Stand: 12.12.2025 14:22 Uhr
Territorialfragen sind der Knackpunkt bei den Gesprächen über ein Kriegsende in der Ukraine. Aus Sicht von Selenskyj soll darüber allein das Volk entscheiden. Die USA bringen dem Präsidenten zufolge nun eine Freihandelszone ins Gespräch.
Über mögliche Gebietsabtretungen an Russland soll allein das ukrainische Volk entscheiden. Das hat Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut betont, er bezog sich dabei auf die Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine und den diskutierten US-Plan. Die Ukrainerinnen und Ukrainer müssten „in Form von Wahlen oder in Form eines Referendums“ entscheiden, doch es müsse die Position des Volkes der Ukraine sein, sagte der Staatschef vor Journalisten. Viel hänge dabei von der Lage an der Front ab, betonte Selenskyj.
Der Kreml lehnte Selenskyjs Vorschlag ab. Das Gebiet sei russisches Territorium, sagte der außenpolitische Berater von Kremlchef Wladimir Putin, Juri Uschakow, der Agentur Interfax zufolge mit Blick auf die Annexion von 2022. Wenige Monate nach Beginn seines Angriffskrieges hatte Russland den Donbass – die Gebiete Donezk und Luhansk – sowie die Regionen Cherson und Saporischschja per Verfassungsänderung völkerrechtswidrig annektiert.
Russland verlangt für ein Abkommen Gebietsabtretungen und einen Rückzug ukrainischer Soldaten aus jenen Teilen des Donbass, die Kiew bislang noch kontrolliert. Und auch der US-Friedensplan sieht einen Abzug der ukrainischen Armee aus den noch gehaltenen Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk vor. Selenskyj hatte das in der Vergangenheit stets abgelehnt.
Vorschlag einer „freien Wirtschaftszone“
Die USA haben unterdessen Selenskyj zufolge eine weitere Idee ins Spiel gebracht. Der von der ukrainischen Armee kontrollierte Teil des Donbass-Gebiets im Osten des Landes könne zur „freien Wirtschaftszone“ erklärt werden. Die russische Seite solle laut dem Vorschlag nicht in dieses Gebiet vordringen, so der Präsident.
Selenskyj reagierte allerdings skeptisch und sagte, dass der Fairness halber umgekehrt die Frage erlaubt sein müsse: „Wenn sich die eine Seite zurückzieht, wie man es von den Ukrainern verlangt, warum zieht sich die andere Kriegspartei nicht um die gleiche Entfernung in die andere Richtung zurück?“
Die Bundesregierung zeigte sich zurückhaltend. „Wenn es um territoriale Fragen und um Sicherheitsgarantien geht, dann sprechen wir über den Kernbereich dessen, worum es aktuell geht“, sagte Kanzleramtsminister Thorsten Frei im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. „Und es sind Entscheidungen, die müssen letztlich der ukrainische Präsident und das ukrainische Volk treffen.“
Wie die Bild unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtet, will Selenskyj am Montag zu einem Treffen mit Bundeskanzler Friedrich Merz nach Berlin reisen. Geplant seien auch Gespräche im sogenannten E3-Format mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich.
Kiew besteht auf größerer Armee
Kiew besteht zudem auf einer Sollstärke der Armee von 800.000 Soldaten, wie Selenskyj weiter sagte. „Das ist die reale Stärke der heutigen Armee, das ist mit den Militärs abgestimmt.“ Dieser Punkt des aktuell 20 Punkte umfassenden Entwurfs sei damit hinreichend überarbeitet worden. In der im November bekannt gewordenen Variante des US-Plans war noch von einer Beschränkung auf 600.000 Soldaten die Rede gewesen.
Beobachter bezweifeln, dass die ukrainische Armee real noch über diese Soldatenzahl verfügt. Allein Angaben der Staatsanwaltschaft nach wurden seit Kriegsbeginn im Februar 2022 mehr als 300.000 Fälle von Fahnenflucht oder Fernbleiben von der Truppe registriert. Nach dem Rekordwert von mehr als 21.600 registrierten Fällen im Oktober hat die Behörde die Zahlen ab November der Geheimhaltung unterlegt. Vor dem Krieg hatte die Ukraine ein stehendes Heer von etwa 290.000 Soldaten.
Toter und Verletzte nach russischen Drohnenangriffen auf Pawlohrad
Unterdessen gehen die Angriffe weiter. In der ostukrainischen Industriestadt Pawlohrad wurde ein Mann bei russischen Drohnenangriffen getötet. Vier Menschen seien verletzt worden, teilte der geschäftsführende Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk Wladyslaw Hajwanenko bei Telegram mit. Fünf Wohnhäuser seien zudem in Brand geraten.
Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte das russische Militär 80 Drohnen unterschiedlichen Typs ein. 64 davon konnten demnach abgefangen werden.
Trump spricht von Treffen am Samstag
In den kommenden Tagen soll es weitere Anläufe in den europäischen Bemühungen geben, ein Ende des Krieges in der Ukraine zu erreichen. „Am Samstag findet ein Treffen statt, wir werden sehen, ob wir daran teilnehmen oder nicht“, sagte US-Präsident Donald Trump, ohne zu erwähnen, wer zu dem Gespräch eingeladen ist.
Eine Teilnahme von US-Vertretern will Trump von den Erfolgsaussichten bezüglich möglicher Fortschritte abhängig machen. „Wir werden am Samstag an dem Treffen in Europa teilnehmen, wenn wir denken, dass es eine gute Chance gibt. Wir wollen keine Zeit verschwenden, wenn wir es für negativ halten“, so der US-Präsident.








