanistan keine Bedeutung“, sagte er wörtlich. Es gehe seiner Regierung vor allem darum, die Würde der abgeschobenen Afghanen zu bewahren.
Weitere Zusammenarbeit vereinbart
Was nun bei dem Gespräch in Kabul am vergangenen Mittwoch konkret herausgekommen ist, darüber schweigen sich beide Seite aus. Das Bundesinnenministerium bestätigte der ARD lediglich, dass es „technische Gespräche“ gegeben habe, ohne weitere Details zu nennen.
Bemerkenswert: Nach Angaben der Taliban ging es bei dem Treffen nicht nur um die Abschiebungen. Es sei auch über die „Drogenproblematik“ gesprochen worden, und über „Alternativen für den Lebensunterhalt“. Dabei ging es womöglich um afghanische Bauern, denen von den Taliban der Anbau von Opium verboten worden war und die nun nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen.
Welche Rolle Deutschland bei diesem Thema spielen soll oder kann – darüber gab es keine Informationen. Wichtig allerdings war für die Taliban zu betonen: Bei dem Treffen mit dem Vertreter von Bundesinnenminnister Alexander Dobrindt sei grundsätzlich eine weitere Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Innenministerien beider Länder vereinbart worden.