Evangelische Kirche Militärische Gewalt als letztes Mittel
Stand: 10.11.2025 18:07 Uhr
Um Frieden zu sichern, muss unter Umständen auch Gewalt als letztes Mittel angewendet werden, heißt es in einem Grundlagenpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland. Diese Neupositionierung – etwa bei atomarer Abschreckung – polarisiert.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat angesichts der aktuellen Krisen und Konflikte ihre Position zu militärischer Gewalt neu ausgerichtet. Ein Staat dürfe die Mittel haben, seine Bürger durch Gegengewalt vor Gewalt zu schützen, sagte die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs in Dresden bei der Präsentation einer neuen Friedensdenkschrift mit dem Titel „Die Welt in Unordnung„. Das Grundlagenpapier ist die erste große friedensethische Positionierung der EKD seit 2007.
Das neue Grundsatzpapier des Rates der EKD entstand aus friedensethischen Debatten rund um die Kontroverse über Waffenlieferungen an die Ukraine infolge des russischen Angriffskriegs.
Ein Staat darf und muss die Werkzeuge zur Verfügung haben, um seine Bürgerinnen und Bürger zur Not vor Gewalt zu schützen – deren Anwendung kann aber nur das letzte Mittel sein.
Kirsten Fehrs, EKD-Ratsvorsitzende
Dilemma bei Atomwaffen
„Atomwaffen gehören weltweit abgeschafft“, betonte Fehrs. Allerdings stecke man in einem Dilemma, würde man dies sofort umsetzen: Dann könnten sich Staaten zum Angriff ermutigt fühlen.
„Der Besitz von Nuklearwaffen kann aber angesichts der weltpolitischen Verteilung dieser Waffen trotzdem politisch notwendig sein, weil der Verzicht eine schwerwiegende Bedrohungslage für einzelne Staaten bedeuten könnte“, heißt es in der Denkschrift.
Der Friedensbeauftragte der EKD, der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer, hätte sich nach eigenen Worten gewünscht, die EKD wäre bei einem kategorischen Nein zu Atomwaffen geblieben.
Kritik von Friedensverbänden
Gewalt anzuwenden, sei nicht möglich, ohne schuldig zu werden, sagte Fehrs. „Aber auch Menschen oder Staaten machen sich schuldig, die Gewalt zulassen und Menschen nicht vor ihr schützen.“
In der Denkschrift heißt es: „Die Entscheidung zu Waffenlieferungen und Rüstungsexporten wird sich daran messen lassen müssen, dass eine Eskalation der Gewalt vermieden wird.“
Friedensverbände in der evangelischen Kirche übten Kritik an der Denkschrift. Sie fokussiere sich darauf, militärisches Handeln friedensethisch zu rehabilitieren, heißt in einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF).
Der Vorstand der Bonhoeffer-Niemöller-Stiftung erklärte in Wiesbaden, das Ziel, die Institution des Krieges aus der internationalen Politik zu entfernen, sei aufgegeben worden. Empört äußerte sich die Stiftung über eine Herabwürdigung „der friedensstiftenden, also pazifistischen Bestrebungen in und außerhalb der Kirche“.









