Dank einer mitunter abenteuerlich anmutenden Mithilfe der Gäste von Galatasaray aus Istanbul hat Eintracht Frankfurt an einem der mutmaßlich letzten Sommerabende des Jahres die ersten Champions-League-Punkte der Saison eingesammelt. Die SGE vermochte es, einen frühen Rückstand zu verdauen, sich in die Partie zu fräsen und Galatasaray schließlich mit 5:1-Sieg zu züchtigen. Der ungeschlagene Tabellenführer der türkischen Süper-Lig gab im Waldstadion einen Super-Erntehelfer.
Für die Türken hätte die Partie kaum besser beginnen können. Auch unter dem Gesichtspunkt des Prestiges der eigenen Liga. Als der Nationalspieler Leroy Sané im Sommer vom FC Bayern nach Istanbul abgewandert war, hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann den Wechsel mit Worten kommentiert, die in Teilen der Türkei als ehrabschneidend empfunden wurden: „Leroy spielt jetzt in einer Liga, die einen Tick schlechter ist als die Bundesliga. Er muss mehr auffallen“, hatte Nagelsmann gemahnt. Beim Studium der Partie dürfte er sich am Ende in seiner Einschätzung bestätigt gefühlt haben.
Dabei hatte Sané durchaus etwas dafür getan, aufzufallen. Die erste Chance hatte zwar den Frankfurtern gehört: Galatasaray-Torwart Ugurcan Cakir hatte seine Mühe, als Ansgar Knauff aus 17 Metern flach abzog (2.). Dann aber kam der Auftritt von Sané: Er half dabei, im Mittelfeld den Ball im Gegenpressing zu erobern, durchquerte fast die ganze Hälfte der Frankfurter und bediente schließlich Yunus Akgün, der im Strafraum erst DFB-Verteidiger Nnamdi Collins aussteigen ließ und dann flach zum 1:0 einschob (8.).
Früh hatte die Frankfurter Elf einen Wirkungstreffer zu verdauen
Die Führung der Gäste sorgte für einen kurzen, eigentümlichen Moment der Stille unter den Eintracht-Fans. Sie hatten nach den nostalgischen Vorreden – der zum FC Paris transferierte Torwart Kevin Trapp wurde offiziell verabschiedet – keine Mühen gescheut, der Partie einen blutwallenden Rahmen zu geben. Und auch wenn die Hintergrunduntermalung bald wieder die Dezibelgewalt türkischer Stadien erlangen sollte – auf dem Rasen war jetzt erst mal eine Frankfurter Mannschaft zu sehen, die offenkundig einen Wirkungstreffer zu verdauen hatte.
Den langen Bällen der Frankfurter fehlte der tiefere Sinn; und die Versuche, sich überlegt nach vorn zu kombinieren, schlugen aus Mangel an Präzision und dank Resolutheit der Galatasaray-Defensive ein ums andere Mal fehl. Die Eintracht konnte überdies von Glück sagen, dass Baris Yilmaz aus kurzer Distanz weit drüber zielte, als er allein vor dem Tor stand: Als alle Frankfurter einen Direktschuss von Sané erwarteten, hatte der soeben aus Manchester in die Türkei gewechselte Ilkay Gündogan den Ball klug vom Strafraumbalkon vor Yilmaz’ Füße gespielt (24.).
Erst danach bekam die Eintracht die Partie besser unter Kontrolle. Eine von Robin Koch per Kopf verlängerte Freistoßflanke wäre um ein Haar im Tor gelandet, weil Elmali sie gen eigenes Gehäuse verlängert hatte. Torwart Cakir kratzte den Ball fast schon im Wortsinne von der Linie (32.). Fünf Minuten später verhalf ein neuerlicher Akt der Kollaboration den Frankfurtern zum 1:1-Ausgleich: Yunus Akgün spielte einen Ball versehentlich auf die Brust von SGE-Außenstürmer Ritsu Doan; den Lupfer des Japaners lenkte Galatasaray-Verteidiger Davinson Sánchez ins eigene Tor (37.).
Unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff holte die Eintracht dann zum letal anmutenden Doppelschlag aus. Can Uzun nahm am Elfmeterpunkt eine Hereingabe von Jonathan Burkardt in Empfang, drehte sich tänzelnd um die eigene Achse und jagte den Ball unter die Querlatte. Die Eintracht kostete die Neige der Nachspielzeit der ersten Halbzeit schließlich vollends aus: Burkardt berührte eine Freistoßflanke Farès Chaïbi so hauchzart, dass die Flugbahn des Balles sich kaum veränderte. Er landete zum 3:1-Pausenstand im Tor der Türken.

Nach der Pause übte sich Galatasaray in Drohgebärden. Doch die Schüsse von Seané (55.) und Gündogan (61.) waren nicht mehr als Luftspiegelungen. Stattdessen führte der erste Erfolg versprechende Angriff der Frankfurter zu einem neuerlichen Tor der SGE: Eine Flanke von Nathaniel Brown drückte Burkardt per Kopf Richtung Tor, Galatasaray-Verteidiger Sánchez fälschte ihn mit der Hüfte ins eigene Netz, sodass Cakur nur hinterherschauen konnte. Auch der Schlusspunkt kam mithilfe Galatasarays zustande: Kurz nach der Auswechslung von Sané und Gündogan vertändelte Gabriel Sara am eigenen Strafraum den Ball; Ansgar Knauff hatte danach keine Probleme, Cakir zum 5:1 zu überwinden. In zwei Wochen tritt Eintracht am zweiten Gruppenspieltag bei Atlético Madrid an. Was sich auch ohne funktionierende Glaskugel sagen lässt: Dort wird die SGE gewiss nicht eine weitere Abwehr aus Knetmasse antreffen.