Image: Murena
Wer heute ein Tablet erwirbt, hat in der Regel nur die Wahl zwischen Teufel und Belzebub. Entweder legt er sich eines mit Android zu und lässt sich dann von Google und dem Hersteller des Tablets über die Schulter schauen oder er kauft sich ein iPad und bindet sich damit an Apple.
Es gibt zwar bereits einige alternative Betriebssysteme wie Lineage-OS und Graphene-OS, die einen besseren Schutz der Privatsphäre versprechen. Für die meisten Anwender haben sie aber den gravierenden Nachteil, dass man dafür ein geeignetes Endgerät benötigt und das System dann auch noch selbst installieren muss. Das ist nicht nur aufwendig, sondern birgt auch das Risiko, das Tablet dabei zu „bricken“ (in einen nutzlosen „Ziegelstein“ zu verwandeln).
Tablet auf Pixel-Basis
Seit diesem Jahr bietet aber der französische Hersteller Murena erstmals ein eigenes Privacy-Tablet an, das man fix und fertig im Onlineshop des Unternehmens bekommt. Das Betriebssystem e/OS basiert auf Android und wird von Murena bereits seit mehreren Jahren immer weiter entwickelt.
Der Hersteller hat Android dabei nicht nur einfach portiert, sondern alle Funktionen entfernt, die Daten an Google übertragen.
Außerdem hat er einige zusätzliche Funktionen eingebaut, die dem Nutzer einen besseren Schutz seiner Privatsphäre versprechen. Murena bietet e/OS zum kostenlosen Download oder vorinstalliert auf einer Reihe von Smartphones an.
Als Hardware nutzt das französische Unternehmen Pixel-Tablets von Google, die seit dem Sommer 2023 verfügbar sind und die von Murena vor dem Weiterverkauf wiederaufbereitet wurden.
Sie sind mit einem 10,9 Zoll großen LC-Bildschirm mit einer Auflösung von 2560 × 1600 Pixeln ausgestattet. Beim Prozessor handelt es sich um einen Tensor G2 mit acht Kernen, der von 8 GByte RAM sowie einer Mali-G710-MP7-GPU begleitet wird.

Murena bietet neben Tablets auch Smartphones und eine eigene Groupware-Lösung in der Cloud mit hohem Datenschutz an.
Murena
Vorne und hinten hat das Tablet je eine 8-MP-Kamera. Dazu kommen Wi-Fi 6 (ax) sowie Bluetooth 5.2. Für die meisten Aufgaben reicht die Leistung noch immer aus. Einen Test der Google-Pixel-Hardware finden Sie hier.
Murena verkauft das Tablet in zwei Versionen. Das Modell mit 128 GByte internem Speicherplatz kostet 579 Euro, das mit doppelt so viel Speicher 20 Euro mehr.
Zum Kaufpreis kommen noch Versandkosten nach Deutschland hinzu, die bei knapp 30 Euro liegen. Ein Schnäppchen ist das Tablet damit nicht. Gebrauchte Pixel-Tablets mit Android sind laut der Preisvergleiche-Webseite Idealo aber kaum günstiger.
Neuigkeiten in e/OS 3.0
Das ursprünglich auf dem Tablet installierte Android hat Murena mit e/OS ersetzt. Das bemerkt man bereits direkt nach dem Einschalten an einem kurzen Warnhinweis des Bootloaders.
Anfang Juni hat das Unternehmen dann die e/OS-Version 3.0 veröffentlicht, die wir auch gleich auf unserem Testgerät installierten. e/OS 3.0 bietet eine Reihe von Verbesserungen. So hat der Hersteller die integrierten Jugendschutz-Optionen erweitert, die in den Einstellungen unter „Elternaufsicht“ zu finden sind.
Nach dem Aktivieren lassen sich die Bildschirmzeit begrenzen sowie der Zugriff auf unerwünschte Apps sperren. Diese Einstellungen lassen sich gegen Veränderung schützen, indem man entweder ein Passwort oder einen PIN-Code einrichtet.
Außerdem hat das Unternehmen die mitgelieferte Advanced-Privacy-App um neue Berichtsfunktionen erweitert und die Standortverschleierung verbessert.
Noch im Betastadium befindet sich der ebenfalls neue Murena Vault. Diese basiert wiederum auf Nextcloud und bietet neben dem Ende-zu-Ende-verschlüsselten Vault weitere Funktionen wie E-Mail, Kalender, Dateien, Kontakte, Aufgaben und Notizen.
Enthalten ist außerdem die Onlinevariante von Onlyoffice. Jeder Tabletbesitzer erhält 1 GByte Cloud-Speicherplatz gratis. Mehr Platz bietet das Unternehmen ab 1,99 Euro im Monat.
Spezielle Privacy-Funktionen
Wer sich ein ausgewiesenes Privacy-Tablet zulegt, will natürlich genau wissen, wie diese Funktionen aussehen. Zum einen hat Murena, wie bereits erwähnt, die Google-Telemetrie komplett entfernt.
Die für viele Apps benötigten Google-Dienste ersetzt das Unternehmen mit dem quelloffenen Nachbau Microg. Das funktioniert so gut, dass sich selbst Apps wie Google Maps auf dem Murena-Tablet installieren und ausführen lassen.
Lounge für neue Apps
Zur Installation neuer Apps bringt das Tablet die sogenannte App Lounge mit. Das ist ein von Murena entwickelter Appstore, der als Proxy für den Play Store von Google agiert.

