Nach Anschlag in Magdeburg Wirre Aussagen und kein Zeichen von Reue
Stand: 10.11.2025 19:47 Uhr
Fast elf Monate nach der Todesfahrt von Magdeburg ist das Verfahren gegen den mutmaßlichen Täter eröffnet worden. Zwar räumte Taleb A. ein, am Steuer des Wagens gesessen zu haben, ansonsten blieb seine Aussage aber wirr. Reue zeigte er nicht.
Etwa ein Jahr nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit sechs Toten und mehr als 300 Verletzten ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter Taleb A. eröffnet worden. Der Angeklagte verfolgte dabei den Vortrag der Generalstaatsanwaltschaft aus einer verglasten Kabine heraus ohne erkennbare Emotionen.
In seiner rund anderthalbstündigen Aussage, die am Dienstag fortgesetzt werden soll, räumte er vor dem Landgericht Magdeburg allerdings ein: „Ich bin derjenige, der das Auto gefahren hat.“ Weitere konkrete Angaben machte er zunächst nicht. Es gab keine Entschuldigung und kein Zeichen der Reue.
Richter ermahnt Angeklagten
Ansonsten äußerte er sich nicht zu den Vorwürfen, sondern sprach in teils wirren Worten und ohne Zusammenhang über Politiker, Gewalt gegen Frauen in seinem Dorf in Saudi-Arabien, religiöse Ressentiments und er betrieb Polizei- und Medienschelte.
Erneut hielt er seinen Laptop hoch, auf dem „Sept. 2026“ zu lesen war. „Da ist die nächste politische Wahl in Sachsen-Anhalt“, erklärte der aus Saudi-Arabien stammende Mann, der als Islamkritiker bekannt ist. Am 6. September 2026 wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt.
Der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg versuchte, derartigen politischen Erklärungen Einhalt zu gebieten. Er ermahnte den Angeklagten, sich zur Sache zu äußern. Betroffene der Todesfahrt, die als Nebenkläger zum Prozessauftakt erschienen waren, blickten teils fassungslos. Manche wendeten sich ab, andere schüttelten die Köpfe.
Anklage spricht von „heimtückischem Anschlag“
Am 20. Dezember 2024 war der damals 50 Jahre alte Taleb A. mit einem 340 PS starken Mietwagen auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt durch eine Menschenmenge gefahren. Seine Fahrt dauerte laut Generalstaatsanwaltschaft Naumburg eine Minute und vier Sekunden.
Laut Anklage tötete der Mann einen neunjährigen Jungen und fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren. 309 Menschen wurden verletzt, 29 Betroffene blieben körperlich unversehrt. Auch bei ihnen geht die Anklage jedoch von versuchtem Mord aus. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen plante er die Tat mehrere Wochen detailliert und bereitete sie vor.
Die Staatsanwaltschaft spricht von einem heimtückischen Anschlag aus niedrigen Beweggründen. Der Angeklagte habe im Wesentlichen „aus vermeintlicher Kränkung und Frustration“ über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens und die Erfolglosigkeit eigener Strafanzeigen gehandelt, sagte Oberstaatsanwalt Matthias Böttcher. Taleb A. habe willkürlich Opfer gesucht, um Aufmerksamkeit für die „von ihm empfundene Ungerechtigkeit“ zu erzielen, sagte Böttcher.
Gebäude mehrfach abgesichert
Der Angeklagte, der als Arzt im Maßregelvollzug mit psychisch kranken Straftätern arbeitete, wurde am Morgen mit einem Hubschrauber aus der Haftanstalt Burg nach Magdeburg gebracht. Das Verfahren gegen ihn gehört zu den größten der Nachkriegsgeschichte.
Wegen der Vielzahl an Prozessbeteiligten und Medienvertretern mietete das Landgericht eine Leichtbauhalle für die Verhandlung an. Viele Plätze der mehr als 170 zugelassenen Nebenkläger blieben zum Prozessauftakt allerdings unbesetzt, auch die Zuschauerreihen waren nur knapp zur Hälfte besetzt.
Das Gebäude ist von einem Zaun mit Stacheldraht umgeben und zusätzlich von mobilen Pollern geschützt. Eine Hundertschaft der Polizei war im Einsatz, fast ebenso viele Justizbeamte aus Sachsen-Anhalt sicherten nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa den Prozessauftakt ab.
Keine Genehmigung für diesjährigen Weihnachtsmarkt
Unterdessen gab die Oberbürgermeisterin der Stadt Magdeburg bekannt, dass die Veranstalter des diesjährigen Weihnachtsmarkts vorerst keine Genehmigung erhalten. Borris informierte am Abend den Stadtrat in einer Sondersitzung darüber, wie die Stadt mitteilte.
Das Landesverwaltungsamt habe das Sicherheitskonzept bemängelt und die Stadt angewiesen, dass sie diesem Konzept nicht zustimmen dürfe. Laut Landesverwaltungsamt schaffe der Veranstalter mit dem Markt „ein potentielles Anschlagsziel“. Worauf diese neue Einschätzung beruhe, sei jedoch nicht begründet worden, teilte Borris mit.









