Kriminalitätsstatistik in NRW: Deutsch ist, wer einen deutschen Pass hat

Kriminalitätsstatistik in NRW Deutsch ist, wer einen deutschen Pass hat

Meinung | Düsseldorf · In NRW soll künftig bei deutschen Tatverdächtigen auch eine etwaige zweite Staatsangehörigkeit erfasst und ausgewertet werden. Damit steht NRW bundesweit allein da. Warum der Schritt kein Problem löst und einen Irrweg vorzeichnet.

NRW-Innenminister Herbert Reul (Archivfoto).

NRW-Innenminister Herbert Reul (Archivfoto).

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Was heißt es, Deutscher oder Deutsche zu sein? Im dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte stand diese Frage im Mittelpunkt der NS-Propaganda. „Deutschen Blutes“ musste man sein und einen sogenannten Ariernachweis vorlegen können, um nicht entrechtet, deportiert oder ermordet zu werden. Blond und blauäugig – das ist heute kein Kriterium mehr. Ein Blick ins Grundgesetz lohnt immer, auch bei dieser Frage. Deutsch sei, „wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt“, heißt es in dem etwas verquasten, aber doch eindeutigen Artikel 116. Wer einen weiteren Pass hat, ist trotzdem Deutscher, wie alle anderen auch. Erste und zweite Klasse sieht die Verfassung nicht vor.

Trotzdem will Nordrhein-Westfalen künftig in der Kriminalitätsstatistik bei deutschen Doppelstaatlern die andere Staatsangehörigkeit gesondert ausweisen. Wer also zum Beispiel auch die türkische, syrische oder israelische Staatsangehörigkeit hat, gilt dann nicht mehr nur als Deutscher, sondern auch als Türke, Syrer oder Israeli. Der Bund bleibt bei der bisherigen Zählweise, auch aus anderen Bundesländern kommt bisher kein Zuspruch.

Neue Kriminalitätsstatistik in NRW erklärt nichts besser

Die neue Statistik erklärt eigentlich nichts besser als vorher, denn es ist ja nicht die Staatsangehörigkeit, die zu Kriminalität führt. Und gerade dieses Bundesland im Herzen Europas war doch immer ein Land der Zuwanderung. Die fiktive Vita von Fernsehkommissar Horst Schimanski ist zwar nicht ganz eindeutig, aber typisch: geboren in Stettin oder Breslau, aufgewachsen in Duisburg. Die Polen, die Türken, die zum Arbeiten kamen und ihre Familien mitbrachten, haben das Land geprägt.

Das Grundgesetz lässt keinen Zweifel daran, wer Deutscher ist. Einen weiteren Fingerzeig gibt Artikel 3, der unabhängig von der Staatsangehörigkeit festhält: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Dass NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) für Recht und Ordnung stehen will, lässt sich nicht kritisieren – aber sein Statistik-Erlass löst kein einziges Problem und atmet nicht den Geist der Verfassung. Gerade ein Innenminister, der ja auch Verfassungsminister ist, sollte nicht einer völkischen Deutung der Wirklichkeit Vorschub leisten.

Related posts

Kriminalitätsstatistik in NRW Deutsch ist, wer einen deutschen Pass hat

Meinung | Düsseldorf · In NRW soll künftig bei deutschen Tatverdächtigen auch eine etwaige zweite Staatsangehörigkeit erfasst und ausgewertet werden. Damit steht NRW bundesweit allein da. Warum der Schritt kein Problem löst und einen Irrweg vorzeichnet.

NRW-Innenminister Herbert Reul (Archivfoto).

NRW-Innenminister Herbert Reul (Archivfoto).

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Was heißt es, Deutscher oder Deutsche zu sein? Im dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte stand diese Frage im Mittelpunkt der NS-Propaganda. „Deutschen Blutes“ musste man sein und einen sogenannten Ariernachweis vorlegen können, um nicht entrechtet, deportiert oder ermordet zu werden. Blond und blauäugig – das ist heute kein Kriterium mehr. Ein Blick ins Grundgesetz lohnt immer, auch bei dieser Frage. Deutsch sei, „wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt“, heißt es in dem etwas verquasten, aber doch eindeutigen Artikel 116. Wer einen weiteren Pass hat, ist trotzdem Deutscher, wie alle anderen auch. Erste und zweite Klasse sieht die Verfassung nicht vor.

Trotzdem will Nordrhein-Westfalen künftig in der Kriminalitätsstatistik bei deutschen Doppelstaatlern die andere Staatsangehörigkeit gesondert ausweisen. Wer also zum Beispiel auch die türkische, syrische oder israelische Staatsangehörigkeit hat, gilt dann nicht mehr nur als Deutscher, sondern auch als Türke, Syrer oder Israeli. Der Bund bleibt bei der bisherigen Zählweise, auch aus anderen Bundesländern kommt bisher kein Zuspruch.

Neue Kriminalitätsstatistik in NRW erklärt nichts besser

Die neue Statistik erklärt eigentlich nichts besser als vorher, denn es ist ja nicht die Staatsangehörigkeit, die zu Kriminalität führt. Und gerade dieses Bundesland im Herzen Europas war doch immer ein Land der Zuwanderung. Die fiktive Vita von Fernsehkommissar Horst Schimanski ist zwar nicht ganz eindeutig, aber typisch: geboren in Stettin oder Breslau, aufgewachsen in Duisburg. Die Polen, die Türken, die zum Arbeiten kamen und ihre Familien mitbrachten, haben das Land geprägt.

Das Grundgesetz lässt keinen Zweifel daran, wer Deutscher ist. Einen weiteren Fingerzeig gibt Artikel 3, der unabhängig von der Staatsangehörigkeit festhält: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Dass NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) für Recht und Ordnung stehen will, lässt sich nicht kritisieren – aber sein Statistik-Erlass löst kein einziges Problem und atmet nicht den Geist der Verfassung. Gerade ein Innenminister, der ja auch Verfassungsminister ist, sollte nicht einer völkischen Deutung der Wirklichkeit Vorschub leisten.

Next Post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RECOMMENDED NEWS

FOLLOW US

BROWSE BY CATEGORIES

Welcome Back!

Login to your account below

Retrieve your password

Please enter your username or email address to reset your password.