
Stand: 14.10.2025 19:46 Uhr
Im vergangenen Jahr trennte sich die AfD von ihrer radikalen Jugendorganisation. Nun steht die Gründung einer neuen Parteijugend bevor. Was unterscheidet sie von ihrer Vorgängerin?
In den vergangenen Jahren hat es immer wieder laut geknarzt zwischen der AfD und ihrer früheren Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA). Sie galt als radikaler als die AfD selbst, wurde vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ beobachtet, vernetzte sich mit anderen rechtsextremen Organisationen und vor allem: Sie ließ sich von der Mutterpartei nur ungern etwas sagen.
Beispielsweise hat die AfD für die einzige Frau im früheren JA-Bundesvorstand eine Ämtersperre in der Partei gefordert, weil sie der AfD zu radikal ist. Vor diesem Hintergrund war es keine Überraschung, dass die AfD bei ihrem Parteitag in Riesa im vergangenen Jahr die Trennung von der JA beschlossen hat, die Junge Alternative hat sich daraufhin in diesem Frühjahr aufgelöst.
Jetzt kommt die „Generation Deutschland“
Eine Jugendorganisation ist für die AfD aber wichtig, gerade weil viele Menschen unter 30 sie wählen. Die JA war in den sozialen Medien sehr aktiv und hat es geschafft, Jugendliche schon früh zu binden. Insofern steht eine neue Organisation für alle zwischen 14 und 36 Jahren bereits in den Startlöchern.
Ende November soll im hessischen Gießen die „Generation Deutschland“ gegründet werden unter dem Motto „Zeit für deine Zukunft“. Lange stand als Arbeitstitel „Patriotische Jugend“ im Raum, der Name „Generation Deutschland“ sei jetzt aber geeint, heißt es aus Parteikreisen. Allerdings muss er in Gießen beim Gründungstreffen noch abgestimmt werden, genauso wie das Logo oder die Farben, die benutzt werden sollen.
Um neue Mitglieder zu gewinnen, hat die AfD in den vergangenen Monaten alle Parteimitglieder unter 36 Jahren angeschrieben und das Interesse an der neuen Jugendorganisation abgefragt. Mehr als 1.500 sollen sich daraufhin zurückgemeldet haben.
Enger an der AfD als früher
Bei der „Generation Deutschland“ will die AfD von Anfang an einiges anders machen. Im Statut der Jugendorganisation wird die „Generation Deutschland“ klar als Parteijugend der AfD benannt. Das war bei der JA anders, sie war ursprünglich ein eigenständiger Verein, der erst später von der AfD adaptiert wurde – auch deswegen hatte die Partei so wenig Einflussmöglichkeit auf die JA.
Als Zweck der „Generation Deutschland“ wird die Verbreitung von AfD-Parteiprogramm und -Gedankengut definiert, organisatorische oder „sonstige Loyalitätsbindungen“ zu anderen Organisationen sind untersagt.
Das Jugendstatut ist in vielen Punkten eng verknüpft mit der Bundessatzung der Partei. Dadurch erhält die AfD eine Möglichkeit durchzugreifen, wenn etwas gegen den Willen der Partei geschieht. Außerdem ist die „Generation Deutschland“ an die Unvereinbarkeitsliste der AfD gebunden, die Jugendorganisation hat gleichzeitig keinerlei Einflussmöglichkeit auf diese Liste. Auch das war bei der JA anders.
In der Frage, ob die „Generation Deutschland“ finanziell autonom sein wird, scheint noch Bewegung zu sein. In der aktuellen siebten Version des Statuts, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, wird die Jugendorganisation als „rechtlich unselbständige Teilorganisation“ bezeichnet, was eher dagegensprechen würde.
Der neue Vorsitzende – noch radikaler?
Spannend ist die Frage, ob durch die engere Anknüpfung der Jugendorganisation an die Partei auch die Durchlässigkeit in wichtige AfD-Ämter noch einfacher wird. Im aktuellen AfD-Bundesvorstand sitzen gleich zwei frühere JA-Funktionäre, Dennis Hohloch und Hannes Gnauck, beide aus Brandenburg.
Auch der wahrscheinlich neue Bundesvorsitzende der „Generation Deutschland“ kommt aus Brandenburg: Jean-Pascal Hohm will sich zur Wahl stellen für den Vorsitz der Parteijugend. Der heute 28-Jährige war schon 2014 erster Vorsitzender der Jungen Alternative Brandenburg. Hohm ist bekannt für sein Engagement bei „Pegida“ und seine Verbindungen zu den rechtsextremen Organisationen „Ein Prozent“ und „Identitäre Bewegung“. Wegen letzterer verlor er 2017 kurzzeitig einen Job in der AfD-Landtagsfraktion, machte aber dennoch in der Partei Karriere und wurde 2024 in den Brandenburger Landtag gewählt.
Auch ein paar frühere JA-Funktionäre wollen bei der neuen Organisation wieder eine Spitzenposition bekommen, zum Beispiel Eric Engelhardt. Er sieht durch das neue Statut bessere Möglichkeiten, sich zu vernetzen: „Unsere Stimme als Jugend wird in Zukunft ein stärkeres Gewicht erhalten, da jedes Mitglied der Jugendorganisation zugleich Mitglied der Partei sein muss. Das kann durchaus positiv gesehen werden.“ Auch Carolin Lichtenheld aus Thüringen will dabei sein, sie gilt als bekennende Anhängerin von Björn Höcke und verbreitet in den sozialen Medien ausländerfeindliche Inhalte.
Demos gegen Gründung geplant
Schon vor der Gründung der neuen Parteijugend üben verschiedene Schüler- und Jugendorganisationen teils scharfe Kritik. Beispielsweise der 16-jährige Anton Festag, der sich bei „Schülis gegen Rechts“ engagiert, einem Zusammenschluss von Schülerinnen und Schülern gegen die Normalisierung von Rechtsextremismus an Schulen. Er meint, egal wie die neue AfD-Jugendorganisation heißen wird, „es sind und bleiben dieselben Faschisten“, man müsse „für eine demokratische, antifaschistische Zukunft aufstehen“.
Unterstützung kommt von der Berliner Lehrerin Denise Ney, sie engagiert sich in der Lehrkräftefortbildung und beklagt den zunehmenden Rechtsextremismus an Schulen: „Doch statt uns Lehrkräfte massiv bei der Demokratiebildung zu unterstützen, nimmt die Bundesbildungsministerin gerade die Projekte in diesem Bereich ins Visier, streichen Kultusministerien in den Ländern Förderungen für demokratische, queere und diskriminierungssensible Bildung.“
Gegen die Gründung der „Generation Deutschland“ Ende November in Gießen sind schon einige Demonstrationen geplant. Bei der Stadt wurden bisher drei Versammlungen angemeldet, zum Beispiel vom Aktionsbündnis „widersetzen“. Es plant, die Anreise zur Veranstaltung so lange wie möglich zu blockieren. Die Organisatoren rechnen mit insgesamt rund 9.000 Gegendemonstranten, beim Polizeipräsidium Mittelhessen wurde ein Vorbereitungsstab eingerichtet.