In Italien hat das Schuljahr angefangen. Nach drei Monaten Ferien, in denen nicht nur leicht der gelernte Stoff in Mathematik, Geschichte, Latein vergessen wird, sondern die Schüler auch das Gespür verlieren können, wie man sich in der Schule angemessen kleidet. Pünktlich zum Beginn wird deshalb jedes Jahr das Thema Kleiderordnung aufgebracht. Vor allem Teenager sind offenbar von jener Art Amnesie betroffen, die dazu führt, dass sie den Tag weiterhin in Flip-Flops, Shorts oder Jogginghosen beginnen oder sich stylen, als ginge es zu einer Strandparty.
Meistens ist die unpassende Kleiderwahl nicht Ausdruck des Willens zur Provokation, sondern dem Umstand geschuldet, dass das Gehirn eines Teenagers einer Baustelle gleicht, auf der Dinge, die zwölf Wochen zuvor noch selbstverständlich waren, auch mit gutem Willen nicht mehr abrufbar sind. Viele Schulen erinnern jetzt in Rundschreiben daran, dass beim morgendlichen Ankleiden gewisse Regeln zu beachten sind. Manche argumentieren mit Sicherheit und Hygiene (Verbot hoher Absätze, überlanger Fingernägel, ungepflegter Bärte), andere mit Anstand (Verbot kurzer Röcke, zerrissener Jeans).
Die meisten Direktoren verweisen aber darauf, dass die Schule ein Ort der Reflexion und des Wissens sei, an dem sich die Ernsthaftigkeit des Lernvorhabens auch in zurückhaltendem Outfit widerzuspiegeln habe. Im Land der Mode und Schönheit weiß man, dass Kleider keine Leute machen, aber Situationen definieren. Oder, wie die Schriftstellerin Dacia Maraini einmal zur Frage des Dresscodes schrieb: „Jeder Ort verlangt seine eigene Sprache. Sie zu respektieren bedeutet nicht einen Mangel an Freiheit, sondern im Gegenteil, es bedeutet, die Besonderheit des Anlasses anzuerkennen.“
Wie wäre es mit einem Kilt?
Besonders eifrige Schulen haben diesmal sogar Broschüren mit Bildern von den Arten von Kleidung drucken lassen, die dem Nachwuchs erlaubt sind, und von solchen, mit denen er eine Standpauke oder Strafe riskiert. Vor allem die Handreichung der Oberschule IISS Salvatore Pugliatti in Taormina sticht mit ihrer detaillierten Bebilderung hervor. Verboten sind Tank-Tops, Shorts, Leggings, High Heels, Slipper, Flip-Flops und Miniröcke aller Art. Grünes Licht gibt es dagegen für Schlaghosen, Skinny-Jeans, Overalls und Kilts, für T-Shirts mit Rundhalsausschnitt oder V-Ausschnitt, Poloshirts, Sweatshirts, Rollkragenpullis und Flanellhemden. Sogar das Tragen eines Smokings mit weißem Hemd ist in Ordnung – es könnte eine interessante erste Schulwoche in Taormina werden.
Da ist es fast schade, dass die Jugendlichen nicht mehr, wie sonst, die Welt via Instagram, Tiktok und Co. an ihren schulischen Eskapaden teilhaben lassen können. Denn in Italien, dem Land Europas, in dem die Menschen nicht nur am besten gekleidet sind, sondern gefühlt auch am meisten an ihren Smartphones hängen, gibt es nicht nur Kleiderordnungen an den Schulen. An ihnen gilt seit diesem Schuljahr landesweit auch ein Handyverbot.