Wehrpflicht Union zweifelt an Freiwilligkeit – SPD verärgert
Stand: 06.10.2025 09:29 Uhr
Die Debatte über den Wehrdienst sorgt weiter für Ärger in der Koalition. Eigentlich soll die Bundeswehr personell zunächst über Freiwilligkeit stärker werden. Doch Kanzler Merz und CSU-Chef Söder zweifeln, dass das reicht.
Die Union macht Druck auf den Koalitionspartner SPD, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht wieder zu aktivieren. Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder äußerten Zweifel, dass eine Freiwilligkeit ausreichen werde, um mehr Soldaten für die Bundeswehr zu bekommen.
Merz sagte in der ARD-Sendung Caren Miosga: „Ich bin dafür, dass wir das machen, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben, nämlich vorläufig freiwillig. Aber ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben.“ Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Eine Pflicht soll darauf nur folgen, wenn Rekrutierungsziele nicht erreicht werden oder die Sicherheitslage höhere Zahlen nötig macht.
Ferner sprach sich Merz für ein „allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr in Deutschland“ aus. Dafür brauche es aber eine Grundgesetzänderung. Erst danach könnten auch Frauen einbezogen werden.
Söder: Keine „Wischiwaschi-Wehrpflicht“
Bayerns Ministerpräsident Söder hatte in der „Bild am Sonntag“ eine schnelle Rückkehr zur Wehrpflicht verlangt. „An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei. Halbe Sachen reichen nicht mehr. Eine Wischiwaschi-Wehrpflicht hilft niemandem“, sagte der CSU-Chef. Im Bericht aus Berlin der ARD kritisierte er auch, dass nicht genau festgelegt sei, wie viele Soldatinnen und Soldaten wann gebraucht würden.
Ähnlich äußerte sich der Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte. „Es mag zwar grundsätzlich löblich sein, auf Freiwilligkeit zu setzen, allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, ob dies wirklich gelingen kann und auch der Lage angemessen ist“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post.
Der Koalitionspartner SPD wehrt sich gegen die Kritik. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte dem Magazin Stern: „Wir haben uns in der Koalition gemeinsam auf einen klaren Weg verständigt: Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt.“ Er kritisierte die aktuelle Debatte: „Wer wieder und wieder Debatten aufwärmt, schwächt die Glaubwürdigkeit der Politik und verunsichert junge Menschen.“
Gelassener äußerte sich SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller. Verschiebungen bei Tagesordnungen seien keine Besonderheit, sagte die Verteidigungsexpertin der Rheinischen Post. Möller betonte: „Wir gehen davon aus, dass allen Beteiligten die Dringlichkeit einer Verabschiedung sehr bewusst ist und wir deswegen zügig zu einer ersten Lesung und dann auch zu einer Verabschiedung des Gesetzes vor Jahresende kommen.“ Die erste Lesung des Wehrdienstgesetzes im Bundestag war ursprünglich für den 9. Oktober angesetzt, wurde aber nun um eine Woche verschoben.
Generalinspekteur fordert schnelles Handeln
Der Generalinspekteur der Bundeswehr betonte, dass jetzt schnelles Handeln nötig sei, und pochte darauf, das geplante Gesetz zu verabschieden. „Wir brauchen schnell ein Aufwuchspotenzial. Ein Aufwuchspotenzial, was uns in die Lage versetzt, verteidigungsfähig zu sein und darüber auch abzuschrecken“, sagte Carsten Breuer im ARD-Morgenmagazin. Wichtig sei ihm, dass nicht noch einmal lange diskutiert werde, sondern dass man schnell in die Umsetzung komme.
Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche aktive Soldaten. Die NATO hält für die Truppe eine Größenordnung von insgesamt 260.000 Soldatinnen und Soldaten für erforderlich, um einem Angriff etwa Russlands standzuhalten.