weltspiegel
USA Zurück zur Atomkraft – für KI
Stand: 14.12.2025 09:44 Uhr
Das Kraftwerk Three Mile Island steht für den schlimmsten Reaktorunfall in der US-Geschichte. Doch bald soll ein Teil des stillgelegten AKWs wieder hochgefahren werden. Der Grund: der Energiebedarf von künstlicher Intelligenz.
Die Pinnwände voller Zeitungsartikel und ihre langsam vergilbenden Familienfotos erinnern Patricia Longenecker an das Ende der 1970er-Jahre. Die Zeit hat ihr Leben und das vieler ihrer Nachbarn nachhaltig geprägt.
Ihr Farmhaus steht nur wenige Autominuten vom Atomkraftwerk Three Mile Island im US-Bundesstaat Pennsylvania entfernt. Die Kinder seien gerade in der Schule gewesen, als sie vom Unfall in Block Zwei des Atomkraftwerks hörte. Longenecker habe damals ihre Schwester angerufen und sie gebeten, die Kinder abzuholen und in sichere Entfernung zu bringen.
Patricia Longenecker vor Erinnerungen an jene Zeit, als eine Kernschmelze im Kernkraftwerk Three Mile Island in ihrer Nachbarschaft fast zur Katastrophe führte.
Fast kam es zur Katastrophe
Damals, Ende März 1979, war es durch eine Kombination aus technischem und menschlichem Versagen in einem von zwei Reaktorblöcken zu einer teilweisen Kernschmelze gekommen. Radioaktive Gase waren entwichen. Die Menschen in der Region schrammten nur knapp an einer Katastrophe vorbei.
Der andere Reaktor von Three Mile Island war von dem Unfall nicht betroffen. Er wurde erst 2019 aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet. Der Weiterbetrieb lohnte sich nicht mehr.
Sie habe aufgeatmet, erzählt die heute 82-jährige Longenecker. Es habe sich für sie angefühlt, als sei die Gefahr, die sie durch das Atomkraftwerk in der Nachbarschaft immer gespürt habe, gebannt. Doch das Gefühl der Sicherheit könnte bald wieder weg sein.
AKW-Neustart für Microsoft
Auf der Insel im Fluss, auf der die vier Kühltürme des AKWs in den Himmel ragen, haben Arbeiten begonnen. Denn der unbeschädigte Reaktor soll wieder hochgefahren werden. Dass sich das finanziell nun doch wieder lohnt, liegt an Microsoft. Das Unternehmen hat sich verpflichtet, 20 Jahre lang den dort erzeugten Strom zu kaufen.
Zum Training und Betrieb von Modellen künstlicher Intelligenz (KI) brauchen die Tech-Giganten Hochleistungsserver. Konzerne wie Microsoft, Google oder Meta investieren deshalb zurzeit hunderte Milliarden Dollar in Rechenzentren. Und die verbrauchen extrem viel Strom und Wasser.
Laut einer Analyse der Beratungsfirma McKinsey könnte sich der Elektrizitätsbedarf der Rechenzentren in den USA bis 2030 knapp verdreifachen. Das US-Energieministerium prognostiziert eine ähnliche Entwicklung. Den Analysen folgend könnten zum Ende des Jahrzehnts alleine die US-Rechenzentren pro Jahr so viel Strom verbrauchen wie Deutschland im Jahr 2024.
Hunderte Millionen Nutzer
Der weltweite KI-Boom begann vor allem mit einer Firma: OpenAI. Ihr berühmter Chatbot ChatGPT ist, vereinfacht gesagt, ein Computerprogramm, das einen hochintelligenten menschliche Gesprächspartner simuliert. Ob für den Beruf, die Urlaubsplanung oder als Hilfe im Alltag: Heute verwenden nach Unternehmensangaben wöchentlich etwa 800 Millionen Nutzer, darunter auch viele Firmen, die KI-Anwendung.
Dass die App so erfolgreich würde, damit habe er nicht gerechnet, so ChatGPT-Chef Nick Turley im ARD-Interview. Man habe zum Start eigentlich einen Prototypen herausbringen wollen, den die Leute hätten ausprobieren können. Dass so viele Menschen die KI-Anwendung so schnell nutzen würden, sei nicht eingeplant gewesen. Mittlerweile ist Microsoft als Großinvestor bei OpenAI eingestiegen.
Unterstützung durch US-Regierung
Die USA planen, bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz führend zu bleiben. Man wolle sichergehen, China im KI-Wettrüsten schlagen zu können, so US-Innenminister Doug Burgum. Was in den kommenden fünf Jahren wiederum bei der Energieversorgung getan werde, bestimme die Branche für die nächsten 50 Jahre.
US-Präsident Donald Trump setzt dabei unter anderem auf Atomkraft. Und so investiert die US-Regierung auch in Pennsylvania.
Erst vor kurzem erklärte das US-Energieministerium, es werde einen Kredit in Höhe von einer Milliarde Dollar an den Betreiber des alten Atomkraftwerks geben. Damit soll ein Teil der Kosten finanziert werden, die dabei entstehen, das Kraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen. Laut Betreiber soll es im Juni 2027 soweit sein.









