Stand: 10.11.2025 17:27 Uhr
Die britische Rundfunkanstalt BBC steckt nach den Rücktritten von zwei Führungskräften weiter in der Krise. Nun sieht der weltbekannte Sender sich sogar mit einer Drohung des US-Präsidenten konfrontiert.
Donald Trump hat der britischen BBC wegen des Zusammenschnitts einer seiner Reden mit einer Klage gedroht. Die Rundfunkanstalt teilte mit, sie habe vom US-Präsidenten ein Schreiben bekommen, in dem er rechtliche Schritte angedroht habe.
In dem Schreiben von Trumps Anwalt Alejandro Brito verlangt dieser die Rückziehung von Aussagen, die „falsch, verleumderisch, verunglimpfend und hetzerisch“ seien, wie etwa die New York Times berichtet. Zudem fordert er eine Entschuldigung und eine Entschädigung Trumps. Wenn dies nicht erfolge, müsse sich die BBC auf rechtliche Schritte mit einer Schadensersatzforderung von einer Milliarde Dollar einstellen. Die Rundfunkanstalt teilte mit, der Brief mit der Drohung werde geprüft, eine Antwort darauf folge später.
Unter anderem vor dem Hintergrund der Bearbeitung einer Trump-Rede für die Sendung „Panorama“ hatte BBC-Senderchef Tim Davie am Sonntag seinen Rücktritt bekanntgegeben. „Es wurden einige Fehler gemacht“, und als Generaldirektor müsse er letztendlich die Verantwortung dafür übernehmen, erklärte Davie den Schritt. Auch die für die BBC-Nachrichten verantwortliche Deborah Turness gibt ihren Posten ab.
Mehr als 500 Beschwerden
Die Zeitung The Telegraph hatte über ein internes Memo berichtet, in dem Bedenken hinsichtlich der Unparteilichkeit bei der Berichterstattung der BBC geäußert wurden. Konkret geht es darum, dass es durch den Zusammenschnitt so wirkt, als habe der US-Präsident bei seiner Rede vom 6. Januar 2021 gesagt, er werde gemeinsam mit seinen Anhängern zum Kapitol gehen und bis zum Äußersten kämpfen. Am Tag dieser Rede hatten Anhänger von Trump den Parlamentssitz in Washington gewaltsam gestürmt.
In einer Folge der BBC-Sendung wurden drei Zitate aus zwei Abschnitten der Rede zusammengefügt, die in der ursprünglichen Ansprache im Abstand von fast einer Stunde gefallen waren. Durch den Zusammenschnitt wirkte es so, als handele es sich um ein einziges Zitat. Rausgeschnitten wurde unter anderem ein Teil, in dem Trump sagte, dass er wolle, dass seine Anhänger friedlich demonstrieren.
Seit der Veröffentlichung des internen Memos seien bei der Rundfunkanstalt mehr als 500 Beschwerden eingegangen, erklärte Aufsichtsratschef Samir Shah. In einem langen Schreiben entschuldigte er sich für einen „Fehler in der Beurteilung“, den die BBC begangen habe. Die Bearbeitung der Trump-Rede habe einen falschen Eindruck vermittelt, teilte Shah mit. Die BBC räume ein, „dass die Art und Weise, wie die Rede bearbeitet wurde, den Eindruck eines direkten Aufrufs zu gewaltsamen Handlungen erweckt hat“, heißt es weiter.
Trump spricht von „Korruption“
Trump dankte am Sonntag in einem Post auf seiner Online-Plattform Truth Social dem Telegraph für die Aufdeckung der seiner Meinung nach „korrupten“ Journalisten. „Das sind sehr unehrliche Menschen.“ Sie hätten versucht, Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen zu nehmen, schrieb Trump.
In der Vergangenheit hatte der US-Präsident bereits mehrfach gegen Medienunternehmen in den USA geklagt. Kritiker sehen darin häufig auch einen Angriff auf die Pressefreiheit.
Auch Debatte in Großbritannien
Im Vereinigten Königreich wird die BBC für das Versäumnis scharf kritisiert und sieht sich mit zahlreichen Vorwürfen konfrontiert. Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage von der rechtspopulistischen Partei Reform UK sagte etwa, die BBC berichte seit Jahrzehnten voreingenommen. Ein Sprecher der britischen Regierung sagte indes laut der Nachrichtenagentur PA, die BBC sei weder korrupt noch voreingenommen.
Die Rundfunkanstalt wurde vor 103 Jahren gegründet und hat auch wegen der journalistischen Qualität weltweiten Ruhm erlangt.
Vorwürfe zu „Putsch“ aus BBC-Aufsichtsrat
Mehrere Medien berichten allerdings, dass das BBC-Aufsichtsgremium gegen den eigenen Generaldirektor gearbeitet habe, um dem Sender zu schaden. David Yelland, ehemaliger Journalist der Zeitung The Sun, sprach gar von einem Putsch aus dem Aufsichtsrat der BBC, ohne präziser zu werden.
Deutlicher steht es im Observer: Dort heißt es, die nun zurückgetretene BBC-Nachrichtenchefin Turness habe sich bereits am vergangenen Montag für die Fehler entschuldigen wollen. Der Aufsichtsrat habe jedoch interveniert, so dass die BBC tagelang keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgegeben habe, während der Daily Telegraph täglich in neuen Facetten über die Versäumnisse der BBC berichtet und das Weiße Haus Druck ausgeübt habe.
Hinter dem Veto gegen eine öffentliche Entschuldigung soll Robbie Gibb stecken, heißt es im Observer. Er war unter den konservativen Tories britischer Regierungssprecher. Der ehemalige Premier Boris Johnson hatte ihn später zu einem Sitz im Aufsichtsrat der BBC verholfen. Gibb hält die BBC für zu linksliberal und mahnt Reformen an.
Mit Informationen von Christoph Prössl, ARD London.









