
Haftstrafe für Benko Das erste Verfahren von vielen
Stand: 15.10.2025 21:00 Uhr
Der Signa-Gründer Benko ist zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Der Prozess hat einen ersten Einblick in das Vorgehen des Ex-Milliardärs gegeben. Doch das ist der Anfang: Gegen ihn und andere Beschuldigte laufen weitere Verfahren.
Von David Freches, ARD Wien
„Sie sind die Chefin“, sagt René Benko im bis auf den letzten Platz gefüllten Schwurgerichtssaal zur Richterin Andrea Wegscheider. Die hatte Benko zuvor in den Saal gebeten und gefragt, wo er sich zur Urteilsverkündung hinsetzen möchte. Die Richterin lässt den in die Pleite gerutschten Signa-Gründer neben seinem Verteidiger Platz nehmen und gibt dann ihre Entscheidung bekannt. Benko wird wegen betrügerischen Bankrotts schuldig gesprochen und muss zwei Jahre in Haft.
„Die Strafhöhe ist ordentlich ausgefallen“, sagt Investigativjournalist Sebastian Reinhart. Er begleitet die Karriere von Signa und Benko schon lange. „Es ist ein Etappensieg für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.“ Damit meint er: Benko wurde nur in einem Anklagepunkt schuldig gesprochen.
Das „System-Benko“
Die Richterin war überzeugt davon, dass der Unternehmer versucht hatte, 300.000 Euro im Rahmen seiner Insolvenz beiseitezuschaffen. Diese Summe hat er nach einer Schenkung von seiner Mutter an eben diese zurücküberwiesen. Der Richterin zufolge sei das ohne erkennbaren Grund passiert. Und weil die Überweisung im Herbst 2023 erfolgte, also in einer Phase, in der die finanziellen Probleme schon erkennbar waren, ergibt sich für die Richterin folgendes Bild: Benko ging es darum, die Liquidität zu sichern – nicht bei ihm selbst, aber bei jemand anderem.
Im zweiten Anklagepunkt wurde Benko freigesprochen. Dabei ging es um eine Mietkostenvorauszahlung von 360.000 Euro über vier Jahre für eine Villa der Benkos, die über verschiedene Gesellschaften läuft und – vereinfacht gesagt – auch über die Mutter. Im Gegenzug gab es für Benko ein Jahr mietfreies Wohnen. Die Zahlung sei verhältnismäßig gewesen, sagte die Richterin.
Die sechs Zeugenaussagen hätten trotzdem gezeigt, wie das „System-Benko“ funktionierte, sagt Investigativjournalist Reinhart. „Vor allem aus dem heutigen Tag ist sehr deutlich geworden, wie die internen Machtstrukturen aufgeteilt waren.“ Man habe den Finanzchef gehört und einen Geschäftsführer von der Signa-Holding – „und sie haben alle mit dem Finger auf René Benko gezeigt“, so Reinhart.
Entscheidende Zeugenaussage von Ex-Manager
Die entscheidende Zeugenaussage von einem Ex-Signa-Manager lässt sich so zusammenfassen: Die Idee zur Vorauszahlung im Mietvertrag kam von Benko, der Entwurf für die entsprechenden Konditionen im Vertrag kam von ihm, alle Entscheidungen gingen über seinen Schreibtisch. Von Benkos Mitarbeitern soll es demnach nur das Abnicken und die entscheidende Unterschrift gegeben haben. Gegen den Ex-Manager selbst wird in einem anderen Signa-Verfahren als Beschuldigten ermittelt.
Solche Verfahren gibt es viele: Gegen Benko und andere Signa-Beschuldigte laufen rund ein Dutzend Verfahren. Es geht um den Vorwurf des Betruges, der Untreue oder verdeckten Vermögensverlagerungen. Und um die Frage, wie viel Geld womöglich noch für die Gläubiger zu holen ist.
Im Prozess heute ging es um das Konkursverfahren von Benko als Einzelunternehmer. Die „großen Signa-Forderungen“ spielten daher keine Rolle. Aber was die privaten Forderungen an Benko betrifft, wurde Klartext gesprochen. Klaus Schaller vom Kreditschutzverband in Tirol vertritt mehrere Gläubiger im Insolvenzverfahren von Benko und auch im Verfahren gegen diverse Gesellschaften der Signa-Gruppe. „Die Erwartungen der Gläubiger sind im Moment überschaubar“, so Schaller. Überschaubar bedeutet in dem Zusammenhang: Für die Gläubiger von Benko dürfte wahrscheinlich nichts mehr zu holen sein.
Benko nahm Urteil regungslos zur Kenntnis
Benko selbst hat das Urteil regungslos zur Kenntnis genommen. Sein Verteidiger Norbert Wess betont: „Herr René Benko ist ein Kämpfer und findet sich, worauf ich stolz bin, mit jeder Situation zurecht.“ Dass er allerdings mit dem Urteil nicht einverstanden sei, sei klar, sagte Wess – mehr könne er dazu nicht sagen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Benko und sein Verteidiger haben drei Tage Zeit, Einspruch einzulegen.