
Geplante Reform Warken will Apotheken stärken – Kritik von Verbänden
Stand: 18.10.2025 12:15 Uhr
Die geplante Apothekenreform nimmt Gestalt an. Gesundheitsministerin Warken will die Rolle der Apotheken in der Gesundheitsversorgung stärken und ihr Angebot ausweiten. Doch die Pläne stoßen sowohl bei Ärzten als auch bei Apothekern auf Kritik.
Nach den Plänen von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sollen Kunden und Kundinnen künftig ein größeres Angebot in Apotheken vorfinden. Das Ministerium gab dazu nun zwei Entwürfe in die regierungsinterne Abstimmung. Sie sehen vor, dass es in Apotheken künftig mehr Leistungen geben soll – von Impfungen über Vorsorge bis zu weiteren Medikamenten auch ohne ärztliches Rezept. Es sind auch mehr Flexibilität bei Öffnungszeiten und Anforderungen an den Betrieb von Zweigstellen vorgesehen.
Impfungen in Apotheken geplant
Für Patientinnen und Patienten soll sich vor allem das Leistungsangebot der Apotheken erweitern. Unter anderem sollen Apotheken künftig neue Leistungen zur Vorbeugung und Früherkennung anbieten können – etwa für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und rund ums Rauchen. Neben Impfungen gegen Grippe und Corona sollen alle Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen möglich sein – also etwa auch gegen Tetanus oder Virusinfektionen, die Zecken übertragen (FSME).
Wie bei Corona-Tests in der Pandemie sollen Patienten auf Selbstzahlerbasis Schnelltests auf bestimmte Erreger bekommen können – etwa auf Influenza, Noro- oder Rotaviren. Das soll Infektionsketten schneller unterbrechen.
In bestimmten Fällen sollen Apotheken zudem auch verschreibungspflichtige Medikamente ohne sonst nötige ärztliche Verordnung abgeben können. Gehen soll das zum einen, wenn Patienten ein bekanntes Langzeitmedikament nehmen. Erlaubt werden soll dann unter bestimmten Voraussetzungen die einmalige Abgabe der kleinsten Packung. Das gilt auch bei „akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen“, dazu soll es einen Katalog dieser Erkrankungen geben. Patienten müssten das Medikament selbst bezahlen. Und Apotheken könnten ihnen für den Arbeitsaufwand bis zu fünf Euro pro Medikament berechnen.
Weiterbildung für PTA
In weiteren Punkten ist vorgesehen, die Apotheken insgesamt zu stärken. Das Gründen von Zweigapotheken soll erleichtert werden, indem bestimmte Anforderungen entfallen. Für abgelegene Regionen mit deutlich eingeschränkter Versorgung sollen so Anreize für mehr Standorte gesetzt werden.
Auch für pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten (PTA) gibt es Änderungen. Unter Aufsicht des Apothekers oder der Apothekerin beraten sie Kunden und Kundinnen und geben Arzneimittel aus. Künftig sollen sie mehr Verantwortung übernehmen können. Vorgesehen ist, dass sie sich mit einer zweijährigen Weiterbildung dafür qualifizieren können, befristet die Apothekenleitung zu vertreten. Möglich sein soll das in der Regel für bis zu 20 Tage im Jahr und höchstens für zehn Öffnungstage am Stück.
Eine Apothekenreform hatte sich schon die Ampelkoalition vorgenommen, konnte sie aber nicht mehr umsetzen. Kernpunkte der geplanten Maßnahmen hatte Warken bereits beim Apothekertag im September vorgestellt. Zu einem Zeitplan, wann die vorliegenden Maßnahmen von Bundesregierung und Bundestag beschlossen sein sollen, wollte sich das Ministerium auf Anfrage nicht äußern.
Hausärzteverband spricht von Irrweg
Der Hauptgeschäftsführer des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, Markus Beier, kritisierte das Vorhaben. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe sprach er von einem „Irrweg“. So werde man weder die Versorgung verbessern noch die Hausarztpraxen entlasten. Die Reform werde stattdessen die Patientensicherheit gefährden und „für mehr Chaos in unserem ohnehin schon überkomplexen Gesundheitswesen sorgen“, erklärte Beier.
Gerade bei verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Antibiotika müssten Sorgfalt und Sicherheit Priorität haben, so Beier. Ob eine Erkrankung unkompliziert sei oder nicht, könne nur durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt werden. „Wer so krank ist, dass er ein verschreibungspflichtiges Medikament braucht, der muss auch zwingend eine Ärztin oder einen Arzt sehen!“
Unverständnis bei Apothekerverband
Kritik gab es auch von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). ABDA-Präsident Thomas Preis betonte die schwierige Lage für die Apotheken: In den vergangenen zehn Jahren hätten rund 20 Prozent aller Apotheken schließen müssen. Dadurch würden auch die Wege für Patientinnen und Patienten immer weiter. „Trotz aller unserer Warnungen zu dieser dramatischen Entwicklung hat das Bundesgesundheitsministerium in seinen Plänen zu einer Apothekenreform keine wirksame wirtschaftliche Stärkung der Apotheken eingeplant.“
Mit großem Unverständnis reagierte Preis auch auf die geplante Weiterqualifizierung der PTA: „Die umfassende Versorgung in den Apotheken wird dadurch gefährdet.“ Patientinnen und Patienten müssten sich infolge der Änderung darauf einstellen, „dass nicht mehr alle Leistungen sofort angeboten werden und nicht alle pharmazeutischen Fragen unmittelbar beantwortet werden können.“
Mit Informationen von Jan Zimmermann, ARD-Hauptstadtstudio