
Stand: 14.10.2025 22:09 Uhr
Acht tote Geiseln hat die Hamas bislang übergeben – 28 sollten es sein. US-Präsident Trump fordert die Übergabe aller Getöteter. Und er stellt klar, dass er die Hamas entwaffnet sehen will.
US-Präsident Donald Trump hat die Terrormiliz Hamas aufgefordert, unverzüglich die von ihr zurückgehaltenen Leichen getöteter Geiseln an Israel zu übergeben. Nach der Rückkehr der 20 letzten lebenden Hamas-Geiseln sei die Arbeit „noch nicht beendet“, schrieb Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social. „Die Toten wurden nicht zurückgegeben – wie zugesagt.“ Unter Bezugnahme auf seinen Friedensplan für den Gazastreifen fügte er hinzu: „Phase zwei beginnt jetzt.“
Bei einem Treffen mit dem argentinischen Staatschef Javier Milei machte Trump zudem deutlich, dass er die Hamas entwaffnet sehen wolle – notfalls auch unter Einsatz von Gewalt. Er habe mit Vertretern der islamistischen Terrororganisation gesprochen, und sie hätten ihm zugesagt, dass sie die Waffen ablegen werden. „Und wenn sie sich nicht entwaffnen, werden wir sie entwaffnen, und das wird schnell und vielleicht gewaltsam passieren“, so Trump. Wen genau er mit „wir“ meinte, sagte er nicht. Die Entwaffnung solle „ziemlich, ziemlich schnell“ in einem „angemessenen Zeitraum“ erfolgen.
Geiseln und palästinensische Häftlinge freigelassen
Gemäß Trumps Plan wurden am Montag die verbleibenden 20 lebenden Geiseln, die während des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023 entführt worden waren, freigelassen. Israel ließ im Gegenzug fast 2.000 palästinensische Häftlinge frei. Allerdings hielt sich die Hamas nicht an die Vereinbarung, dass alle Geiseln am Montag an Israel übergeben werden sollten – die lebenden wie die toten.
Zwar hatten die Islamisten anfangs die sterblichen Überreste von vier Geiseln übergeben. Die Leichen von 24 Geiseln hielten sie aber zurück. Die Miliz begründete das damit, dass die Bergung Zeit in Anspruch nehme.
Am späten Dienstagabend nun wurden vier weitere getötete Geiseln zurückgegeben. Die israelische Armee teilte mit, vier Särge seien Mitarbeitern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ausgehändigt worden und diese seien auf dem Weg zur Übergabe an das Militär.
Auch Angehörige fordern Druck
Regierungsvertreter hätten geschockt und frustriert darauf reagiert, dass bislang nicht alle Geiseln ausgehändigt wurden, schrieb das Nachrichtenportal „ynet“ – auch wenn vorher klar gewesen sei, dass die Hamas eventuell nicht alle 28 Toten innerhalb der vereinbarten Frist am Montag zurückgeben könne. Israels Verteidigungsminister Israel Katz warf der Miliz einen Verstoß der Waffenruhe-Vereinbarung vor. Israel habe in dieser Frage „Fortschritte“ spätestens bis Dienstagabend gefordert, schrieb die „Times Of Israel“. Offizielle Angaben gab es dazu zunächst nicht.
Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge teilte Israel mit, der Grenzübergang Rafah bleibe vorerst geschlossen und die Hilfslieferungen in den Gazastreifen würden reduziert. Damit sollte der Druck auf die Hamas erhöht werden, die Leichen der Geiseln herauszugeben.
Auch Angehörige der freigelassenen Geiseln fordern, den Kampf bis zur Rückführung der letzten getöteten Geiseln aus dem Gazastreifen fortzusetzen. Der Vater des am Montag freigelassenen Omri Miran sagte vor Journalisten in einem Tel Aviver Krankenhaus, man habe „die moralische Pflicht“, die anderen Familien weiter zu unterstützen.
45 tote Palästinenser übergeben
Im Rahmen der Vereinbarung übergab Israel unterdessen die Leichen von 45 Palästinensern. Die sterblichen Überreste seien mit Hilfe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in den Gazastreifen gebracht worden, hieß es aus medizinischen Kreisen in dem Küstenstreifen.
Im Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens sollten nun Gentests zur Identifizierung der Leichen vorgenommen werden. Danach sollten die Familien ihre toten Angehörigen beisetzen können.
Angriff in Gaza-Stadt
Die Sorge bleibt, dass die mühsam ausgehandelte Waffenruhe schnell bröckeln könnte: Trotz der Waffenruhe meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am morgen einen israelischen Drohnenangriff in der Stadt Gaza. Drei Menschen seien getötet worden. Die Drohne habe das Feuer auf Menschen im Viertel Schedschaija eröffnet, schrieb Wafa unter Berufung auf Informationen aus medizinischen Kreisen des Küstengebiets.
Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, mehrere Personen hätten sich israelischen Stellungen genähert und eine Bedrohung für die Soldaten dargestellt. Dies sei eine Verletzung der Vereinbarung über die Waffenruhe. Da sich die Personen auch auf mehrmalige Aufforderung nicht zurückgezogen hätten, sei das Feuer eröffnet und „die Bedrohung beseitigt“ worden. Die Armee rief die Bevölkerung des Küstenstreifens erneut auf, sich nicht israelischen Stellungen zu nähern.
Noch offen ist, wer den Gazastreifen künftig verwalten soll. Derzeit demonstriert die Hamas wieder Stärke. Dort, wo sich das israelische Militär zurückgezogen hat, sieht man wieder vermehrt uniformierte, vermummte Hamas-Kämpfer. Auf öffentlichen Plätzen richtete die Terrororganisation offenbar mehrere Personen hin. Es sollen Kollaborateure gewesen sein, die mit dem israelischen Militär zusammengearbeitet haben.
Mit Informationen von Julio Segador, ARD Tel Aviv