Vorstoß von Kassenärzte-Chef Drei Euro pro Arztbesuch? Idee stößt auf breite Ablehnung
Stand: 29.12.2025 15:30 Uhr
„Unsozial“, „neue Bürokratie“: Der Vorschlag, bei Arztbesuchen eine Kontaktgebühr zu verlangen, stößt bei Politikern und Verbänden auf scharfe Kritik. Menschen mit geringem Einkommen könnten vom Arztbesuch abgeschreckt werden, so der Einwand.
Patientenvertreter und Verbände weisen Rufe nach neuen oder höheren Gebühren für Praxisbesuche und Klinikaufenthalte scharf zurück. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es gehe dabei nicht um Patientensteuerung, „sondern um Kasse machen“. Qualität spiele dabei keine Rolle, es werde für mittelmäßige Leistungen viel Geld ausgegeben.
Der Nachrichtenagentur dpa sagte Brysch: „Patienten und gesetzlich Krankenversicherte sind schon jetzt die Melkkühe der Nation“. Zusatzbeiträge, Zuzahlungen, Eigenbeteiligungen und Selbstzahlerleistungen spülten jährlich mehrere zehn Milliarden Euro in die Kassen auch der ambulant-ärztlichen Versorgung.
Belastung von Versicherten und Arztpraxen
Ebenfalls in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe warnte Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, vor einer abschreckenden Wirkung von Gebühren auf Menschen mit geringem Einkommen. Notwendige Behandlungen würden dann verschoben und dadurch am Ende teurer.
„Anstatt Behandlungen niedrigschwellig und unbürokratisch zu gestalten, führen Praxisgebühren zu einer zusätzlichen Belastung von Versicherten und Arztpraxen“, sagte Rock.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hatte sich in der Bild-Zeitung für eine Kontaktgebühr für Praxisbesuche ausgesprochen, die bei drei oder vier Euro liegen könnte. Die Klinikbranche brachte eine Verdoppelung der Zuzahlungen für Krankenhausaufenthalte ins Gespräch.
„Unsozial und ineffektiv“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, sagte der Rheinischen Post drei oder vier Euro pro Arztbesuch steuerten weder sinnvoll in die richtige Versorgung noch senkten sie spürbar Ausgaben. „Sie produzieren vor allem neue Bürokratie“, sagte Dahmen. Der SPD-Gesundheitspolitiker Christos Pantazis nannte die Vorschläge in den Funke-Zeitungen „unsozial, ineffektiv und gesundheitspolitisch falsch“.
Der Sozialverband Deutschland nannte Forderungen nach einer Kontaktgebühr für Arztbesuche unsolidarisch und sozial ungerecht. „Sie würde besonders chronisch kranke Menschen und Menschen mit geringem Einkommen treffen, die auf eine verlässliche medizinische Versorgung angewiesen sind“, sagte Vorstandschefin Michaela Engelmeier.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen kritisierte, der stete Ruf aus der Ärzteschaft nach einer Extra-Gebühr nur dafür, dass man überhaupt Kontakt zu einem Arzt oder einer Ärztin habe, sei ein offenkundiges Ablenkungsmanöver. „Statt über Reformen zu sprechen, die dann auch die Ärzteschaft betreffen würden, wird auf die Patientinnen und Patienten verwiesen“, sagte Sprecher Florian Lanz.








