Ein Einstieg, der das Wetter an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit thematisiert, nur um dann stimmungsmäßig zum eigentlichen Thema des Textes überzuleiten, gilt im Journalismus zu Recht als verpönt. In diesem Fall muss es aber sein.
Nach einem wolkenverhangenen Morgen kam in Nürnberg am vergangenen Sonntag gegen Mittag die Sonne raus. Pünktlich zum Heimspiel der Fußballmannschaft des 1. FC Nürnberg gegen die Hertha aus Berlin. Die Stimmung vor dem Max-Morlock-Stadion war heiter bis vorfreudig: Hunderte FCN-Fans saßen auf Bierbänken oder standen in kleinen Grüppchen zusammen, bei Bier und Drei im Weggla. Aber war da nicht was, etwa der schlechteste Zweitligastart der „Club“-Geschichte?
Tabellenletzter bei einem Punkt aus fünf Spielen und nur zwei erzielten Toren, dazu das DFB-Pokal-Aus gegen Viertligaklub Illertissen: Trainer Miroslav Klose war deshalb bereits in den Medien angezählt worden. „Klose-Krise“ hatten „Bild“ und „Kicker“ getitelt. Aber Kloses Chef, Sportvorstand Joti Chatzialexiou, war darauf selten eingegangen, und wenn, dann hatte er seinem Trainer demonstrativ den Rücken gestärkt, ja sogar eine Jobgarantie ausgesprochen.
Am sechsten Spieltag dann war dem 1. FCN der erste Saisonsieg gelungen, 2:1 daheim gegen kriselnde Bochumer, durch ein Tor in der letzten Spielminute. Nach dem Abpfiff hatte Miroslav Klose vor Freude geweint. Und vor Erleichterung. Kam jetzt der Aufschwung? So wie es in der vergangenen Saison der Fall gewesen war, als Kloses sehr junge Mannschaft, die auch in dieser Saison wieder die jüngste der Liga ist, nach Startschwierigkeiten in der Rückrunde fast im Aufstiegsrennen mitgemischt hätte. Am Ende reichte es für Platz zehn.

Joti Chatzialexiou, der davor für den DFB unter anderem als Nachwuchskoordinator gearbeitet hatte, kam im Sommer 2024 als Sportvorstand nach Nürnberg. Und er brachte eine neue Idee mit, wie der „Club“ sowohl finanziell gesunden als auch irgendwann wieder in die Bundesliga aufsteigen könnte: junge Talente entdecken, entwickeln und anschließend mit Gewinn verkaufen, um sich dann, natürlich so schnell wie möglich, eine Mannschaft leisten zu können, die zu den besten in der Liga gehört. In Miro Klose sah Chatzialexiou den richtigen Trainer, einen „akribischen Arbeiter, der Spieler besser machen kann“. Der ehemalige Weltklassespieler sollte jetzt ebensolche ausbilden.
25 Millionen Euro für Tzimas
Und das bewies er auf Anhieb, der beste Beleg: Stefanos Tzimas, als 18 Jahre altes, sehr rohes Sturmtalent von PAOK Saloniki ausgeliehen, erzielte zwölf Tore in 23 Spielen. Dem Premier-League-Klub Brighton war er 25 Millionen Euro wert. Neben Tzimas verkaufte der FCN unter anderem Jens Castrop (4,5 Millionen Euro, Borussia Mönchengladbach), Finn Jeltsch (10 Millionen Euro, VfB Stuttgart) und Caspar Jander (12 Millionen Euro, FC Southampton). Eine Menge Geld, dafür mussten fast alle Stützen des Erfolgs ersetzt werden.
Der große Umbruch dauerte seine Zeit. Chatzialexiou verpflichtete einige Spieler, gab andere ab, lieh dann wieder andere aus. Der FCN verzeichnete im Sommer 30 Transferbewegungen. Der finale Kader stand erst nach dem vierten Spieltag. An Platz sieben oder besser, dem von ihm vor der Saison ausgerufenen Saisonziel, hielt Chatzialexiou fest: „Das Recht, ambitioniert zu sein, habe ich mir herausgenommen.“ Der FCN müsse sportlich den nächsten Schritt machen. Auch wenn er einräumt: „Von der Bundesliga sind wir gerade relativ weit entfernt.“
Am vergangenen sonnigen Sonntag, dem siebten Spieltag, dauerte es dann keine 100 Sekunden, bis das erste Tor fiel. Allerdings für die Hertha. Kurz vor der Pause dann das 0:2, das den Nürnbergern den Stecker zog. Es fehlte an Energie und wie schon in den Spielen zuvor an Torgefahr, Zitat Klose: „Wir waren nicht gierig genug auf Tore.“ Ob die mangelhafte Offensive an Kloses Coaching oder doch eher an den Stürmern selbst und damit am Scouting von Chatzialexiou liegt, werden der Trainer und der Sportvorstand vielleicht unterschiedlich beurteilen. Gegen die Hertha hieß es am Ende 0:3, Relegationsplatz 16. Die „Klose-Krise“ war zurück.
Die Frage, ob Miroslav Klose der richtige Trainer sei, um das von ihm ausgerufene Saisonziel zu erreichen, beantwortet Chatzialexiou am Dienstag erst eher bejahend, gab dann in der Autorisierung der Antwort am Mittwoch aber folgende Sätze frei: „Miro hat die Qualität dazu, eine Mannschaft spielerisch weiterzuentwickeln. Am Ende spielen aber auch Ergebnisse eine Rolle.“
Ob Miroslav Klose im Falle einer Niederlage in Düsseldorf am Freitag (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur zweiten Fußball-Bundesliga und bei Sky) als Trainer des FCN in die zweiwöchige Länderspielpause geht, scheint ernsthaft infrage zu stehen. Laut Wetterbericht soll es jedenfalls in Nürnberg nach sonnigen Tagen unter der Woche ab dem Wochenende regnen. Aber das ist nur eine Prognose.