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US-Nuklearstrategie Wie die USA ihre Atomwaffen testen, ohne sie zu zünden
Stand: 03.11.2025 13:30 Uhr
Seit 1992 testen die USA ihre Atomwaffen nicht mehr per Zündung. Stattdessen werden die Folgen einer nuklearen Explosion am Rechner simuliert. Wie laufen die Tests genau ab?
Von Uwe Gradwohl, ARD Wissenschaftsredaktion
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde in den 1990er-Jahren international vereinbart, keine Atomtests mehr durchzuführen. Auch die USA zündeten letztmals im September 1992 eine Atombombe unter der Wüste von Nevada.
Trotz des Verzichts auf die Tests wollten die USA ihr Atomwaffenarsenal aber weiter einsatzbereit halten. Experten sahen den Testverzicht deshalb als Problem: Denn Atomwaffen altern. Infolge des radioaktiven Zerfalls des im Sprengkopf enthaltenen Plutoniums entsteht Helium. Die Frage ist: Wie verändert der Heliumgehalt im Lauf von Jahren das Verhalten des Sprengkopfs?
Ein F35-Jet kurz vor der Landung. Die Flugzeuge können auch Atomsprengköpfe transportieren.
Wie passen die alten Sprengköpfe zu den neuen Flugzeugen?
Um die Einsatzbereitschaft und Sicherheit der Nuklearwaffen zu erhöhen, ist ihre ständige Modernisierung notwendig. Der Erfolg der Modernisierung kann aber wegen des Testverzichts nicht durch eine echte Zündung überprüft werden. Und wie reagiert ein 40 Jahre alter Sprengkopf auf die Transportbedingungen in der Ladebucht eines hypermodernen F35-Tarnkappenbombers mit der für diesen Flugzeugtyp typischen Temperaturen und Vibrationen?
Um solche Fragen zu beantworten, schlugen Experten bereits zu Beginn des Teststopps vor, das Verhalten der Nuklearwaffen komplett mithilfe von Computerprogrammen zu simulieren. Bis in die kleinsten Details und mit den besten Computern der Welt.
Forschungsprogramm läuft seit 1995
Die US-Regierung akzeptierte diesen Vorschlag. Das entsprechende Forschungsprogramm startete 1995 und läuft bis heute. Die in den vergangenen 30 Jahren dafür eingesetzten Rechner waren jeweils die leistungsstärksten ihrer Zeit. So wurden die von den Nukleartests aus den 50er- bis 80er-Jahren vorliegenden Daten immer detaillierter und besser analysiert.
Zunächst unverständliche Phänomene in den Messdaten wurden erklärbar und damit auch simulierbar. Dabei halfen auch Daten aus neuen echten Sprengtests, die allerdings ohne nukleares Material durchgeführt wurden.
Explosion einer Atombombe in der Wüste Nevadas in den 1950er-Jahren.
Tests per Simulation
Aktuell im Einsatz ist „El Capitan“, der mit 1.7 Exaflops leistungsfähigste Rechner der Welt. Wenn ein einzelner Mensch in den Milliarden Jahren von Anbeginn des Universums bis heute in jeder Sekunde zwei Zahlen addiert hätte, entspräche diese etwas langwierige Arbeit der Rechenleistung, die „El Capitan“ heute in einer einzigen Sekunde erledigen kann.
Dass die USA seit 30 Jahren ihre Atomwaffen testen ohne sie tatsächlich zu zünden ist damit ein wesentlicher Grund dafür, dass US-Großrechner seit Jahrzehnten an der Spitze der technologischen Entwicklung stehen.










