„Brandmauer-Strategie“ Wirtschaftsverbände diskutieren Haltung zur AfD
Stand: 24.11.2025 15:29 Uhr
Einige Wirtschaftsverbände wollen ihren Umgang mit der AfD überdenken. Der Verband Die Familienunternehmer gibt seine bisherige „Brandmauer-Strategie“ auf.
Wie sieht der richtige Umgang mit der AfD aus? Darüber ist unter Wirtschaftsverbänden erneut eine Debatte entbrannt. Denn der Verband Die Familienunternehmer gibt seine bisherige „Brandmauer-Strategie“ auf, wie das Handelsblatt heute berichtete. Danach ist das bisherige „Kontaktverbot“ aufgehoben.
Der Verband hat rund 6.500 Mitglieder. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen mindestens eine Millionen Euro Jahresumsatz erzielt und mindestens zehn Mitarbeiter hat. Für rund 180.000 Unternehmer sieht sich der Verband als Interessenvertretung.
Partei solle inhaltlich gestellt werden
„Im Kern geht es um die Interpretation, was die Brandmauer zur AfD überhaupt ist beziehungsweise was sie bezwecken soll“, sagte Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann der Zeitung. „Für uns war die Brandmauer eine totale Isolation der AfD“, die so weit ging, „dass wir AfD-Bundestagsabgeordnete prinzipiell nicht einluden“, fügte Ostermann hinzu. „Diese Art Kontaktverbot haben wir mit dem letzten Parlamentarischen Abend auf Bundesebene aufgehoben – in unseren Landesbereichen hat es diese Art der ‚Brandmauer‘ noch nie gegeben.“
Die Partei müsse inhaltlich gestellt werden. Die Sehnsucht nach ihr könnte nach Einschätzung des Verbands verfliegen, wenn deutlich gemacht werde, dass AfD-Politiker unterhalb „toller Überschriften“ oft „inhaltlich blank oder widersprüchlich“ seien. Das zeige sich aber nur im direkten Austausch.
Deutsche Bank kündigt offenbar Verträge
Darauf gab es nun die erste Reaktion: Die Deutsche Bank hat nach Informationen des Handelsblatts nach der Einladung von AfD-Vertretern zu einem Treffen des Verbands der Familienunternehmer in ihren Räumlichkeiten einen Vertrag für eine künftige Veranstaltung gekündigt. Das berichtete die Zeitung unter Verweis auf „mit dem Sachverhalt vertraute Personen“.
Die Veranstaltung sollte im kommenden Jahr erneut in der Berliner Repräsentanz der Deutschen Bank stattfinden. Die Vertragskündigung bestätigte die Bank laut Handelsblatt zunächst nicht offiziell. Zu der Einladung von AfD-Abgeordneten erklärte ein Sprecher lediglich, dass die Deutsche Bank „keine Kenntnis von der Gästeliste und auch keinen Einfluss darauf“ gehabt habe.
BVMW will Position erarbeiten
Der Verband Die Familienunternehmer stellt nicht als einziger die Strategie der „Brandmauer“ in Frage: Auch der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) verwies gegenüber dem Handelsblatt auf die hohen Umfrage- und Wahlergebnisse für die AfD. In der jüngsten Sonntagsumfrage des ARD-Deutschlandtrend vom 6. November lagen Union und AfD mit 27 und 26 Prozent nahezu gleich auf.
Diese Umfrage- und Wahlergebnisse „sprechen derzeit nicht dafür, dass die Strategie der Brandmauer erfolgreich funktioniert hat“, sagte Bundesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus. Er berichtet von einer „lebhaften“ Debatte in der mittelständischen Wirtschaft über die AfD. Sein Verband werde sich dazu „nicht wegducken und in seinen Gremien zeitnah eine Position erarbeiten“. Auf regionaler Ebene hätten in der Vergangenheit AfD-Vertreter „vereinzelt an Veranstaltungen des BVMW teilgenommen“, sagte er weiter.
Stiftung Familienunternehmen will Position nicht ändern
Gänzlich anders positioniert sich die Stiftung Familienunternehmen. Diese sieht keine Veranlassung, ihre Position zu extremen Parteien zu ändern, berichtete das Handelsblatt weiter. Vertreter der AfD oder der Linken würden nicht zu Veranstaltungen eingeladen, „weil deren Wertebasis in weiten Teilen nicht zu der von Familienunternehmen passt“, sagte Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer.
Die Programmatik der AfD gefährde das Familienunternehmertum in Deutschland. „Dies entbindet die Parteien der Mitte selbstverständlich nicht davon, endlich die großen Probleme in Deutschland entschiedener anzugehen“, fügte Kirchdörfer hinzu.
BDI warnt wiederholt vor Schaden durch die AfD
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte in der Vergangenheit mehrfach eindringlich vor der AfD gewarnt. So urteilte BDI-Präsident Peter Leibinger kurz nach seinem Amtsantritt und vor der letzten Bundestagswahl über das Wahlprogramm der in Teilen rechtsextremen Partei: „Das wäre katastrophal für die deutsche Wirtschaft.“ Das Letzte, was Deutschland brauche, sei eine Partei, die spaltet.








