Stand: 16.12.2025 21:45 Uhr
Zu Lebzeiten erlangte die Schriftstellerin Jane Austen kaum Berühmtheit – heute wird sie als literarische Ikone gefeiert. Sie brach schon damals mit Normen – und träumte von einer freieren Zukunft für Frauen.
Hunderte Männer und Frauen in Kostümen aus dem 19. Jahrhundert, mit Gehstöcken, Puffärmeln und Hauben, flanieren durch Bath im Südwesten Englands. Zum 250. Geburtstag von Jane Austen hat die Stadt das ganze Jahr über aufgefahren. Diesmal mit einem Ball zu Ehren der Autorin.
Es sei, als wäre man in einen Roman hineingeschlüpft, sagt eine Touristin. „Eine schöne Fantasie“, die Menschen würden gerne träumen, von großen Anwesen und einem reichen Gentleman, fügt eine andere Frau hinzu. Eskapismus eben, fasst es ein Herr zusammen: „Zieh dir ein verrücktes Outfit an und tauche einfach in diese Welt ein.“
Austen schrieb über Unterdrückung von Frauen
Dabei hat Jane Austen die Welt der englischen Oberschicht in ihren Romanen aufs Korn genommen. Sie hätte vielleicht sogar gerne selbst mit den Verkleideten getauscht – für eine Zukunft, in der Frauen so viel mehr Freiheiten haben. Denn ihre Unterdrückung, die Einengung durch die Ehe, waren zentrale Themen ihrer Bücher.
Dass Austen heute als Inspiration für Liebesgeschichten wie Bridget Jones dient, sieht Louise West kritisch. Sie ist ehemalige Kuratorin des Museums Jane Austen House im Dorf Chawton, wo die Schriftstellerin ihre letzten Lebensjahre verbrachte. „Es ist ein wenig beunruhigend, dass die Leute Jane Austen mit diesen Dingen verbinden“, sagt sie. Dass alle schön sein und einen reichen Mann heiraten wollten, sei erschreckend. „Und ich glaube, Jane Austen würde das auch erschrecken.“
Ein Holzschnitt der „Stolz und Vorurteil“-Autorin Jane Austen
Schreiben statt Ehe
Geboren am 16. Dezember 1775 im südenglischen Dorf Steventon, wo ihr Vater Pfarrer war, merkte Austen schnell, dass sie gerne las und mit Sprache spielte. So gerne, dass sie mit den damaligen Normen brach und Ehe sowie die damit verbundene finanzielle Sicherheit ablehnte.
Lieber konzentrierte sie sich aufs Schreiben. Der Umzug nach Bath im Jahr 1801, damals eine blühende Kurstadt und Hotspot für die Oberschicht, bot ausreichend Themen. 1811 erschien Austens erstes Werk „Sinn und Sinnlichkeit“ – allerdings anonym, nur mit der Angabe „published by a lady“.
Keine große Berühmtheit zu Lebzeiten
Auch wenn Austen zu Lebzeiten keine große Berühmtheit erlangte, sei sie stolz gewesen, eine Autorin zu sein und für ihren eigenen Unterhalt sorgen zu können, sagt die ebenfalls ehemalige Kuratorin Mary Guyatt. Doch viel verdiente die junge Frau nicht. Sie habe bescheiden gelebt.
Ein Leben lang blieb Austen finanziell abhängig von ihren Brüdern. Sie war wohl auch deshalb am kommerziellen Erfolg ihrer Geschichten interessiert, mit deren Themen – von Liebe über Freundschaft und Tratsch – sich bis heute so viele identifizieren können.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die Schriftstellerin mit ihrer Mutter und Schwester Cassandra in der Grafschaft Hampshire, in einem Cottage im Dorf, das einem ihrer Brüder gehörte.
Schreiben auch auf dem Sterbebett
Viel zu früh erkrankte sie schwer – woran, ist bis heute unklar. Doch noch auf dem Sterbebett schrieb Austen. Und ließ auch in Briefen keinerlei Selbstmitleid erkennen, wie Emma Clery, Austen-Expertin an der Universität Uppsala, im BBC Radio bemerkt: „Sie hatte nie wirklich Zeit für Krankheiten. Sie ging sehr humorvoll mit ihrer eigenen um, ohne Selbstmitleid.“
Mit 41 Jahren starb Jane Austen. Begraben ist sie in der Kathedrale in Winchester. Ihr fünfter und sechster Roman wurden posthum veröffentlicht. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie zur literarischen Ikone, die bis heute gefeiert wird.








