Nutri-Score Viele kennen es, nur manche nutzen es
Stand: 10.12.2025 15:13 Uhr
Seit 2020 können Hersteller die Lebensmittelampel freiwillig auf ihre Produkte drucken. Die Mehrheit der Verbraucher ist aber für eine Pflicht – das zeigt eine Umfrage. Sie sehen auch grundsätzlich Verbesserungsbedarf.
Fünf Jahre nach der freiwilligen Einführung der Nährwertampel Nutri-Score in Deutschland spricht sich laut einer Umfrage die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher für eine verpflichtende Kennzeichnung aus. Zugleich nutzt bisher nur ein knappes Drittel das Label häufig oder sehr häufig beim Einkauf, wie aus einer Studie im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch hervorgeht. Dabei würden mit 66 Prozent doppelt so viele ein farblich-interpretatives Label grundsätzlich gebrauchen.
Dies sei wenig verwunderlich, da der Nutri-Score bislang nur auf wenigen Produkten im Supermarkt zu finden sei. Dies mache einen Vergleich zwischen verschiedenen Produkten kaum möglich, kritisierte Foodwatch. Zwar kennen laut der Umfrage fast alle Verbraucher (91 Prozent) den Nutri-Score. „Doch solange nur vereinzelte Produkte im Supermarkt damit gelabelt sind, kann die Lebensmittelampel ihre positive Wirkung nicht entfalten“, erklärte Luise Molling von der Verbraucherorganisation.
Kunden könnten auch 2025 nicht auf einen Blick vergleichen, „welches das ausgewogenste Tiefkühlgericht, Knuspermüsli oder Toastbrot ist“, monierte Molling. „Erst wenn vom Junkfood-Konzern bis zum Bio-Hersteller alle Farbe bekennen müssen, ist der Nutri-Score ganz praktisch beim Einkauf nutzbar.“
Skepsis und Verwirrung unter Befragten
Es fehle auch an Vertrauen in das System: Mehr als die Hälfte (59 Prozent) sei mindestens teilweise skeptisch wie neutral der Nutri-Score ist. Etwa zwei Drittel (67 Prozent) hielten das System mindestens teilweise für irreführend. Zudem seien 80 Prozent der Befragten unsicher, ob sie den Nutri-Score richtig anwenden. Eine Mehrheit wünschte sich daher mehr Erklärungen und Informationen.
„Der Nutri-Score hat ein hohes Potenzial, das aber bislang nicht umgesetzt wird“, so Studienautor Achim Spiller, Professor für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte der Uni Göttingen. Er sei zwar kein „Game-Changer“ durch den unmittelbar eine Ernährungswende durchgesetzt werden könne, jedoch ein wichtiger Ansatz.
Von grünem A bis rotem E
Die fünfstufige Skala mit Farben und Buchstaben reicht von einem als positiv bewerteten dunkelgrünen A bis hin zu einem negativ bewerteten dunkelroten E. Damit liefert sie einen Vergleich zwischen Lebensmitteln innerhalb einer Produktgruppe. Zucker, Fett und Salz wirken sich zum Beispiel ungünstig auf die Bewertung aus, Ballaststoffe, Eiweiße und der Anteil von Obst und Gemüse positiv.
Die damalige Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte den Nutri-Score im November 2020 offiziell in Deutschland eingeführt – allerdings auf freiwilliger Basis. Nach Ministeriumsangaben mit Stand von April nutzen derzeit 960 Firmen mit 1.420 Marken das Logo.
Pflicht in Deutschland gefordert
Foodwatch forderte von der Bundesregierung, den Nutri-Score verpflichtend in Deutschland einzuführen. Die Umfrage zeige einen großen Wunsch in der Bevölkerung nach der Kennzeichnung, betonte Molling von Foodwatch. „Es zeigt sich aber auch, dass der Nutri-Score fünf Jahre nach Einführung an seine Grenzen kommt.“
Das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung hatte darauf hingewiesen, dass eine erweiterte Nährwertkennzeichnung nach EU-Recht national nicht verpflichtend eingeführt werden könne. Pflicht sind schon Nährwerttabellen mit Angaben je 100 Gramm.
Zur Methodik der Studie
Die Studie wurde im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch von der Georg-August-Universität Göttingen und dem auf Lebensmittelmarketing und Verbraucherforschung spezialisierten Agentur Zühlsdorf und Partner durchgeführt. Dafür wurden 1.103 Menschen ab 16 Jahren zwischen dem 14. und dem 21. August online randomisiert befragt.










