Positionen vor Berliner Gesprächen Selenskyj nennt Kompromisse – Kreml erwartet „kaum Gutes“
Stand: 14.12.2025 16:04 Uhr
Auf einem NATO-Beitritt der Ukraine besteht Präsident Selenskyj nicht mehr – und plädiert für einen Waffenstillstand entlang der Front. Doch der Kreml bewegt sich nicht und erwartet „kaum Gutes“ von dem Berlin-Treffen.
Kurz vor Beginn der Ukraine-Gespräche in Berlin wird deutlich, dass die Positionen noch immer weit auseinander liegen. Während die ukrainische Seite bei einigen Punkten Kompromissbereitschaft andeutete und diese auch von Russland einforderte, kommen aus Russland keine Zeichen des Einlenkens.
So zeigte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bereit, die NATO-Ambitionen seines Landes aufzugeben. Sicherheitsgarantien der USA sowie europäischer und anderer Partner anstelle einer NATO-Mitgliedschaft seien ein Kompromiss, sagte Selenskyj in einem WhatsApp-Chat auf Fragen von Journalisten.
„Eine weitere russische Invasion verhindern“
Ein NATO-Beitritt sei stets Wunsch der Ukraine gewesen, weil dieser eine „echte Sicherheitsgarantie“ wäre, so Selenskyj weiter. Bilaterale Sicherheitsgarantien seien aber auch eine Möglichkeit, „eine weitere russische Invasion zu verhindern“.
Dieser Schritt markiert eine bedeutende Wende für die Ukraine, die sich seit Jahren für einen Beitritt zum Militärbündnis NATO als Schutz vor russischen Angriffen eingesetzt und dieses Ziel auch in ihrer Verfassung verankert hat. Russland hingegen hat stets gefordert, einen NATO-Beitritt des Nachbarlandes, das einst zur Sowjetunion gehörte, auszuschließen.
Abzug aus Donezk für Selenskyj indiskutabel
Eine andere russische Forderung bleibt für Selenskyj indiskutabel: Ein Abzug der ukrainischen Truppen aus ukrainischen Gebieten in den Regionen Donezk und Luhansk, die Russland nicht erobert hat. Selenskyj sagte, ein Waffenstillstand entlang der aktuellen Frontlinie wäre fair, die russische Forderung hingegen sei unfair.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte den Überfall auf die Ukraine Anfang 2022 befohlen – wohl mit dem Ziel, das ganze Land binnen kurzer Zeit zu erobern. Nach bald vier Jahren Krieg halten russische Truppen etwa ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Russland beansprucht aber auch weitere Gebiete der ukrainischen Regionen, die Putin völkerrechtswidrig bereits 2022 zum russischen Staatsgebiet erklären ließ.
Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Waffenstillstand als Grundlage für Diplomatie
„Die gerechteste mögliche Option ist, stehenzubleiben, wo wir sind“, sagte Selenskyj und fügte an: „Es handelt sich um einen Waffenstillstand: Die Parteien bleiben auf ihren Stellungen und versuchen anschließend, alle gemeinsamen Probleme auf diplomatischem Wege zu lösen.“ Weiter sagte der ukrainische Präsident: „Ich weiß, dass Russland dies nicht positiv sieht, und ich würde mir wünschen, dass die Amerikaner uns in dieser Frage unterstützen.“
Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hatte zuletzt wieder verstärkt russische Positionen übernommen. Trump macht Druck auf die Ukraine, einem Friedensabkommen zuzustimmen. Er sieht das von westlicher Unterstützung abhängige Land militärisch im Nachteil gegenüber dem Angreifer Russland. Die europäischen Verbündeten der Ukraine werfen der Trump-Regierung vor, die Ukraine mit ihren Angeboten an Russland massiv zu schwächen.
Russland bleibt bei Gebietsforderungen
Vertreter Russlands dämpften die Erwartungen im Vorfeld der Berliner Gespräche und wiederholten bekannte russische Positionen. Von den Beratungen in Berlin sei „kaum Gutes“ zu erwarten, sagte der außenpolitische Berater von Putin, Juri Uschakow, dem russischen Staatsfernsehen. Die Beiträge der Europäer und der Ukraine zum Friedensplan von US-Präsident Trump würden „wohl kaum konstruktiv sein“. Zugleich lobte er, dass die US-Seite die russische Position verstehe.
Uschakow machte deutlich, dass Putin vor allem nicht von seinen Territorialforderungen abrücken will. Russland lehne Änderungen an den Punkten zu Gebietsfragen ab, sagte er in dem am Freitag aufgezeichneten Interview.
In Berlin finden heute zunächst Gespräche auf Ebene außenpolitischer Berater aus der Ukraine, den USA und Europa statt. Morgen soll es dann Gespräche von Spitzenpolitikern geben. Offizielle Vertreter Russlands sind nicht dabei. Die Ukraine fordert zusammen mit mehreren europäischen Staaten Änderungen am „Friedensplan“ von US-Präsident Trump, in dem viele Forderungen Russlands übernommen worden sind. Worüber genau in Berlin verhandelt wird, wurde nicht öffentlich gemacht.








