Stand: 10.11.2025 21:02 Uhr
Nach rund drei Wochen im Gefängnis ist Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy wieder frei. Seine Inhaftierung hatte für eine heftige Debatte gesorgt – nun folgte ein Kontaktverbot zum Justizminister.
Kurz nach halb zehn am Vormittag flackert der Fernseher im Pariser Berufungsgericht auf: Auf dem Bildschirm erscheinen Nicolas Sarkozy und zwei seiner Anwälte. Mit ernster Miene folgt der ehemalige französische Staatspräsident den Ausführungen seiner Verteidiger und des Richters. Die Haft sei „sehr hart“, ein „Alptraum“, sagt Sarkozy wörtlich. Wenige Stunden später ist dieser „Alptraum“ vorbei. Das Berufungsgericht hat seinem Antrag auf Haftentlassung stattgegeben.
Eine völlig normale Anwendung der Strafprozessordnung, kommentiert Sarkozys Anwalt Christophe Ingrain die Entscheidung knapp und ziemlich lapidar. Die Haftentlassung sei eine Etappe – nun gehe es darum, den Berufungsprozess vorzubereiten.
Sofortige Haft nach Urteil
Ende September war Nicolas Sarkozy in der sogenannten Libyen-Affäre wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden – mit sofortiger Vollstreckung. Sarkozy musste ins Gefängnis, obwohl er Berufung eingelegt hatte und somit juristisch weiter als unschuldig gilt.
Das Urteil hatte ein kontroverse Debatte über diese sogenannte exécution provisoire ausgelöst. Viele Politiker der Konservativen und der extremen Rechten hatten öffentlich ihre Solidarität mit Sarkozy erklärt. Der ehemalige Staatschef selbst hatte sinngemäß von einem Angriff auf den Rechtsstaat gesprochen.
Auch aus der parlamentarischen Linken kommt Kritik an der „exécution provisoire“. Seit acht Jahren setze er sich für Reformen bei der vorläufigen Vollstreckung ein, sagte Ugo Bernalicis im Sender BFM. Er sitzt für die Linksaußen-Partei LFI in der Nationalversammlung.
„Vor allem, um gegen das Problem überfüllter Gefängnisse zu kämpfen“, so Bernalicis. Seit acht Jahren wolle die politische Rechte nicht darüber diskutieren, spreche von einer zu laxen Justiz. „Aber jetzt, wenn es einen von ihnen trifft, öffnen sie die Augen. Und ich hoffe, dass sie nicht nur für bestimmte Personen die Augen öffnen – sondern für alle, die ihrer Freiheit beraubt sind, während sie noch auf ihr Urteil warten.“
Sarkozy gilt wieder als unschuldig
Bei der Anhörung ging es nicht um Sarkozys Rolle in der Libyen-Affäre. Nachdem er Berufung gegen das Urteil in erster Instanz eingelegt hatten, gilt der ehemalige Staatspräsident wieder als unschuldig – seine Haft als Untersuchungshaft. Bei der Anhörung mussten die Richter deshalb prüfen, ob die Kriterien erfüllt sind, um die Untersuchungshaft zu verlängern.
Sarkozy kann als freier Mann auf seinen Berufungsprozess warten, weil aus Sicht der Richter keine Fluchtgefahr besteht – und auch nicht, dass etwa Beweise manipuliert werden. Trotzdem ist die Haftentlassung mit Auflagen verbunden: Sarkozy darf das Land nicht verlassen und hat Kontaktverbot zu einer ganzen Reihe von Personen, darunter auch zu Justizminister Gérald Darmanin. Darmanin war ein enger Mitarbeiter Sarkozys und hatte den Ex-Präsidenten im Gefängnis besucht.
Aus Sicht vieler Kommentatoren ist das Kontaktverbot eine nie dagewesene Entscheidung. Für LFI-Politiker Ugo Bernalicis ist sie folgerichtig: „Er hat sein Amt als Justizminister genutzt, um speziell Nicolas Sarkozy zu besuchen. Monsieur Darmanin muss aufhören, Druck auf die Justiz auszuüben! Und ganz allgemein frage ich mich auch, wie die Justiz prüfen will, dass es wirklich keinen Kontakt zwischen Nicolas Sarkozy und Gérald Darmanin gibt.“
Druck auf französische Justiz
Die Debatte über das Urteil in erster Instanz hat auch gezeigt, unter welchem Druck die französische Justiz steht. Das Kontaktverbot zwischen Nicolas Sarkozy und dem Justizminister kann als ein weiterer Beleg dafür gesehen werden.
Das Datum für den Berufungsprozess in der Libyen-Affäre steht noch nicht genau fest – voraussichtlich wird er im März kommenden Jahres stattfinden.









