Stand: 13.12.2025 16:37 Uhr
In diesem Jahr fand er in Bayern statt, 2026 kehrt der Sudetendeutsche Tag nach Tschechien zurück. Ein historischer Schritt der Versöhnung, sagen viele – doch er ist auch Anlass für Diskussionen und Proteste.
Jedes Jahr treffen sie sich an Pfingsten. Seit 1950. Die Vertreterinnen und Vertreter der mehr als drei Millionen vertriebenen Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien. In München, Regensburg, Augsburg oder Hof. Kommendes Jahr nun in Brünn. Der 76. Sudetendeutsche Tag wird zum ersten Mal in Tschechien stattfinden. Eingeladen wurde die Sudetendeutsche Landsmannschaft von der tschechische Initiative Meeting Brno. Seit zehn Jahren setzt sie sich für die Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels der deutsch-tschechischen Geschichte ein.
Es ist ein Schritt mit großem Symbolcharakter. Da sind sich Bernd Posselt, Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Petr Kalousek, Mitbegründer von Meeting Brno einig. Posselt sieht darin auch einen Schritt zur Normalität. „Denn wo soll eigentlich ein Sudetendeutscher Tag sein, außer in dem Land, wo die Sudetendeutschen jahrhundertelang gelebt haben“, sagt er.
Rechtes Lager protestiert gegen das Treffen
Doch nicht alle begrüßen das Vorhaben. Bürgerinitiativen und Vereine protestieren gegen das geplante Treffen. Geschichte dürfe nicht umgeschrieben werden, heißt es. Die Nazi-Verbrechen in Tschechien dürften nicht vergessen werden. Auch die politische Rechte mischt mit. Zum Beispiel Lucie Šafránková von der nun mitregierenden rechten SPD.
Die Abgeordnete für die Region Südmähren und Brünnerin ist der Meinung, dass der Kongress der Sudetendeutschen Landsleute nicht nach Brünn gehört. „Diese Organisation hat sich lange für eine Revision der Beneš-Dekrete und der Vertreibung eingesetzt. Und sie kommt in eine Stadt, die während der NS-Besatzung Hinrichtungen, Vertreibungen und den schmerzlichen Verlust von Familien erleiden musste“, sagt sie.
Petr Kalousek von Meeting Brno ist da anderer Meinung: „Was ich als paradox empfinde, sind die Reaktionen gegen die Durchführung dieses Treffens von Menschen, die mit ihrer Weltanschauung den sehr gefährlichen nationalistischen Ideen am nächsten stehen.“
Viel Kritik in Tschechien – Emotionen statt Fakten?
Tadeas Redlich kommt aus den Sudeten, aus Nordböhmen. Er ist dort vor 20 Jahren geboren und studiert an der Prager Karlsuniversität deutsch-tschechische Studien. Er hat nichts mitbekommen von den 90er Jahren, von dem Schüren von Ängsten vor Landnahme und Restitutionen durch tschechische Politiker.
Dass der Sudetendeutsche Tag in Tschechien so viel Kritik ernte, habe ihn überrascht, sagt er. „Ich denke, es wird darüber nicht so gut unterrichtet und die Leute sind darüber nicht informiert. Und es ist immer nur über die Emotionen und Gefühle und nicht über Fakten oder die wirkliche Geschichte.“ Das sei das größte Problem.
Das erste Mal kam der tschechische Student mit der Thematik der Vertreibung in Kontakt, als er zwölf Jahre alt war. Bei Renovierungsarbeiten in seinem Elternhaus seien alten Tapeten aus dem Zweiten Weltkrieg zum Vorschein gekommen. „Und meine Oma hat gesagt, das sind die Tapeten, die die Deutschen hier hatten.“ Das habe sein Interesse geweckt. „Dann habe ich Deutsch gelernt und ich habe mich immer für Geschichte interessiert.“
Ein Fest mit politischer Aussage
Die Diskussion zeigt: Geschichte ist in Tschechien bis heute lebendig. Die meisten sind sich aber einig, dass die deutsch-tschechischen Beziehungen auch bei diesem Thema so gut sind wie nie zuvor. Tschechische Politiker haben schon vor Jahren auf Vertrieben-Treffen gesprochen und ihr Bedauern geäußert. Die Landsmannschaft hat längst auch offiziell auf die umstrittene Forderung verzichtet, ihre Heimat wiedergewinnen zu wollen.
Bernd Posselt sieht im Sudetendeutschen Tag 2026 vor allem eine politische Aussage: „Wir müssen gemeinsam gegen den Nationalismus kämpfen.“ Doch der Sudetendeutsche Tag sein auch ein Fest, sagt er – „ein Fest der gemeinsamen Kultur, der Vielfalt, der Begegnung.“








