Stand: 14.10.2025 14:41 Uhr
Wie abhängig der globale Süden von Staaten wie den USA ist, wird jetzt wieder deutlich. Die Kürzungen der US-Hilfen gefährden die medizinische Versorgung in vielen afrikanischen Staaten.
Von Rachel Jana Patt, zzt. ARD-Studio Nairobi
Der jährliche „World Health Summit“, der derzeit in Berlin läuft, gilt als eines der wichtigsten Foren für globale Gesundheitsfragen. Zentrales Thema in diesem Jahr: die veränderte Finanzlage im internationalen Gesundheitssektor – insbesondere die dramatischen Kürzungen der US-amerikanischen Gelder, die die Gesundheitsversorgung in vielen afrikanischen Ländern stark gefährden.
Die USA waren lange Zeit einer der größten Unterstützer globaler Gesundheitsprojekte, vor allem in Afrika. Doch unter der Präsidentschaft von Donald Trump wurden in den vergangenen Monaten massive Kürzungen in der internationalen Gesundheitsfinanzierung vorgenommen. Die Folgen dieser politischen Entscheidung sind für die Bevölkerung in vielen afrikanischen Ländern gravierend.
Finanzielle Engpässe und dramatische Folgen für Afrika
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, warnt deshalb davor, dass diese Kürzungen nicht nur die gesundheitliche Versorgung in Afrika, sondern auch weltweit destabilisieren könnten.
„Der weltweite Kampf gegen Krankheiten unterstützt auch die globale Gesundheit“, erklärt Tedros. Die Fortschritte, die in den vergangenen 20 Jahren im Kampf gegen Krankheiten wie Malaria und HIV erzielt wurden, stehen auf der Kippe. „Viele Fortschritte, die wir in Afrika gemacht haben, sind gefährdet“, betont der WHO-Chef. Besonders dramatisch sei dies im Bereich der HIV-Bekämpfung.
Uganda: Ein Beispiel für die verheerenden Auswirkungen
In Uganda zeigt sich aktuell an einem konkreten Beispiel, welche Folgen die Kürzungen der US-Finanzhilfen haben können: Dort gibt es ein Programm zur Versorgung von HIV-Patienten, das unter anderem aus diesen Geldern finanziert wurde. Seit den Kürzungen fehlt es an HIV-Medikamenten – und viele Patientinnen und Patienten können die Behandlung nicht fortsetzen.
Dies führte zu einem drastischen Anstieg von Abtreibungen, da Schwangere ohne die Medikamente ihre zukünftigen Kinder nicht gefährden wollten. Hätten sie die Medikamente weiter bekommen, hätten sie ihre Kinder trotz HIV zur Welt bringen können. Da Abtreibungen in Uganda aber nicht ohne Weiteres möglich sind, haben die Kürzungen die Frauen in eine besonders schwierige Lage versetzt.
Abhängig von den USA
Was die Aids-Hilfe für afrikanische Länder angeht, besteht aber seitens vieler Hilfsorganisationen grundsätzlich große Sorge. „Das wird ganz große Folgen haben für Afrika, vor allem für die Aids-Arbeit“, warnt eine Sprecherin von UN-Aids. Besonders betroffen seien die Länder südlich der Sahara, wo die Mehrheit der Menschen lebt, die mit HIV infiziert sind.
Diese Staaten sind historisch gesehen von der US-Finanzierung abhängig gemacht worden. Die meisten finanziellen Mittel, die für Aids-Prävention, Tests und Behandlung aufgebracht wurden, kamen von den USA. Mit den Kürzungen wird diese Hilfe reduziert, was für die betroffenen Menschen katastrophale Folgen hat.
Ein historisches Problem
Trotz wiederholter Warnungen von Expertinnen und Experten, dass Afrika langfristig in der Lage sein will, seine Gesundheitssysteme unabhängig zu finanzieren, sind viele Länder weiterhin auf ausländische Unterstützung angewiesen. Dies hat nicht nur finanzielle, sondern auch politische Auswirkungen, da Gesundheitsentscheidungen zunehmend durch externe Akteure bestimmt werden.
„Die USA haben auch die Verantwortung sicherzustellen, dass die Einstellung der Finanzierung geordnet und ohne negative Auswirkungen auf die betroffenen Länder erfolgt“, erklärt WHO-Chef Tedros. Er fordert die USA zu einem Dialog mit den betroffenen Staaten auf, um nachhaltige Lösungen zu finden. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die betroffenen Länder in die Planung einbezogen werden, um besser planen zu können und die Abhängigkeit von ausländischen Mitteln zu verringern.
Afrika auf der Suche nach alternativer Finanzierung
Die Finanzierungsprobleme durch die US-Kürzungen machen deutlich, dass die Gesundheitsversorgung in vielen afrikanischen Ländern ohne eine breitere internationale Zusammenarbeit und innovative Finanzierungsmöglichkeiten an vielen Stellen gefährdet ist. Auf dem „World Health Summit“ wurden deshalb auch Lösungsansätze diskutiert, wie afrikanische Länder ihre Gesundheitssysteme nachhaltiger gestalten können.
Ein zentraler Punkt dabei war, die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Staaten untereinander zu stärken und die Partnerschaften mit anderen internationalen Akteuren wie der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und regionalen Organisationen auszubauen.
Forderungen nach internationaler Solidarität
Die Auswirkungen variieren entsprechend des Landes in Afrika und der jeweiligen Infrastruktur im Gesundheitswesen und sind somit kaum zu verallgemeinern. Trotzdem appelliert der WHO-Chef: „Wir fordern die USA auf, ihre Unterstützung für die globale Gesundheit zu überdenken, da diese nicht nur weltweit Leben rettet, sondern auch die USA sicherer macht.“
Tedros rief auch die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Verantwortung für die weltweite Gesundheit nicht aus den Augen zu verlieren. Sollte sich die USA nicht für eine Wiederaufnahme der Finanzierung entscheiden, müsse ein Übergang zu nachhaltigeren Lösungen erarbeitet werden, um die Versorgung aufrechtzuerhalten und das Leben der betroffenen Menschen zu sichern.
Das Problem der US-Kürzungen zeigt einmal mehr, wie sehr Abhängigkeitsstrukturen erhalten werden und wie stark der Einfluss somit von politischen Entscheidungen eines einzelnen Landes sind.










