Generationengerechtigkeit Wenn das Aufstiegsversprechen nicht mehr gilt
Stand: 10.12.2025 10:13 Uhr
Durch Arbeit, Bildung und Fleiß zu mehr Wohlstand – zig Generationen hat genau das angetrieben. Doch für viele junge Menschen greift das große Versprechen vom sozialen Aufstieg heute nicht mehr.
Trotz guter Ausbildung, Studium oder Job glauben viele junge Menschen nicht, dass es ihnen später mal besser gehen wird als den eigenen Eltern. Das wird deutlich, wenn man sich in der jungen Generation umhört.
Der 25-jährige Lexi beschreibt seine aktuelle finanzielle Situation als angespannt und ist auch mit Blick auf seine Zukunft skeptisch: „Meine Eltern sind in einer anderen Zeit groß geworden, mit anderen Aussichten. Sie konnten das Studium durchziehen, haben schnell einen Job gefunden, konnten sich alles selbstständig aufbauen. Ich sehe diese Möglichkeiten für mich so nicht.“
Nur Minderheit glaubt an Aufstieg
Auch eine Studie des Ludwig-Erhard-Forums, bei der 1.000 Bürger und Bürgerinnen befragt wurden, zeigt, dass 41 Prozent der befragten 18- bis 25-Jährigen nicht daran glauben, dass sie es durch Fleiß und harte Arbeit in Deutschland einmal besser haben können als die Elterngeneration.
Nur 16 Prozent der Befragten sind hingegen noch absolut davon überzeugt, dass der soziale Aufstieg gelingen kann. Zu der Erkenntnis kommt Professor Stefan Kolev. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Ludwig-Erhard-Forums und untersucht in regelmäßigen Abständen das Wohlstands-Gefühl junger Menschen.
Er führt diese Entwicklung in erster Linie auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland zurück: „Die Rahmenbedingungen, die wir jungen Menschen zur Verfügung stellen, sind nicht unbedingt gut. Wenn wir uns anschauen, wie ist es um den Sozialstaat oder die Verschuldung im Land bestellt ist, dann haben junge Menschen Gründe, unzufrieden zu sein.“
Falsches „Preis-Leistungs-Verhältnis“ im Staat?
Außerdem sei das, wie Kolev es nennt, Preis-Leistungs-Verhältnis des deutschen Staates in einem Ungleichgewicht: „Das heißt, welche Preise beziehungsweise Steuern verlangen wir den Menschen ab? Und welche Leistungen bietet der Staat mit Blick auf Infrastruktur, Deutsche Bahn, Bildung oder Gesundheit an? Und dieses Preis-Leistungs-Verhältnis hat sich in den letzten 20 Jahren verschlechtert.“
Ronja Ebeling, Jugend-Expertin und Unternehmensberaterin, weist zwar darauf hin, dass der Lebensstandard junger Menschen heute häufig besser ist als jener der Eltern- und Großeltern-Generation im gleichen Alter. Auch die Möglichkeiten, Materielles wie Kleidung oder Statussymbole wie Autos zu erwerben, sei heute häufig leichter. Dennoch sei vor allem das Erreichen von Wohneigentum und finanziellen Spielräumen für viele nicht darstellbar.
Junge Menschen denken über Auswanderung nach
Diese Entwicklung führe bei jungen Menschen häufig zu Ernüchterung, so Kolev. Seiner Studie zufolge haben ein Drittel der Befragten schon mal darüber nachgedacht, Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen zu verlassen. Ebenfalls ein Drittel gibt an, dass sich die Motivation, sich mit den eigenen Fähigkeiten einzubringen und das Land voranzubringen, in den vergangenen drei Jahren nachgelassen habe.
Kolev warnt vor gravierenden Folgen: „Entweder man verlässt Deutschland oder man bleibt in Deutschland, aber man zieht sich in so eine Art innere Migration zurück. Und diese innere Migration bedeutet, dass man nicht besonders aktiv ist in der Zivilgesellschaft oder in der Wirtschaft, dass man sich in so eine Art Schneckenhäuschen zurückzieht und sagt, ich mache Dienst nach Vorschrift.“
Wo sind die Perspektiven?
Auch wenn es noch immer viele junge Menschen im Land gibt, die hoch motiviert sind, hart arbeiten und Chancen ergreifen, fordert Kolev vor allem die Bundesregierung dazu auf, diese Entwicklung ernst zu nehmen und gegenzusteuern. Es gehe darum, wieder Wachstum zu erzeugen und vor allem junge Menschen davon zu überzeugen, dass die Wachstumsperspektive des Landes eine sehr viel bessere als die aktuelle ist.
Auch Ebeling betont, wie wichtig es sei, jungen Menschen wieder mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu geben. „Wenn sie das Gefühl haben, aus eigener Kraft etwas bewirken oder erreichen zu können, dann motiviert sie das und hält gesund.“ In erster Linie müsse deshalb über den Arbeitsmarkt, das Rentensystem und über Innovationen gesprochen werden. Ansonsten drohe Deutschland wichtige Leistungsträger und Nachwuchskräfte zu verlieren.









