
Stand: 14.10.2025 21:48 Uhr
In der Wehrdienst-Debatte hatten Unterhändler von Union und SPD eine Einigung erzielt – doch die ist nun wohl vorerst hinfällig. Medienberichten zufolge gab es in der SPD-Fraktion Widerstand. Eine Pressekonferenz wurde abgesagt.
Die Einigung der Koalition auf Änderungen des geplanten Wehrdienstmodells ist übereinstimmenden Medienberichten zufolge vorerst gescheitert. Eine gemeinsame Pressekonferenz von Union und SPD wurde kurzfristig abgesagt. Eigentlich sollten dort Details zu den Plänen bekannt gegeben werden.
Doch bei der SPD gab es wohl Widerstand gegen das Losverfahren, das die Union vorgeschlagen hatte. Es sollte greifen, wenn sich zu wenige Freiwillige für die Bundeswehr melden. Ein Sprecher der Unionsfraktion sagte: „Wir haben die Pressekonferenz abgesagt, weil die beabsichtigte Einigung ausgeblieben ist. Wir hatten fest damit gerechnet.“
Widerstand bei SPD-Fraktionssitzung
Zuvor hatte es eine Verständigung zwischen Unterhändlern von Union und SPD gegeben. Fachpolitiker beider Seiten hatten Ergänzungen zu dem von Verteidigungsminister Boris Pistorius vorgelegten Gesetz ausgehandelt, dazu zählte das umstrittene Losverfahren.
Der Nachrichtenagentur dpa zufolge gab es in der SPD-Fraktionssitzung dann aber heftige Diskussionen. Vor allem Pistorius selbst soll nicht zufrieden mit dem Kompromiss gewesen sein. Ob das Gesetz wie geplant am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wird, ist nun nach Angaben beider Seiten wieder offen.
Röttgen kritisiert Pistorius
Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen äußerte später scharfe Kritik an Pistorius. „Ich habe es in über 30 Jahren Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag noch nie erlebt, dass ein Bundesminister in seinem eigenen Verantwortungsbereich ein wichtiges Gesetzgebungsverfahren frontal torpediert und die eigene Fraktion ins Chaos stürzt“, sagte der CDU-Politiker der Süddeutschen Zeitung. Röttgen hatte den Kompromiss zusammen mit den Bundestagsabgeordneten Siemtje Möller, Falko Droßmann (beide SPD) und Thomas Erndl (CSU) ausgehandelt.
Debatte über Freiwilligkeit
In der koalitionsinternen Debatte geht es um die Frage, ob der geplante neue Wehrdienst ausschließlich auf die freiwillige Rekrutierung setzen soll, wie es Pistorius vorgeschlagen hatte, oder ob bereits Pflichtelemente im Gesetz enthalten sein sollen. In der Union gibt es Zweifel, dass auf rein freiwilliger Basis genügend Personal für die Bundeswehr rekrutiert werden kann.
Am Wochenende hatten Medien über die mögliche Einführung eines Losverfahrens im aktuellen Entwurf des Wehrdienstgesetzes berichtet und dabei aus Fraktionskreisen zitiert. Die Idee: Wenn es nicht genügend Freiwillige gibt, soll unter denjenigen, die den Fragebogen ausfüllen mussten, gelost werden, wer gemustert und gegebenenfalls zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet wird.
Zudem soll Pistorius den Berichten zufolge Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötigt. Sie würden als Kriterien für die etwaige Nutzung von Pflichtelementen herangezogen.
Mehrstufiges Verfahren geplant
Koalitionskreisen zufolge war von den Unterhändlern nun ein mehrstufiges System vorgesehen, das sich am dänischen Modell anlehnt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Alle männlichen Vertreter eines Jahrgangs müssen einen Fragebogen zum Wehrdienst beantworten und können sich freiwillig für mindestens sechs Monate melden.
Finden sich hier nicht genug Freiwillige, wird im zweiten Schritt in dem Jahrgang gelost. Die Ausgelosten sollen zunächst gezielt überzeugt werden, freiwillig zu dienen. Führt auch dies nicht zum Ziel, müsste der Bundestag in einem dritten Schritt einen Beschluss fassen und die Fehlenden zwangsweise einziehen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte rechtliche Bedenken gegen ein Losverfahren zuletzt zurückgewiesen. Die Union habe ein Rechtsgutachten dazu in Auftrag gegeben, nach dem eine solche Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, sagte er. Ein Losverfahren diene dazu, in einem Auswahlprozess Gleichheit herzustellen. „Der Prozess der Auslosung gewährleistet diese Gleichheit, weil alle die gleiche Chance haben oder Nicht-Chance, gezogen zu werden“, so Hoffmann.
Mit Informationen von Dietrich Karl Mäurer, ARD-Hauptstadtstudio