Dauerausstellung in Bonn Deutschlands Geschichte – neu erzählt
Stand: 08.12.2025 17:24 Uhr
Das Bonner Haus der Geschichte hat sich mit seiner aktuellen Dauerausstellung ein Stück weit neu erfunden. Vor allem der jüngeren deutschen Geschichte wird jetzt mehr Platz eingeräumt – interaktiv und nah an den Menschen.
Mit einer neuen Dauerausstellung zum Mitmachen und Anfassen zeigt das Bonner Haus der Geschichte die Entwicklungen in Deutschland seit 1945. Der Titel: „Du bist Teil der Geschichte“. Die Ausstellung soll sich noch stärker am Alltag der Menschen orientieren. Zeitzeuginnen- und zeugen berichten von ihrem Leben im geteilten und vereinten Deutschland.
So wie zum Beispiel Julia – eine normale Teenagerin ihrer Zeit. Sie interessiert sich für die Musik von Take That und den Spice Girls. Der Kinofilm „Titanic“ hat es ihr angetan. Hinter ihrem Schreibtisch hängen Poster ihrer Lieblingstars. Das war Ende der 1990er-Jahre. Inzwischen ist Julias Kinderzimmer von ihrem Elternhaus ins Haus der Geschichte umgezogen.
Das typische Jugendzimmer um die Jahrtausendwende ist nur eines der rund 3.850 Objekte, die sich in der neuen Dauerausstellung des Museums in der alten Bundesstadt befinden. Im Herbst 2024 hatte das Haus der Geschichte seine Pforten zur Neukonzeption geschlossen. Nun wurde Dauerausstellung feierlich neueröffnet.
Konzept der persönlichen Erinnerungen und Nostalgie
Dabei zeigt das Beispiel des genannten Schreibtisches sehr gut, wie das Konzept des Museums funktioniert. Es spricht die persönliche Erfahrung der Besucherinnen und Besucher an und verströmt durch die Erinnerungen einen Hauch von Nostalgie.
„Du bist Teil der Geschichte“ ist Programm. Den Verantwortlichen sei es für die Neukonzeption wichtig gewesen, „die weltpolitischen Themen mit biografischen Zugängen zu verweben“, erklärte der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Harald Biermann, beim Festakt zur Wiedereröffnung.
Der neue Slogan „Du bist Teil der Geschichte“ im Haus der Geschichte in Bonn auf einer Videoleinwand zu sehen.
Eröffnung von Aktualität eingeholt
Bei der Eröffnung wurde die Geschichte von der Aktualität eingeholt. So stehen am Ende der kuratierten Ausstellung der Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen auf Deutschland. „Eine dieser Auswirkungen bekommen wir heute ganz unmittelbar zu spüren“, erklärte Biermann. Ursprünglich war nämlich vorgesehen, dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Eröffnungsrede halten sollte. Dieser musste jedoch kurzfristig absagen, um zu Gesprächen mit Vertretern aus Großbritannien, Frankreich und der Ukraine nach London zu reisen.
Die Festrede hielt deswegen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos), der zuvor als erster Besucher durch das Museum geführt worden war. Für den 1964 geborenen „Boomer“ fühle sich der Gang durch die Ausstellung an „wie ein faszinierendes Familienalbum und Tagebuch“. Weimer appellierte gleichzeitig dazu, sich trotz aller Krisen ermutigen zu lassen durch das, was in der Bundesrepublik seit ihrem Bestehen erreicht worden ist. „Mit dieser Ausstellung wird auch die schiere Dimension unserer demokratischen Zeitgeschichte sichtbar. Denn 80 Jahre Frieden hat es in der deutschen Geschichte selten, wenn nicht noch nie gegeben“, so Weimer.
Schallplatten mit Pop-Musik der siebziger Jahre sind im Haus der Geschichte zu sehen.
Neue Gewichtung bei Themen
Insgesamt habe sich die Aufteilung geändert, sagte Biermann. „In der alten Dauerausstellung war für die Jahre von 1945 bis 1949 genauso viel Platz wie für die Zeit von 1990 bis heute.“ Der Zeit weiter zu folgen sei deswegen zunehmend ein Platzproblem geworden.
Deswegen entschieden sich die Verantwortlichen für eine andere Gewichtung: Die Ausstellung wurde bis auf zwei Objekte, zwei Teile der Berliner Mauer, komplett leer geräumt. Im neuen Konzept sollten auch Themen wie Migration, Digitalisierung, Klimawandel und Corona-Pandemie mehr Platz erhalten.
Ausbau der Mitmach-Formate
Eine große Neuerung ist vor allem der Ausbau der Mitmach-Formate. Die schon aus der vorherigen Ausstellung bekannte Bundestagssimulation mit Abstimmungsmöglichkeit ist auch im neuen Komplex wieder enthalten. Daneben finden sich auch weitere interaktive Medienstationen, die historische Prozesse erlebbar machen sollen. Auf einer Videowand mit Touchscreen kann sich beispielsweise jeder Besucher mit einem Handabdruck in seinem Geburtsjahr verewigen. „Wir wollten digitaler, inklusiver und interaktiver werden“, so Biermann.
Neu ist auch das Ende der Ausstellung. Dieses dreht das Ausstellungsmotto mit der Aussage „Geschichte ist ein Teil von dir“ um. „Die Botschaft ist simpel und komplex zugleich“, sagte Biermann. Im nicht kuratierten Schlussraum „Heute“ solle gezeigt werden, wie Geschichte im Moment funktioniert. Dazu sind Besucherinnen und Besucher aufgefordert, selbst mitzuhelfen, etwa Themen oder Gegenstände aufzuschreiben, die aus ihrer Sicht in das Alltagsmuseum gehörten.








