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Begehrtes Edelmetall Warum der Goldpreis über 4.000 Dollar gestiegen ist
Stand: 08.10.2025 10:56 Uhr
Gold wird immer teurer, der Preis pro Feinunze hat ein neues Rekordhoch erreicht. Was steckt hinter der hohen Nachfrage? Und ist ein weiterer Anstieg zu erwarten?
Der Goldpreis hat seine seit Monaten anhaltende Rekordrally einmal mehr fortgesetzt und nun die nächste runde Marke geknackt. In der vergangenen Nacht kostete eine Unze (etwa 31,1 Gramm) des Edelmetalls zum ersten Mal überhaupt mehr als 4.000 Dollar. Im frühen Handel kletterte der Goldpreis heute sogar bis auf über 4.050 Dollar und erreichte damit ein weiteres Rekordhoch.
Politische Krisen als Treiber
Seit Ende 2024 verteuerte sich das Edelmetall bereits um rund 53 Prozent, es steuert auf den höchsten Anstieg in einem Jahr seit 1979 zu. Damit sticht Gold die meisten anderen Anlageklassen aus. Selbst der Bitcoin, dessen Preis vor wenigen Tagen auf ein Rekordhoch von mehr als 125.000 Dollar gestiegen ist, kann da nicht mithalten. Im laufenden Jahr hat der Goldpreis bereits die zweite Tausender-Marke geknackt – im März war er auf über 3.000 Dollar gestiegen.
Gold gilt bei vielen Investoren in politisch unsicheren Zeiten als „sicherer Hafen“. Fachleute führen den aktuellen Anstieg dementsprechend auf politische Krisen zurück – etwa die teilweise Schließung der Regierungsgeschäfte („Shutdown“) sowie die Verschuldung in gigantischer Größenordnung in den USA.
Zum Vergleich: Im Jahr 2000 lag die Schuldenquote der Vereinigten Staaten bei rund 57 Prozent. Binnen 25 Jahren hat sie sich mehr als verdoppelt. Und wenn es dem US-Präsidenten Donald Trump gelingen sollte, all seine „Make America Great Again“-Pläne und Steuererleichterungen in die Tat umzusetzen, dürfte sich die finanzielle Lage in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen.
Werterhalt spielt eine wichtige Rolle
„Der Goldpreis profitiert aktuell von einer Kombination aus geopolitischen Risiken, politischer Unsicherheit in den USA und einem stabilen charttechnischen Umfeld“, erklärt IG-Analyst Salah-Eddine Bouhmidi. Devisenexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank sieht vor allem die Rücktritte der Premierminister in Frankreich und Japan als ausschlaggebend.
Viele Anlegerinnen und Anleger machen sich Sorgen, wie es um die finanzielle Stabilität der Staaten bestellt ist. Und sie reagieren, indem sie ihr Geld umschichten und Staatsanleihen verkaufen. Doch warum kaufen sie ausgerechnet Gold?
Der Werterhalt sei ein entscheidender Faktor, sagt Jochen Stanzl von CMC Markets, im Gespräch mit der ARD-Finanzredaktion. „Ich konnte mir in den 1940er-Jahren von einem Gramm Gold einen guten Anzug kaufen. Das kann ich heute immer noch tun. Und wenn ich damals 100 Dollar hatte, komme ich heute nicht mehr weit.“
Große Notenbanken kaufen Gold
Hinter der seit Jahren anhaltenden Rally steckt darüber hinaus die Erwartung weiterer Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve. Da Gold selbst keine Zinsen abwirft, wird es bei sinkenden Zinsen für die Investoren wieder attraktiver. Ein neues Interesse an goldgedeckten ETF-Börsenfonds, ein schwächerer Dollar und eine robuste Verbraucher-Nachfrage befeuern den Aufwärtstrend des Metalls zusätzlich.
Und dann sind da noch die anderen großen Notenbanken, die Gold kaufen und damit den Preis in die Höhe treiben. Für die türkische Notenbank etwa ist das Edelmetall so etwas wie ein Inflationsschutz, eine Maßnahme gegen die Geldentwertung im Land. Außerdem gibt es auch Notenbanken, die gezielt gegen die bisherige US-Dominanz auf dem Devisenmarkt vorgehen wollen. Viele von ihnen haben noch große Dollar-Bestände.
Sie wollen sich lieber breiter aufstellen und sich unabhängiger machen vom Dollar, sagt der Ökonom Martin Lück gegenüber der ARD-Finanzredaktion. „Allen voran tut das die chinesische Zentralbank ganz massiv und das treibt natürlich auch die Nachfrage nach Gold.“ Und nicht nur die Nachfrage nach Gold, sondern damit auch den Goldpreis. An dem Trend dürfte sich in nächster Zeit wenig ändern.
Käufer haben Angst, etwas zu verpassen
So erwartet Sarah Schalück von der apoBank noch weitere Anstiege: „Die rasant steigende Verschuldung vor allem in den USA, das Infragestellen der Unabhängigkeit der US-Notenbank, die historisch hohen Goldkäufe der Zentralbanken und die global anhaltenden geopolitischen Spannungen sind ein Cocktail, der den Goldpreis auch in den kommenden Wochen und Monaten strukturell stützen dürfte.
Mancher Käufer habe auch einfach Angst, etwas zu verpassen, heißt es bei den Banken. Vor diesem Hintergrund haben führende Geldhäuser wie Goldman Sachs und UBS ihre Preisprognosen bereits angehoben. Auch Ricardo Evangelist, Analyst bei ActivTrades, hält daher weitere Gewinne für möglich, verweist aber auch auf Gewinnmitnahmen nach der jüngsten Rallye, die den Preis in den technisch überkauften Bereich gedrückt hat.
„Die Versuchung, um die 4.000-Dollar-Marke herum Gewinne mitzunehmen, stellt ein potenzielles kurzfristiges Risiko dar“, betont auch Tim Waterer, Marktanalyst bei KCM Trade. Im Windschatten von Gold legen derweil heute auch andere Edelmetalle zu: Der Preis für Silber stieg um 1,3 Prozent, Platin und Palladium verteuerten sich um mehr als zwei Prozent.