Die App-Lounge bietet drei Möglichkeiten, um auf den Play Store zuzugreifen: Wie unter Android mit einem Google- Konto, im anonymen Modus oder beschränkt auf freie Apps.
IDG
Wer will, kann sich mit seinem Google-Konto in der App Lounge anmelden. Das ist etwa nötig, wenn man Bezahl-Apps kaufen will. Viel interessanter ist aber der optionale anonyme Modus, der Google keine Daten preisgibt.
Die App Lounge hält die installierten Anwendungen nicht nur aktuell, sie informiert auch über eventuell enthaltene Tracker.
Exodus für Datenschutzinfos
Dazu haben die Entwickler den Privacy-Dienst Exodus integriert. Dieser analysiert die Apps und erstellt daraus einen Datenschutzscore von eins bis zehn. Je höher der Wert ist, desto weniger Tracker hat der Dienst in der App entdeckt.
Diese Angaben sind aber nicht perfekt, da Exodus zum Beispiel nicht bewerten kann, ob ein Unternehmen heimlich Nutzerdaten weiterverkauft. Aber sie sind ein Anhaltspunkt.
Advanced Privacy gegen Tracker

Die von Murena entwickelte Advanced-Privacy-App blockiert versteckte Tracker nicht nur, sie listet in ihren Statistiken auch genau auf, welche Anwendung sie wann und wie oft verwendet hat.
e Foundation
Das größte Schmankerl auf dem Tablet ist aber die e/OS-eigene App Advanced Privacy.
Sie blockiert nicht nur in den Apps versteckte Tracker, sondern führt auch genau Buch darüber. So lässt sich herausfinden, welche installierten Apps besonders mitteilungsfreudig sind und mit wem sie Daten teilen.
Das lässt sich sogar individuell konfigurieren, falls man bestimmte Tracker erlauben will. Außerdem kann Advanced Privacy den echten Standort verschleiern. Gesammelte Geolokalisierungsdaten werden damit nutzlos.

Die optionale Standortverschleierung gaukelt allen oder auch nur ausgewählten Apps auf dem Tablet einen anderen Standort vor, um so Tracker auf eine falsche Fährte zu führen.
IDG
Damit die Standortverschleierung nicht Apps für etwa Wetter oder Navigation durcheinanderbringt, lässt sich auch hier einzeln einstellen, bei welchen Anwendungen sie aktiv sein soll.
Die dritte Funktion von Advanced Privacy dient dazu, die eigene IP-Adresse zu verschleiern. Dazu baut die App eine Verbindung ins TOR-Netzwerk auf.