Backkunst trifft Wissenschaft Chemie des Plätzchenbackens
Stand: 14.12.2025 09:16 Uhr
Mehl, Butter, Zucker – Weihnachtsplätzchen backen ist für viele Tradition. Doch wie genau wird aus den Zutaten das fertige Gebäck? Die Wissenschaft hinter dem Backen.
Von Frank Wittig und Jana Mack, SWR
Wer zu Weihnachten Plätzchen backt, führt – meist ohne bewusst darauf zu achten – komplexe, physikalische und chemische Reaktionen durch. Dabei unterscheidet sich schon der Teig maßgeblich vom Teig für andere Produkte wie Brot. Mario Jekle, Lebensmitteltechniker an der Universität Hohenheim, erklärt, was das Plätzchenbacken zu einem besonderen chemischen Prozess macht.
Welche Rolle Zutaten für Weihnachtsplätzchen spielen
Was die meisten Rezepte für Plätzchen verbindet, sind die Grundzutaten Mehl, Zucker und Butter, dazu kommen manchmal Eier. Es ist eine eher trockene Mischung im Vergleich zum Teig für beispielsweise Brötchen, denn der wird mit Wasser und meist Hefe zubereitet.
Der Unterschied zeigt sich auch in der Konsistenz: Während Plätzchenteig kompakt und schwer ist, fühlt sich Brötchenteig luftig und weich an. Wer mit dem Daumen in den Teig drückt, hinterlässt beim Plätzchenteig eine Delle, wie ein Stempelabdruck. Beim Brötchenteig beult sich der fluffige, elastische Teig wieder von allein aus. Deshalb lassen sich aus Mürbeteig so gut Plätzchen in allen möglichen weihnachtlichen Formen ausstechen.
Gluten ist entscheidend für den Teig
Mit dem Weizenmehl kommt ein Protein in den Teig, das wesentlich beim Backen von Brötchen ist: Gluten. Denn in Kombination mit Wasser kann Gluten ein Netzwerk aus Eiweißmolekülen bilden. Dieses Netzwerk dient später einfach gesagt dazu, Gase, die beim Backen entstehen, festzuhalten, wodurch das Gebäck aufgehen kann. Das Ergebnis ist ein luftiges Brötchen.
Im Gegensatz zu Brötchen ist beim Plätzchenteig aber kein oder kaum Wasser im Einsatz. So könne das Gluten das Wasser auch nicht aufnehmen, sagt Lebensmitteltechniker Jekle. Deshalb bilde sich kein entsprechendes Netzwerk aus, der Plätzchenteig werde nicht so elastisch wie bei Brötchen. „Das ist eben das Besondere an einem klassischen Brot- oder Brötchenteig. Der basiert auf dem Glutennetzwerk“, so Jekle.
Backen im Ofen: Aus Teig werden Plätzchen
Im Ofen bleiben die Plätzchen nicht nur deutlich kürzer, sie verändern sich auch optisch wesentlich weniger als Brötchen. Wasser verdunstet zwar, und die Plätzchen gehen leicht auf, aber im Vergleich zu Brötchen zeigt sich beim Volumen praktisch keine Veränderung. „Wir haben also wenig Gase, wenig Luft im Produkt. Und wir können auch schon erahnen, dass, wenn wir es in den Mund nehmen, es richtig schön zartschmelzend ist“, sagt Lebensmitteltechniker Jekle.
Zur Vorfreude auf die fertigen Plätzchen dürfte auch die goldgelbe Färbung beitragen. Die entsteht bei Temperaturen von 140 Grad Celsius und mehr, wenn die sogenannte Maillard-Reaktion abläuft.
Dabei reagieren Zucker und Aminosäuren miteinander. Die Produkte dieser Reaktion sind schließlich für die Färbung und für die Aromabildung verantwortlich. Der Stoff Norfuraneol riecht zum Beispiel nach Karamell, während Maltol nach Röstaroma riecht.
Wie Weihnachtsplätzchen knusprig werden
Bei den hohen Temperaturen im Ofen passiert also einiges bei den Plätzchen. Die Zutaten verbinden sich, auch dank der Butter im Teig: „Das Fett schmilzt, verbindet sich mit den anderen Elementen“, erklärt Jekle. Das Mehl sei für einen anderen Aspekt verantwortlich: „Die Stärke schmilzt eher, als dass sie verkleistert. Und damit wird es später auch sehr brüchig und hat diesen typischen knusprigen Effekt beim Essen.“
Wenn Ei im Teig ist, dann denaturieren dessen Proteine durch die Hitze beim Backen. Das heißt, sie brechen ihre innere Struktur auf und können sich dann an andere Proteine binden und ein Netzwerk bilden. Das hilft, den Teig besser zusammenzuhalten.
Plätzchen-Tradition in Deutschland
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Lebensmittelverbands Deutschland haben 2022 die meisten Menschen hierzulande Mürbeteigplätzchen zum Ausstechen gebacken, gefolgt von Vanillekipferln und Zimtsternen.
Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Katholischen Nachrichten-Agentur hat außerdem ergeben: Der Advent hat für etwa vier von fünf Menschen in Deutschland eine besondere Bedeutung. Unter ihnen finden 43 Prozent das Backen von Plätzchen am wichtigsten. Und egal ob nun knusprig oder weich: Am Ende geht es vielen auch einfach um den Prozess, um das vorweihnachtliche Backen.









